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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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231

Korresponden;.

Die hauptsächlichsten englischen Künstler sparen
gegenwärtig ihre Kräfte fnr die nächste akademische Aus-
stellung im Mai, indeß enthalten die Ausstellungen,
namentlich diejenige des „Iimtitulö ol p>nint6r8 m
rvntsr-volonrs" einen hübschen Prozentsatz von erwäh-
nenswerthen Arbeiten. Seit acht oder neun Wintern
hat sich die Gewohnheit ausgebildet, daß in den beiden
Galerien der Aquarellmaler-Gesellschaftcn Skizzen und
Studien vorgeführt wurden; nunmehr ist es zu be-
klagen, daß völlig ausgeführte Gemälde das Uebergewicht
erhalten haben. Jn der That scheint das Skizziren in
dem hergebrachten Sinne des Wortes eine im Erlöschen
begriffene Kunst zu sein, und die den alten Meistern so
geläufige Praxis, vorbereitende Studien für komplicirte
Kompositionen zu machen, kommt mehr und mehr außer
Uebung. Englische Künstler, welche selten unempfänglich
sind für den „nsrvns rsrnin", finden immer mehr, daß
sie die besten Preise für vollständig ausgeführte Gemälde
erzielen. Eine d'er geschicktesten Skizzen rührt von Miß
Thompson her und stellt eine Figur aus dem Ge-
mälde dar: „Das zehnte bengalische Lancier-Regiment
beim Zelt-Aufschlagen." Diese Dame führte, was wir
hier bemerken wollen, bei der letzten akademischen Aus-
stellung in London einen „oonx äs koros" aus; sie war
damals verhältnißmäßig unbekannt, jetzt hat sie mehr
Aufträge, als sie ausführen kann, und ihre Preise sind
auf mehr als das Vierfache gestiegen. Jhr Erfolg, der
kaum seines Gleichen hat, ist wohlbegründet in dem
fleißigeg Studium, namentlich versteht sie sich auf die
Zeichnung von Pferden und Soldaten; sie hat sich haupt-
sächlich an den französischen Schlachtemnalern heran-
gebildet. — Unter den Neuigkeiten des Jnstituts sind
die Origiualskizzen von Teuniel für die im „Punch"
veröffentlichten Zeichnungen zu erwähnen; derartige sa-
tirische Darstellungeu, welche an die Tagesereignisse an-
knüpfen, finden selten ihren Weg zu Ausstelluugen.
Tenniel hat den bei Karrikatur-Zeichnern sehr seltenen
Vorzug der Keuutniß des menschlichcn Körpers, der
Meisterschaft in der Behandlung der Draperie und der
Abrundung der Komposition. Jm Ganzen genommen
kann diese Kunstart, wie man sie in den Londoner Witz-
blättern sieht, bei einem Vergleiche mit den illustrirten
Blättcrn anderer Läuder nur gewinnen.

Einiges Aufsehen erregte vor Kurzem die Ent-
deckung der Fälschung von vier Landschaften von John
Linnell, dessen Werke hoch im Preise stehen. Der
Angabc nach solltcn sie in den Jahren 1870—72 ge-
malt sein. Es sind „Der Gebirgsschäfer", „Der Holz-
wagen", „Der Flöte blasende Hirt" und „Der Fischer".
Als diese Bildcr, welche neulich von bekännten Händlern
zu hohen Preisen für Originale verkauft wurden, dem
Künstler selbst zn Gesichte kamen, erklärte dieser, daß
dieselben untergeschoben — und seine Namensbezeichnung

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gefälscht sei. Londoner Zeitungen brachten eine Anzci^
mit der Ueberschrift: „100 Pfund Belohuung —
fälschte moderne Gemälde". Jn derselben mach.t
Eduard F. White, der ein Hauptkäufer und Liebhaber vou
Linnell's neueren Gemälden ist und deßhalb ein gv^
Jnteresse daran hat, die Jntegrität derselben aufre^
zu erhalten, bekännt, daß er für sein Theil 50 Pfn^'
und ein anderer, der das Opfer jener Betrügerei
worden, ebenfalls demjenigen 50 Pfund Belohnung
währen werde, welcher den Fälscher von Linnell's Naun'N^
unterschrist nachzuweisen im Stande sei. Einige Lhnli^
Fälle dieser Art sind schon früher einmal vorgekonMieN'
eine fälschlich als Turner bezeichnete Lanbschaft
vor wenigen Jahren auf der Royal Acabcmy als
ginal ausgestellt, der FLlscher wurde entdeckt und lebi
noch heute. Schon seit langer Zeit besteht eine
chrenhafte Verbindung zwischen HLndlern und MalcrN'
in Folge deren gefälschte englische Gemälde zu hvh^
Preisen in's Publikum gebracht wurden.

Jn den „Times" erhob Mr. Hodgson bittere Klog'-
über die theilweise Zerstörung, welche das große Gc'
mälde vonPaoloVeronese „die Hochzeit zu Kana" ^
Louvre durch eiue barbarische Reinigungsprocedur c^
littcn hätte. Da der Einsender als ein sehr gewisst^
hafter Beobachter bekannt und zudem Mitglied dci
Akademie ist, so fand seine Angabe allgemein GlaubeN-
Bald darauf erschien jedoch in den „Times" eine offv
zielle Entgegnung aus Paris mit der bestimmten Vc^
sicherung, daß das Gemälde seit vielen Jahren ni^
angerührt sei. Der Werth dieser Bersicherung ist zweifc^
haft, um so mehr, als ein erfahrcner englischer Bildei'
kenner, welcher gerade aus Paris kommt, den ruinöstd
Zustand des Gemäldes bestätigt. Die Thatsache schcidl
festzustehen, daß während der Belagerung von Pal^
die Leinwand aus dem Rahmen genommeu, aufgerollc
und in Sicherheit gebracht war; möglicherweise ist
bei dieser Gelegeuheit beschädigt worden.

Einer Anzeige zufolge wird die bisher der Oeffenl-
lichkeit vorenthaltene Korrespondenz des Michel Angelc
gleichzeitig mit einer Biographie desselben in englischcä
deutscher und französischer Uebersetzung erscheinen. Da^
italienischc Original von der Hand des Signor Gott>,
Direktors der Uffizien, war im letzten Sommer soweil
vorgeschrittcn, daß ich bereits einige AushängebogcN
sehen konnte. Aus London war dem Verfasser ei»c
Abschrift von den im britischen Museum aufbewahrteN
wichtigen Briefen Michel Angelo's zugestellt. Von vicl
größerer Bedeutung indessen siud die beiden Bände n»l
Briefen in ber „Oüsu Luonurroti", veren Benutzunö
Hermann Grimm verweigert worden ist. Diese Briesc
wurden mit der Absicht zurückgehalten, um sie bei vei'
bevorstehenden Gedächtnißfeier Michel Angelo's in Fl^
renz zu verösfentlichen, bei welcher Gelegenheit, wenN
 
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