Carl vou Haller'S Selbstbiographie.
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und daher so vicl gcrcttct, daß ich so glücklich war,
^ Rom zu kommen.
So schmerzhaft auch jener Verlust fnr mich in
als einer Hinsicht soin mußte, so konnte er doch
^» Eindruck nicht schwächen, den alle die crhabenen
^Arnstände, nach dcncn ich stets eine tiefe Sehnsucht
>nir getragen hatte, und die ich nun in ihrer Wirklichkeit
E»uen zu lernen das Glück hatte, auf mich machten.
»ch nieincr Ankunft zu Rom suchte ich den Bcistand
^ kgl. bayerischen Gesandtcn Baron v. HLfelin, um
^»»lögljch vurch die Gerichtc von Trient den crlittenen
ra»b ausfindig machen zu lassen; auch unterstand ich
^'ch, dieses mcin Anliegen selbst dem kgl. Staatsminister
Mejhxrrn von Montgelas schriftlich vorzutragen. Allein
'ch habc nie ctwas andcres mehr davon erfahren, als
^ die Räubcr vstcrrcichischc Dcsertcurs gcwescn sind,
^ dann übcr die Grcnze cntflohen scien.
Ein achtzchnmonatlichcr Aufcnthalt in Nom konnte
^»ch nicht nur nicht in scincm Gcnussc sättigen, svndcrn
neue Tag zeigtc mir cs mit dem nämlichen, ja
'ch niöchte sagen, ncucn Rciz, wie der crstc, wo ich in
erhabene, für mich ganz neue Wclt cintrat.
. Jm Sommer 181» schloß ich mich an vicr meiuer
'"Ninde zu eincr gescllschaftlichen Rcisc nach Gricchcn-
ch»d an. Glciche Licbe und glcichcr Eifer bescclte sie
^ Kunst und Wisscnschaft, und die Gelcgenheit, das
'^»ilerland klassischer Kunst zu sehen, konnte nicht er-
^»»schter für mich kommen, so daß ich auch dicscn kühncn
^chritt wagtc, sie zu bcnntzcn. Dcr baycrische Ge-
wndte zn Rom nahm mcincn Entschlnß dazn mit gro-
Zufricdenheit auf und hatte die Gefälligkcit, mir
^» Kapital vorzustreckcn, womit ich das Glück zu cr-
^'chen hoffte, wo nicht mehr, doch Athcn schcn und
h»diren zu können.
Wir kamcn im Monat Oktober übcr Neapcl — vvn
aus ich von ineinem Vorhabcn Sr. kgl. Majestät
»kkcruntcrthänigst berichtetc, — Cvrfu, eincn Thcil
^arnaniens und dcn Golf von Lepanto, über Kvrinth
Akßcklich in Athcn an.
Balb darauf lcrnte ich baselbst dcn englischcn
^»chitckten Herrn Cockerell kenncn, und brauchte wenig
äcit, um bci glcichem Eiscr für uuserc Kunst, in ge-
»»'inschuftlichem Studiuin der erhabcnen Monumente
^kthens und bei scincm ausgezeichneten Talente und
^r äußersteu Liebenswürdigkcit seines Charakters durch
»»»»flösliche Freundschaft an ihn gcknüpft zn werdcn.
Als wir den ganzen solgendcn Wintcr in Athcn
^»sainmen bcschäftigt gewescn warcn, bcschlosscn wir im
^lühjahr, in Gcscllschafl uuserer Frcunde Linkh und
^oster, Aegina und daselbst nanientlich den Tenipel
Panhcllenischen Jupiters gcnauer, als uns bisher
Aoschehen zu sein schien, z» untersuchcn. Dic Folge da-
»o» war, daß außer einer genaucn Kenntniß der Archi-
tektur wir die kostbarcn Bildhauerwerkc, die seinen Gie-
bel gcziert hatten, aus dem Schutte hervorzogen und
zu unserm rechtmäßigen Eigenthum machten. Als wir
dieses Geschäft an Orl und Stelle beendigt nnd jene
nach Athen gebracht hatten, waren unter Mehreren, die
sich dafür interessirten, auch zwei reisende Engländer an-
wesend und ließen mir und Linkh 2000 Pfd. Sterling
für unsern Antheil an jenen Kunstwerken anbieten.
Obschon die Annahme dieser Summe mir eine
große Erleichterung zur Bestreitung meiner Reisekosten
gewesen sein und mich wieder frcicr in der Anwendiing
meiner Zeit für dcn Zweck meincr Reise gemacht haben
würde, von der ich gezwungen war, eincn großen Thcil
mit Zeichnungen, die mir einigen Erwerb zuwegebrach-
ten, zuzubringen, so wollte ich doch dadurch nicht er-
schweren, daß mein Vaterland für den Besitz jener
schönen Kunstwerke mitwcrbcn kömite, iiuo da ich auch
schon so viel, alö cö nvch dcr Angenblick crlaubte, gc-
sucht hatte, die kgl. Regierung damit bekannt zu machen,
so schlug ich mit meinem Frcund Linkh jencs Anerbie-
ten aus.
