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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Cavallucci, Jacopo: Zur Säcularfeier Michelangelo's
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Arthur Fitger, der Jüngste der Maler-Dichter, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0151

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Arthur Aiger, der Jüngste der Maler-Dichter.

zu vermeidcn gewußt. Die Darstellung hat einen schöuen
Fluß und läßt ihren musivischen Ursprung nicht er-
kennen.

Eines der Hauptkapitel, in dem die bürgerlichen
Tugenden Michelangelo's am glänzendsten hervortreten,
ist dasjenige, welches die Flucht des Meisters nach Ve-
nedig und seine Rückkehr nach Florenz schildert. Es
ist ein wahres Meisterstück und von größtem Jnteresse.
Der Autor las es neulich hier in einer gelehrten Ge-
sellschaft vor und erzielte damit ungetheilten Beifall.

Gotti's Werk umfaßt 2 Bände in 8" von schöner
Ausstattung. Holzschnitte an der Spitze jedes Kapitels,
ein unedirtes Porträt Michelangelo's und eine ebenfalls
unedirte Zeichnung der Kuppel von S. Peter dienen
ihm als Jllustrationen.

Die von Cav. Milanesi gcsammelten und heraus-
gegebenen Papiere umfassen 478 Briefe, und zwar:

45 Briefe an den Bater,

78 „ „ „ Bruder Buonarroto,

12 „ „ die Brüder Gian-Simone u. Gismondo,

205 „ „ den Neffen Leonardo,

138 „ „ Verschiedene.

Der Sammlung werden als Beigaben der Christus
in der Minerva, die Pietü, das Grabmal Julius II.
und die Fayade von S, Lorenzo, sowie einige Erinnerun-
gen an Michelangelo beigefügt werden. Die Ausstattung
des Werkes ist, conform der Lemonnier'schen Ausgabe
dW Briefe Michelangelo's, in 4". Jch weiß, daß Mila-
nesi zur Ergänzuug desselben in nicht ferner Zeit in
minder glänzender Ausstattung 1200 Briefe von Zeit-
genossen an Biichelangelo zu publiciren gedenkt. In
viese Sammlung werden dann auch wohl die aus Anlaß
der Säcularfeier erscheinenden Briefe des Meisters
wieder aufgenommen werden.

Jacov» OavaUucci.

Ärthur Fitgrr, der Züngjte derMaler-Dichter.

Sind in erster Linie natürlich die Spalten dieser
Zeitschrift den Werkcn der bildenden Kunst gewidmet,
so haben sie sich doch den Aufsätzen über die Künstler
selbst und ihr Leben stets ebenso bereitwillig geöffnet.
Es mag darum nicht unpassend sein, auch einmal in
ihnen darzustellen, wie sich der bildende Kllnstler zu-
gieich in anderen Werken als denen seines gewählten
Lebeusberufs zuni Ausdrucke bringt.

Eine an's Wuuderbare grenzende Vielseitigkeit des
Talentes kennzeichnet bekanntlich die großen Meister der
Renaissance, insbesondere die Jtaliener. Lionardo da
Vinci begnügte sich, wie wir wissen, nicht damit, dic
Fülle seiner Gedanken allein in Farben ausströmen zu
lassen, er war hochbedeutcnd als Bildhauer, Architekt,
Jngenieur unv KriegSbaumeister, Mechaniker, Mathe-

202

matiker, Physiker und Anatom; überdies dichtctc cr E
spielte wundervoll die Laute, und endlich war er »^
trefflicher Fechter, Reiter um> Tänzer und von edelst^
Schönheit. Michelangelo stand fast in all jenen Künst^
und Wissenschaften mit ihm auf gleicher Höhe; a»
Raffael baute und modellirte; Alberti war vollends c»'
Universalgenie ersten Ranges, und daß ebeuso auch unst^
Dürer baute, Festungswerke schuf, in Holz schnitzte n>n
in Kupfer stach, ist zur Genüge bekannt.

Künstler von solch allumfassender Kraft und Gistst
hat es seitdem nicht wieder gegeben. Waren auch
Späteren in einem Kunstzweige noch so sehr Mcim'
so erhoben sie sich in andern doch nur selteu
einen talentvolleu Dilettantismus. Höchstens in
Naheliegendem spürte man auch wohl Lie echte Meist^
hand, wie das z. B- die Bauten und Skulpturen Schi^j
ter's, die Bilder Schinkel's bekünden. Abcr kci»^
unserer moderncn Künstler ist noch außerdem etwa
Musiker, Jngenieur, Mathematiker, Auatom u. s-
von Bedeutuug gewesen.

2iur in cinem Einzigcn haben sich in unstc^
Jahrhundert verschiedene Aialer nebcnbei Hervorgclh»^'
nämlich — als Dichter, und zum Theil in einer Mist
daß man kaum weiß, wem der erste Lorbeer gebührt-

Eine eingehende Kritik dieser Maler-Dichter »^
ihrer Poesien wäre allerdings in dieser Zeitschrift »>^
am rechten Orte, wohl aber der Versuch, nachzuweist"'
wo und wie bei ihnen der Poet am meisten seine i»»-'^
Malernatur aussprichk und in dieser schaut, fühlt
dichtet.

Ein solcher Versuch, der hier weder unpassend i»'^
uuinteressant wäre, erforderte indeß jedenfalls ein tiefti^
Eingehen und umfasseuderes Ausbreiten des Stosj^'
als der Raum diescs Blattes und das Glcichgcwi^
seiner Artikel erlauben dürfte. So sei denn hier »u'
flüchtig angedeutet, was anderu Orts auszuführcn m'»
behalteu bleiben mag.

Wenn wir, uns auf Deutschland beschränke»^
Salomon Geßner und den in der Literaturgeschistst'
unter dcm Namen des „Maler Müllcr" Bekanill^
als noch vorzugsweise dem vorigen Zahrhundert angehU"
rcnd unberücksichtigt lassen, so sind es im gegenwärlig^
zunächst fünf Maler, die sich auch als Dichter eineu wost'
verdienten Namen erworben haben. Sie alle kennt »'^
schätzt die Welt ungleich mehr in dieser Eigenschaft
um der Werke ihres Pinsels willen. Vorzugsweise st^
diese Maler-Dichter Lyriker und Epiker und haben st ^
nur ausnahmsweise dem Drama zugewandt.

Der früheste derselben und in der neueren Literat»^
geschichte bekannteste ist August Kopisch, darauf stk^
Robert Reiuick, sodann Adalbert Stifter, Licst»"
Julius Große und endlich Hugo von Blomberö'

In Kopisch's Dichtungen bekundet sich das eigcntO l
 
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