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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Sammlungen und Ausstellungen.

Männern und einem jnngen Mädchen im Costiime des Be-
ginns der großen srLiizvsischen Revolution. Während der eine
von deu Herreu einen Brief vorlicst, dcssen Jnhalt scincn
Zorn erregk und die beideu Anderen ihm mit gesPannter Auf-
merksamkeit zuhören, schlllrft das hübsche Mädchen in aller
Gemllthsruhe cin Glas Wein. Auf Bolanachi's Bild, das
hinter dem Mayerschen Bilde an Schönhcit des Kolorites nicht
zurückblcibt, wenu es anch in Bezug auf selbes von ganz
anderen Principien ausgcht, sehcn wir eine Gescllschaft aus
der Stadt auf einem mit Heu beladenem Schifse llber eineu
Flnß setzen und deu Kiiiistler ein anspruchloses Thema mit
Geschmack behandeln.

K. 6r. Wiencr Künftlerhans. Die Ausstellungskommis-
sion der Wiener Künstlergeuvssenschaft hat die Ausstellung durch
einen Nachtrag bcreichcrt. Einigc sehr schätzenswerthe Leistungeu
steuecte Gustav Wertheimer da;n bei. Das von ihm aus-
gestellte Reiterporträt ist durck Frische der Auffassung und dcs
Vortrages ausgezeichuet, zumal da er dcn Hintergrund uoch
uachträglich auf dcr Ausstellung selbst gemildcrt hat. So
wurde aus der blauen Fläche, die zu materiell behapdelt war,
als daß man sie fllr Lust hätte halteu köunen, einc. leichte
flimmernde Lust, die nunmehr auch die Wölbung des Firma-
mentcs erkennen läßt. Die Ueberrasämng, dic der Ällnstler
auf diese Weise den Besuchern des Kllnstlerhauses bereitete,
die scin Bild gesteru sahcn, und die heute wieder die Aus-
stclluug bcsuchtcn, war kcinc geriuge, aber durchaus angenehm.
Auch zwei Bauerntypen aus der Rcichenauer Gegend zeigen,
daß dcr Künstler mit Ersolg bestrebt ist, zuc gesnnden Natnr
zilrllckznkchren, nachdem er nur zu lange im Rciche dcr luftig-
sten Phaiirasmagorien umhcrgeirrt ist. Carl Hasch solgt
errölhend den Spurcn Obermüllner's; auch er hat einen ganzen
Saal sür sich iu Anspruch genommcn uud ungcfähr slluszig
Landschafts-Stndicu ausgestellt. Die Kritik hat mit diesen
Studicn nichts zu thnn, und sollte Hasch auch von ihrem
Gruße ebenso wenig beglllckt scin, wie Obermüllner, so kann
sie ihm doch nur denselben widmen, den sie seinem Vorgängcr
entgegenbringcn nmßte. Ein weiterer Saal ist mit Kunst-
häudlerwaare angefllllt; dicser hat nun die Kritik erst recht
aus dcm Wege zu geheu, da es uicht ihre Aufgabe sein kann,
einem Kausmann die Preise zu verderbcn odcr ihm Aunoncen
zu ersetzen. Der betreffcnde KunsthLndler hat in Folge der
schlcchlen Zeiten sein kostspieliges Lokal am Kärnthner-Ring auf-
gegcben, und sich nun gewissermaßen im Künstlerhause etab-
lirt. Diescr PoHeu ist noch günstiger, schöner und billiger;
man kann also nicht sagen, daß der Kunsthändler im Un-
recht wäre, wenn er das Künstlerhaus zu seiner Verkaufsbude
erhebt. — Ein schlechter Dienst wurdc Makart durch die
Ailsstellung einer unklaren und an sich nicht bedeutcnden
Farbenskizze erwiesen. Dcr Katalog erläutert das „Oelgemälde"
durch deu Titcl: „Der Niese Hagen stllrzt den Sigsried in
die Schlucht." Wir erfahren also glücklicherweisc auf diese
Art ctwas Nähcres llber die grausige Gcschickte, denn sclbst
erklären könnte sich die Skizze nicht. Makart ist sicher un-
schuldig daran, daß seiu Namc wieder einmal mißbraucht wird,
wcil vielleicht ein Kuiistfrcund, der früher mit aller Gewalt
einen Makart haben mußte, es jetzt wicder für nölhig' fiudet,
denselben lvszuschlagen. — Montemezzo zeigt in einigeu
kleincn Thierstllcken, was er dabei profitirt hat, als er sür einen
Kuusthändler Schmitsvn in Accord kopirte. Er ist der ganze
Schmilson — nur iu Wasser aufgelöst. Von Jettel figurirt
wieder wohl zum zchnten Male eine unanbringliche Skizze aus
der Ausstellung; sie ist ein wahres Seitenstück zu dem Makart-
schen Ricsen Hagen, sowohl in Ausehung der Qualität, als
der Qualificalion des derzcitigcn Bcsitzers. KiS, George-
Maycr nnd Felix haben je einen gnten Snidienkopf aus-
gestellt. Der Bildhaucr Costenoble hat nicht ungestrast einen
„charakteristischen Kopf", es wird bald kcincn Wicner Kiinst-
ler geben, der ihn nicht gemalt HLtte. Diesmal ist es George-
Mayer, der fich des beliebten Vorwurfes bemächtigt hat.

