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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Abrest, Paul d': Der Salon, [3]
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BcMatt znr Zcitslhrist sür

X. JnlMNNg.

Nr. 39.

Sciträgc

!>»d anvr.C. V.Lützow
^ÄIii'n.Thciesianuingcisse
od. andi-Verlagstz.

^erpzjg, Königsstr. 3),

9. Inli

1875.

Inscrate

L 28 Ps. siir die drei
Mal gcsxaltene P-titzcile
werden von jeder Bnch-
»nd Knnsthandlung an-

Dics Blatt, jede Wdche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrist sür bildende Knnst" grrrtis; fiir stch allein bezogcn
tvstei der Jahrgang g Mark sowohl im Buchhandel wie anch bei den dcutschen und östcrreichischen Postanstaltcn.

^ohalt: Der Salon. IH. — Korrespondcnz: Kassel. — Schnaase's 8. Band. — Wiener Künstlergenossenschaft. — Berliner Akademie. — Münchener Kunst-
gcwcrb-vercin I Ansstellung in der Flcislbniann'schen Hoskunsthandlnng i» München. — Denkmäler sür A. v. Ramberg nnd W. v. Kaulbach; Ans
Sevilla; Berliner Nationalgalerie. — Berichtigungen. — Jnscrate.

Der Zalon.

m.

Gehen wir nun zu den merkwürdigsten Erscheinungen
^r geschichtlichen Malerei über! Ein Bild von W- A.
^erson stellt „Deutsche Ordensritter in Polen" —
eine Episode aus einer Plünderung dar. Die Stadt,
^ahrscheinlich Jaroslaw oder Krakau, geht im düsteren
Hintergrunde in Flammen auf. Jm Vordergrunde des
^einäldes theilen sich zwei Ritter in die Beute. Der
^ine, hoch zu Roß, schiebt mit dem Lächeln befriedigter
^ier Juwelen und funkelnde Ketten in seinen Sattel,
^in anderer Ritter, mit dem Kreuze auf der Brust ge-
^chmückt, das blanke Schwert in der Rechten haltend,
^itt auf eine Lciche und reißt ein vcrzweifelt ringendes
^eib mit sich. Das schelmische Gesicht des Nitters
äu Pferde giebt dem Gemälde einen beinahe karrikatur-
^hnlichen Anstrich. Der Maler, ein geborener Pole,
in Warschau wohnt, hat sich offenbar einen Wu-
^ter aus seiner nächsten Umgebung zum Modell ge-
^Mmen. Es ist ganz das Gesicht eines polnischen
^nden, der in seiner Bude seelenvergnügt die funkelnden
^genstände eines vortheilhaften Geschäftes abwiegt;
^nn denke sich nun einen solchen Kopf aus dem gold-
^rzierten stählernen Helm eines deutschen Ritters hcr-
^rlugend. Vielleicht handelte es sich in der Absicht
^s Malers um eine vcrspätete Satire gegen die raub-
^chtigen Eroberer seines Vaterlandcs. Es ist aber zu
^kürchten, daß dieSatire nicht richtig aufgefaßt wird
man sich begnügt zü sinden, daß dieser Studienkopf
^chlecht gewählt wurde. Der andere Ritter dagegen ist

eine prächtige Gestalt; es hätte sich hier zu einem dank-
baren Kontraste zwischen dcm Juwelendiebe und dem
Frauenräuber Anlaß geboten. Aber dergleichen liegt
nicht in der Auffassung der Schule, welcher Herr Ger-
son angehört. Trösten wir uns mit der Betrachtung
der mit vieler Sorgfalt gemalten historischen Tracht
der deutschen Ordensritter!

P. P. Lson Glaize, der Sohn des berühmten
Malers dieses Namens, ließ sich von Plutarch inspi-
riren. Wie dieser Geschichtsschreiber erzahlt, versam-
melten sich üach der Verjagung des Tarquinius mehrere
römische junge Leute und leisteten den Schwur, das
Königshaus wieder zurückzurufen. Um stch durch einen
Akt fürchterlicher Symbolik gegenseitig zu binden, schlach-
teten die Verschworenen einen Menschen ab und tranken
sein Blut aus einem Becher in die Runde. Die Dar-
stellung dieser schrecklichen Scene hätte den Pinsel
eines Regnault reizen sollen. Nur die ganze Furia, mit
welcher dieser Künstler ausgestattet war, und der Farben-
reichthum, über welchen er verfügte, hätten der Scene
das prosaisch Widerliche benommen, hätten den Auf-
tritt in eine dämonisch phantastische Sphäre versetzt,
und dadurch leisen Schauer erzeugt, während uns das
Bild des Klassikers Glaize einen gewissen Ekel eiuflößt.
Das Opfer liegt mit durchschnittener Kehle auf einer
Holzbank, das Blut rieselt röthlich schwarz aus ter
klaffenden Wunde in ein thönern Becken. Die Kum-
pane reichen einander den Becher, der auch auswendig
die Spuren seines Jnhalts verräth; acht bis zehn Gestalten
wohnen dem fürchterlichen Akte bei, aber mit Ausnahme
von einer oder zwei sind sie alle wie aus Holz geschnitzt, nur
der Eine, zn dessen Füßen das blutige Messer liegt, —
 
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