Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

DOI Artikel:
Valentin, Veit: W. Lindenschmit's Venus und Adonis
DOI Artikel:
Verschiedenes und Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0369

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
727

Kunstliteratur.

728

das in koloristischer Beziehung in hohem Grade Beachtung
und Beifall verdient, und das nach dieser Seite hin
einen harmonischen Eindruck macht, wenn man von
manchen realistischen Derbheiten, jenem ersten Zweck zu
Liebe, absehen will; er hat aber diesem koloristischen
Zweck den bedeutungsvollen Jnhalt in höchst bedenklicher
Weise untergeordnet, so daß nach dieser Seite hin eine
Befriedigung nicht eintreten kann. Da nun bei einem
historischen Bilde diese letztere Seite für seine Beur-
theilung in erster Linie von Entscheidung ist, so muß
konstatirt werden, daß ein bedeutender Künstler in dem
Streben, einer an und für sich höchst erfreulichen Zeit-
richtung gerecht zu werden, durch deren einseitige Be-
tonung sich auf einen gefährlichen Abweg hat führen
lassen. Wird auf ihm weitergegangen, so ist der Hi-
storienmalerei kein günstiges Prognostikon zu stellen. Sie
mit Gehalt durch die Wahl des wirklich inhaltschwersten
'und entscheidenden Momentes einer Handlung anzufüllen,
wird ebenso wie die Wahl einer bedeutungsvollen Hand-
lung selbst Sache eines glücklichen Taktes sein, und
dieser kann nicht gelehrt werden. Wohl aber läßt er
sich ausbilden, wozu freilich mehr als technische Studien
gehören, und doch wird der junge Maler vorzugsweise
und oft genug ausschließlich zu diesen angehalten, wäh-
rend die Erwerbung humanistischer Bildung dem Pri-
vatfleiße überlassen bleibt. Aus dieser aber muß das-
jenige Element geschöpft werden, welches ein tieferes
Verständniß der Kultur und ihrer Entwicklung, der Be-
deutung der einzelncn Thatsachen für den Gang des
grvßen Ganzen zu verleihen vermag, und welches daher
gerade für die historische Kunst von entscheidender Be-
deutung ist. Je mehr aber ein Historienmaler von dieser
Ueberzeugung erfüllt ist, um so mehr wird es ihm ge-
lingen, aller technischen Vortheile sich zu bedienen, ohne
sie zum eigentlichen Zwecke der Darstellung werden zu
lassen.

Kmistlileratnr.

Klcine Schriftcn von Gustav Friedrich Waagcn. Mit

einer biographischen Skizze und dem Bildniß des

Verfassers. Stuttgart, Verlag von Ebner und

Seubert. 1875. 8.

Die umfangreicheren Werke Waagen's sind in den
Händen nicht nur seiner Fachgenossen, sondern auch der
meisten Kunstfreunde und Sammler. Sie werden stets
treue Berather eines Jeden bleiben, der eine Haupt-
grundlage für das Studium der ältereu Malerei, die
Kennerschaft, zu gewinnen sich bemüht, und werden es
bleiben, auch wenn man sie nicht Lberall unanfechtbar
finden kann. Aber seine Periegese, die sich an ausge-
breitetem Reichthum vielleicht nur von Crowe und Ca-
valcaselle überboten sieht, ist es nicht allein, die unter

den Nachlebenden fortwirken wird; es sind auch seine
mehr populären, ästhetisch abgerundeten Aufsätze, womit
er gelegentlich einen weiteren Hörer- oder Leserkreis zu
fesseln wußte. Sie sind fortzubestehen deßhalb besonders
werth, weil sie sich neben der fachmännischen Beherrschung
des Stoffes durch eine begeisterte und eben dadurch
wieder begeisternde Wärme für die Kunst in ähnlicher
Weise hervorthun, wie die liebenswürdigen Schriften
eines W. Burger. Eben deßhalb richten sie sich auch
nicht nur an die Kunstgelehrten, sondern an die Ge-
sammtheit der Kunstfreunde.

Sieben Abhandlungen werden dent Leser hier geboten,
durch A. Woltmann, C. von Lützow und B. Meher
zusamNiengestellt und mit den nöthigen Nachträgen ver-
sehen. Vorangeschickt ist das lebenswahre Bildniß Waa-
gen's, trefflich radirt von I. Klaus, und eine ziemlich
ausführliche Biographie des Berfassers aus ver Feder
Woltmann's, der darin die Anhänglichkeit des Schülers
und Freundes mit der Treue des Historikers glücklich
zu verbinden gewußt. Was derselben einen auch über
ihren speziellen Rahmen hinausgreifenden Werth ver-
leiht, ist die reichliche Bezugnahme auf die amtliche
Stellung des Verewigten, wobei sehr interessante, auch
für die Zukunft in weiteren analogen Berhältnissen
beherzigenswerthe Streiflichter auf die damalige Ver-
waltung der Berliner Kunstsammlungen fallen.

Mit Ausnahme des ersten und letzten der Aufsätze
haben dieselben einzelne interessante Abschnitte aus der
Geschichte der älteren Malerei zum Vorwurf. Von
ganz besonderem Werthe darunter sind zwei ziemlich
ausgeführte Skizzen zu Biographien des Lionarvo da
Binci und Rubens. Namentlich die letztere, die späteste
und reifste Gabe des ganzen Buches, ist nahezu er-
schöpfend und könnte eine selbständige kleine Monogra-
phie bilden. Wir kennen in der Literatur des Jn- und
Auslandes nichts, was im engen Rahmen ein treffen-
deres Bild von vem größten Antwerpener Meister gäbe,
als dieser übrigens von jeher als meisterhaft anerkannte
j und bekannte Text zu dem im Jahre 1864 bei G. Schauer
in Berlin erschienenen Rubens-Album. Weniger er-
schöpfend ist der Text zu dem Lionardo-Album, ebenfalls
bei Schauer 1862 erschienen. Er konnte dies aber
auch, abgesehen von ungenügenden Vorarbeiten, um so
weniger sein, als sich Waagen nach Art seiner Aufgabe
hauptsächlich nur über die malerischen Leistungeu jencs
universalen Künstlers zu verbreiten hatte. Von beson-
derer Liebe und Wärme für ihren Gegenstand getragen
sind sodann die kleineren Essays- „Ueber den künst-
lerischen Bildungsgang Raphael's und seine vornehmsten
Werke", „Raphael's Freskomalereien in der Farnesina",
und „die Kartons von Raphael". Der letzte ver Auf-
sätze endlich: „Karl Friedrich Schinkel als Mensch und
als Künstler" giebt ein überaus anziehendes, von der
 
Annotationen