Lll. Die württembcrgische Staatsgaleric in Stuttgart
hat von vicr der hervorragendsten neueren Maler, nämlich von
A. Braith, F. Desregger, E. KurzbauerundP. vonTie-
senhausen je ein Gemälde anqekanft. Das von dem hoch-
geschätzten Thiermaler A. Braith, einem Wiirttenibcrger, ge-
malte Bild, eine Hcerde auf der Alm vom Gewitter llber-
rascht, dürfte den meisten unserer Leser bekannt sein, da es auf
dcr Wiener Wellausstellung glänzte, außerdem aber dcrselbe

10s

Gegenstand vou dcm Kiinstler schon öfter gemalt wurde. N
nur in der Äomposition und Zeichnung, auch in dem
vollen und naturwahren Kolorit, wclchcS uus dic hevs»"
Thiere dcr Alpen in ihrcn intenfiv gefärbten, glatten, glaUs^
den Fellen mit flotten Pinselstrichen vor Augeii zu stellen w w
ist das Bild cinc meistcrhaste Leistung. Defrcgger's, ^
verwuudete Jäger" betiteltcs Gemälde ist, wenn wir r „
berichtet sind, das erste Bild, welches dieser schnell beruy
gewordene KUnstlcr übcrhaupt gcmall hat, und es ist da
nicht zu verwundern, wenn daSselbe nicht Lie gleiche Lollenvu o
zcigt, wie dessen sonstige Vchöpfuugeu nnv namentlich
Komposition etwas gclheilt erscheint. Dcnnoch kündigt r
! Bild bereits den Mcister an in der ungemein lebenswah"''
charakteristischcn Zcichuung der Mehrzahl seincr Figuren u
in dcr sicheren Technik, die sich ohne Zaudern jener kralUg

