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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Der Umbau der Berliner Gemäldegalerie und die Sammlung Suermondt
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Ein neues Bild von Adolf Menzel
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0191

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371

Ein neues Bild von Adolf Menzel.

372

irgend bedeutende Gemäldegalerie, so heißt es im Vor-
wort des ausgegebenen Katalogs, sind neben solchen
Kabineten auch große saalartige Räume, wie endlich
einige zwischen jenen Gegensätzen vermittelnde Abthei-
lungen, nothwendige Bedingung. Nicht bloß wegen des
verschiedenen Formates der Bilder, die je ihrem Um-
fange nach einen verschiedcnen Standpunkt des Beschauers,
seine größere oder geringere Entfernung voraussetzeu;
sondern es ist zugleich der innere Charakter der monu-
mentalen und historischen, sowie der Kabinets- und
Genremalerei, dcr Form und Größe der betreffenden
Räume mitbestimmen soll." Der neue Bauplan ist
nach diesen Grundsätzen entworfen. Für die Genre-
und Kabinetsstücke der Suermondt'schen Sammlung
lassen sich keinenfalls bessere Räumlichkeiten denken als
die neuen Kabinete, deren Ausstattung behaglich und
deren allgemeiner Eindruck äußerst anheimelnd ist.

Da durch die neue Einrichtung Raum verloren
geht und überdies der neue Zuwachs untergebracht
werden muß, ist eine Aussonderung von Gemälden ge-
ringeren Werthes geboten. Doch wird sich diese Aus-
scheidung hauptsächlich auf die Gemälde der italienischen
Nachblüthe, der Akademiker n. dgl. beschränken. Es ist
gewiß richtig, daß ein Zuviel aus diesen Epochen er-
müdend und abstumpfend wirkt, und daß die Gesammt-
wirkung einer Galerie durch Ausscheidung derartiger
Bil^er nur gewinnen kann.

Für die Gemälde und Handzeichnunge.n der Suer-
mondt'schen Sammlung ist von den Herren Or. Meyer
und Bode ein ausführlicher Katalog nach den vom ersten
kunstwissenschaftlichen Kongreß angenommenen Grund-
sätzen verfaßt worden, welcher zugleich als Probe für
den neuen Katalog der ganzen Galerie dienen soll. Der
Katalog darf als durchaus musterhaft bezeichuet werden.
Jeder Schule ist eine ausführliche Charakteristik, jedem
Meister eine bei aller Knappheit erschöpfende Biographie
und eine besondere Charakteristik seiner Malweise voraus-
geschickt. Nicht bloß die neuesten Forschungen, auch
manche bisher unbekannte Notizen sind verwerthet. Einige
Gebiete der Kunstgeschichte findet man ganz neu, andere
— in deutscher Sprache wenigstens — zum ersten Male
und mit Glück bearbeitet. Jch begnüge mich, einzelne
Bilder namhaft zu machen, welche im Kataloge neue
Benennungen erfahren haben. Es sind im Ganzen
etwa dreißig.

Die kleine, dem Jan van Eyck zugeschriebene
Madonna in der Kirche wird als eine gleichzeitige Schul-
arbeit bezeichnet, während die von Hotho als ein Werk
des Hubert van Eyck in der Zeitschrift publicirte Ma-
donna im Garten, die leider durch Putzen und Retouchiren
gelitten hat, für ein Bild des Jan van Eyck erklärt
worden ist. Der heil. Hieronymus in der Zelle ist dein

Quentin Massys^), zurückgegeben worden. Da§
Selbstporträt Dürer's ist, wie Meyer vermuthet, von
der Hand eines holländischen Malers. Das lustige
Trio des Frans Hals wird für eine Arbeit des Dirk
Hals erklärt. Von den Rembrandt's hat man nur
den Rabbiner dem Meister gelassen. Die Ruhe auf
der Flucht soll von Govaert Fliuck, die Landschast
mit Ruth und Boas von Arent de Gelder, die
Flachlandschaft von Hercules Seghers herrühren-
Der heil. Hieronymus in der Grotte endlich wird für
eine alte Kopie gehalten. Von den sieben Bildern des
Brouwer ist eines dem I. v. Craesbeek zuge'
schrieben, drei andere als unächt bezeichnet worden-
Ebenso ist der angebliche St. Jagoritter des Velasquez
dem Meister abgesprochen worden. Man hat die Ber-
muthung ausgesprochen, daß dieses Porträt von Suster-
mans, der bekanntlich lange Zeit in Florenz thätig
war, herrührt.

Alle Künstlerinschriften, Jahreszahlen und die haupt-
sächlichsten Monogramme sind in treuen Facsimilcs «n
Kataloge wiedergegeben.

Bcrlin, Mitte März.

R.

Ein neues Sild von Molf Menzel.

Drei Iahre lang hat der Meister an seiner „ CY -
klopie" gearbeitet — so darf ich wohl kurz und
bündig das Werk nennen, wenn dessen Stoff auch der
wilden Werkelhast des modernen Lebens entnommen ist.
Wie den rußigen Cyklopen des Aetna nichts Ideales
anhaftet noch angedichtet werdeu kann, so wird man
auch den Arbeitern des Eifenwalzwerkes, in das uns
Menzel eingeführt, schwerlich etwas von der „Weihe
der Arbeit" ansehen, noch sie für Berkünver des Evan-
geliums der Arbeit halten. Es ist eben die ungeschminktt
Wahrheit, welche uns Menzel vorführt, gleich frei vo»
moderner Phraseologie wie von brutalem Realismus,
der sich dem Beschauer aufdrängt und nur um seiner
selbst willen sich breit macht. Aber die Borzüge Men-
zel's wollen auch nicht mühevoll aufgesucht sein. Klar
und schlicht liegt Alles offen vor dem Auge dcs Be-
schauers. Man vergißt, daß man das Werk eines nw-
dernen Meisters vor sich hat. Man glaubt, im Ton, in
der Lichtwirkung die Hand eines alten niederländischen
Meisters zu erkennen, und nicht wenige giebt es, die
den Namen Menzel's neben dem eines Rembrandt
nannten. Jch will nicht mit ihnen rechten. Steht doch
soviel fcst, daß Menzel's neuestes Bild einen der ersten
Plätze unter den Schöpfungen der zeitgenössischen Kunst

Man würde übrigens gut thun, diesen Namen kon-
sequent Metsys zu schreiben, wie ihn der Meister selbst auf
I seinem Hauptwerke in der Peterslirche zu LLwen geschrieben hat-
 
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