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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Groller, Balduin: Gustave Deloye
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0062

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X Jahrflnnn.

Nr. 8.

Lcitragc

^nv'.C.v.Lükuw

^ ^"'^hktksta»umg.2ö)
° »n di. Vcriaasli.
°^'S- Königsstr. s>
i" richtcn.

^ Drcnnlier.

Znscratc

it 21/2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
und Kunsthandlung au-
genommen.

1874.

Beiülatt zur Zeitschrist sür bildcndc Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhallen die Abonnemen oer „Zeitschrift für bildende Kunst" xrLll«; für sich allein berogen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

^^lt-. Gustave Deloye. - Kunstliteratnr: Prestel, Der Tempel der Nike Nthena; Arnold, Das altrömische Theatergebände. — M. Fortuny -j-. —
Die Wiener Künstlergenossenschaft. — Der Oesterreichische Kunstverein. — Ein Epilog zur Berliner Kunstausstellung. — Neubau der Münchener
_ Akademie. - Ein Murillo gestohlen. — Inserate.


Gustave Deloyc.

^ Es gicbt nur ein Atelier in Wien, das sich an
l^'acht nnd Geschmack der Ausschmückung mit dem Ma-
niessen tann: das dcs jungen französischcn Bild-
^aers Gustave Deloye, dem wir heute eincn kurzen
^)1nch widmen wollen. Ehe wir uns im Atelier nmschen,
mir einige Worte gcstattet, die den Künstler Zhrem
^heren Leserkreisc vorstcllen sollen.

Deloye ist eine Erfindung unsercs Weltausstellnngs-
arons Schwarz, der ihn aus Paris mitbrachte, damit
^ ^hilflich sei bei dcr künstlerischen Dekoration des
^nsstcllungspalastes. Die erstcn Arbeiten des jungcn
^anzosen, die in Wien bekannt wnrden, fanden Beifall
^ brachten ihm mehrere Bestcllnngen ein, die ihn vor
^ Hand hinderten, in seine Heimath zurückzukehren.
^be lveitere Leistung erwarb ihm neue Freunde und
^s>e Bestellungeu; jetzt ist er on vvAnn und mit Ar-
so überhäuft, daß er wohl für immer an Wien
lesselt bleiben wird. Zu klagen ist darüber gewiß
^a>t; denn schon hat sich die Kühnheit und der geniale
.. chwung auch anderen unserer Künstler mitgetheilt, und
ist es z. B., daß eincs der bemerkenswerthestcn
^alente unter den Wiener Bildhauern, das Victor
^igNer's, erst durch den Einfluß Deloye's zum vollcn
"rchbruch gelangt ist. Noch in anderer Beziehung
sn"" ^ichc Thätigkeit Deloye's für Wien von ent-
^idender Wichtigkeit werden. Gerade jctzt werden
^über Berathungen gepflogen, durch welche Mittcl der
^niederliegeuden heimischen Bronzeindustric aufgeholfen
^den könnte. Alle rein wirthschaftlichen und finanzi-
^ Fragen bei Seite lassend, kann man wohl sagen,

daß gute, geschmackvolle, mit einem Worte künstlerische
Muster nicht das unwichtigste Mittel bilden würden,
den Bronzen im Publikum zahlreiche Freunde und großen
Absatz zu erwerbcn. Deloye's Hauptstärke beruht aber,
trotz seiner zahlreichen monumentaleu Arbeiten, in der
plastischen Kleinkunst, in dieser hat er einen Geschmack,
eine geniale Mannigfaltigkeit entwickelt, wie sie bisher
bei uns nicht zu findeu waren. Er hat u. A. für den
Silberfabrikanten Klinkosch eine Reihe von Tafelauf-
sätzen und dergl. entworfen, die zum Schönsten gehören,
was seit den Zeiten der Renaissance geschaffen wurde.

Deloye hat sein Atelier im Palais Lichtenstein in der
Roßau, in demselben Gebäude, in welchem die berühmte
Liechtensteingalerie untergebracht ist. Der kunstsinnige Fürst
ist sein Mäcen nnd hat ihm diesen Zcaum zur Verfügung
gcstcllt, nachdem das frühere Atclicr des Künstlers, ein
Pavillon in dem das Palais umgebenden Garten, nothwen-
diger Neubauten halber dem Erdboden hat gleich gemacht
werdcn müssen. Wie bereits erwähnt, ist das Atelier
prunkhaft dekorirt. Prachtvolle persische und türkische
Teppiche verkleiden die Wändc, den Fußbodcn, die Decke;
Waffen, seltene Pflanzen, reichgeschnitzte alte Schränke,
Tische, Stühle, Bären- und Tigerfelle, ausgezeichnete
Gemälde, antike und moderne Bildwerke, Bronzen und
tauscnd Kuriositäten, „odjsts ck'nrt^ bildcn die seltsame,
blendcnde Einrichtung des glaumes. Jn diescm Sank-
tuarium lebt und webt das kleine, etwa 26 jährige
Männchen, mit seinem immer vergnüglich strahlenden
Gesichte, mit seiner heftigen Gestikulation, seinen kuhnen
und schwungvollen Bewegungen, und mit seiner selbst-
gerollten, unaufhörlich dampfenden Cigarette — ein
ganzcr Franzose; Deutsch versteht er natürlich noch kein
 
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