schlichten Farben bedicnt, welche allcin der Wiedcrgabe rc

rauhcn, wetterharteu Lebcns im Gebirge angemessen sind. N»
nm einen Grad vielleicht ist der Ton seines KoloritS uow »
trüb, und daniit die bLugliche Stimmung, welchc dic Dg
stellung in uns erweckt, zu sehr gesteigert. Die Scenc isr hiriuttw
folgendc: eiuer juugcn tiroler Frau, dic cben damit bcschaiu^
ist, ihr Jüngstes zu baden, während ihre beiden andern Ki"°s
sie umstehen, bringt der älteste Knabe, begleitet von den bcue
Jagdhnnden, zuglcich mit dem Gcwehr deS Vaters dic KUiw^
daß dicscr auf der Jagd verunglückt sei. Bereits sicht uia
auch dnrch dic gcöfsnetc Thür dcnsclben mit vcrbundenem, blu
tigem Kopfe, uud von zwei andern Männcrn halb getragcu-
ankommcii. Bei seinem Änblick weicht der jungen Frau ba
Blut aus dem Gesicht und das Worl erstirbt ihr auf der LiPP^'
nur mechanisch hält sic noch daS badcude Kind, daS in har»u
loser Uubekümmcrtkeit weiter spielt. Die Gruppe der Fra»
mil den Kindern ist vortrefflich, während diejenige der Mäuuc
clwas matl und nicht von derselben packeuden Wirkung U"
anch an audere ähnliche Darstcllungen eriunert. E. Kurp
baucr's allerliebstes Genrebild, das uns einen alten Baueru
ȟt der Pseifc im Munde am Ofen hinter dem Tische sitzeiw
zeigt, wie er seinc Enkel beaufsichtigt, welche ganz hiiigenomiiuu
sich um „daS erste Bilderbuch" drängen, gewinut in seiu.c
hcrzlichcn Natürlichkcit gewiß Jedcrmanu und sesselr den Kuulb
kenner durch die volleudete Techuik und das liebevolle En^
gehen in's Detail. — Endlich bleibt noch zu betrachten kus
vvrtrefflichen Marinemaler's P. von Tiesenhauseu'„StraUo
au der Ostsce". Die Darstellung versetzt uns in die Nab-
eines Strandortes, welcher den Sammelplatz einer großcn Zaw
von Segclbootcn bildet. Es ist Abend, die HLuscrgruppc il>
iu lcichten Dust geküllt, aus welchem bunte Signallichter hcr*
vorleuchten. Dic Schifse, welche zum Theil orangefarbene
Segel führen, liegen meistens schon vor Anker, nur wenigc
bewegcn sich noch in der Sec, dereu leicht bewegte Flächc >U
wunderbarem Glanze den farbigen Abendhimmcl wicdcr-
spiegelt. Dicser weite, in Gelb und Rosaviolett schimmeriivc
Spiegel dcs Wassers ist sammt dem darüber schwcbcudeu Dufl
mit großer Virtuosität durch die einfachsten Miltel vor uus
hingezauberl, aber auch alles Uebrige zeigr ein Studium uiw
eine Kenntnib dcr belrcffcndcii Erscheinuiigen iu der Natur-
sowie eine Sichcrheit in dcr Wiedergabe, wie nur wenigc
Künstler sie in gleichem Grade besitzen. Da die Sluttgarwr
Galerie an Marinebildcrn ohnedieß Mangel hat, so ist dicfl
ueue Erwerbung in doppcltem Grade willkommen.

-k. Münchcncr Kunstvcrein. Hente muß ich vor AlleiU
dcs Neapolitaners Sciuti grandioscs Bild, Bestatluug ve»
Timolcon, erwähncn. Schon iu seinem frühereu Bilde„Pindaros
bei dcn olympischeii Spieleu", hatte dcr Künstler eine unge-
wöhnlich große Anzabl von Personen zur Darstellung gebracht-
dieselbeu aber im Ällgemeiuen rem Beschauer in einem chalb-
weg geschlosscuen Raume vorgcsührt uud näher gerückt. Schv»
damals hatte er scine Virtuosität gezeigt, eine Massenversaniim
lnng wenigstens theilweise vorzufllhren, indein er einen Blm
aus die voiir Publikum beseyte Rennbahn thun ließ. Jn seiuciU
zur Zeit hier ausgestelltcn Bilde vcrlegte er nun mit staunens-
werther Kühnheit den Schwerpnnkl seiner Wirkung nichc etiv»
in eine Anzahl unter sich in Verbindung gebrachter Gruppeu
des Vor- und Mittelgrundes, sondern geradezu in die Dar-
stellnng ciner Mcnschenmcnge, welche nach Tausenden zählt
Wir blicken von der HLHc, auf der die Priester den Scheiter-
haufen bcreiten, über den weiten Platz zu unsern Füßen, den
I Tempcl und andere Bauten umgcben, und Lie lange Strecke
 
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