Als wir den aeginetischen Fnnd nach Zante in
Sicherheit gebrachk hatten, gingen wir nach dcm Pelo-
ponnes. Hier waren die Untersuchungen des Apollo-
tempels von Phigalia, sowie jene des Jupitertempels
in Aegina, von der Entdeckung der darin vergrabcn ge-
wesenen Kunstwcrke beglcitet, dic inbcsscn für den Angcn-
blick nicht unser Eigenthum werden konnten, da wir durch
die Rcgicrung des Pascha genöthigt wordcn warcn, unsere
Arbeiten unvollendet abzubrechen.
Als ich nach Athen zurückkam, wurde ich durch
ein eigenhändiges Schreiben von Sr. kgl. Hoheit deni
Kronprinzen von Bayern äußerst freudig übcrrascht,
worin mich derselbe des schmeichelhaftesten Verlraucns
in dem Auftrage würdigte, durch Grabungen und An-
käufe scine Kunstsammlungcn vermehrcn zu helfen. Um,
sowie es meine Kräfte erlaubten, diescm Auftrage nach-
kommen zu können, stand ich davon ab, meincn Freund
Cockercll nach Egyptcn zu begleiten und suchte unver-
züglich in Athen Nachgrabungen auszuführen, womit
ich auch dic Frcude hatte, einige hübsche kleinc Antikcn
für Se. kgl. Hoheit zu erwcrben. Jch benutzte auch
unsere zu Phigalia gcmachte Entdeckung als eine Ge-
legenheit, Sr. tgl. Hoheit Wünschen, so viel an mir
war, nachkommcn zu können; in dem Entschlusse, für
mcincn Antheil daran, Berzicht zn thun, wcnn cs Sr.
kgl. Hvhcit gcfallen würdc, -daran Thcil zu nchmen.
Jch darf es, da Wahrheit diese Schilderung stem-
peln soll, nicht bergen, baß ich mich bei biescm Beneh-
men von Eigcnnutz nicht ganz freisprechen kann; jedoch
war dicser Eigcnnntz nicht von nicdriger Art, indcm ich
nichts suchte, als das mir von dem Prinzen ge-
schenkte Verlrauen zu befestigen, wclches mich eine gün-
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und daher so vicl gcrcttct, daß ich so glücklich war,
^ Rom zu kommen.
So schmerzhaft auch jener Verlust fnr mich in
als einer Hinsicht soin mußte, so konnte er doch
^» Eindruck nicht schwächen, den alle die crhabenen
^Arnstände, nach dcncn ich stets eine tiefe Sehnsucht
>nir getragen hatte, und die ich nun in ihrer Wirklichkeit
E»uen zu lernen das Glück hatte, auf mich machten.
»ch nieincr Ankunft zu Rom suchte ich den Bcistand
^ kgl. bayerischen Gesandtcn Baron v. HLfelin, um
^»»lögljch vurch die Gerichtc von Trient den crlittenen
ra»b ausfindig machen zu lassen; auch unterstand ich
^'ch, dieses mcin Anliegen selbst dem kgl. Staatsminister
Mejhxrrn von Montgelas schriftlich vorzutragen. Allein
'ch habc nie ctwas andcres mehr davon erfahren, als
^ die Räubcr vstcrrcichischc Dcsertcurs gcwescn sind,
^ dann übcr die Grcnze cntflohen scien.
Ein achtzchnmonatlichcr Aufcnthalt in Nom konnte
^»ch nicht nur nicht in scincm Gcnussc sättigen, svndcrn
neue Tag zeigtc mir cs mit dem nämlichen, ja
'ch niöchte sagen, ncucn Rciz, wie der crstc, wo ich in
erhabene, für mich ganz neue Wclt cintrat.
. Jm Sommer 181» schloß ich mich an vicr meiuer
'"Ninde zu eincr gescllschaftlichen Rcisc nach Gricchcn-
ch»d an. Glciche Licbe und glcichcr Eifer bescclte sie
^ Kunst und Wisscnschaft, und die Gelcgenheit, das
'^»ilerland klassischer Kunst zu sehen, konnte nicht er-
^»»schter für mich kommen, so daß ich auch dicscn kühncn
^chritt wagtc, sie zu bcnntzcn. Dcr baycrische Ge-
wndte zn Rom nahm mcincn Entschlnß dazn mit gro-
Zufricdenheit auf und hatte die Gefälligkcit, mir
^» Kapital vorzustreckcn, womit ich das Glück zu cr-
^'chen hoffte, wo nicht mehr, doch Athcn schcn und
h»diren zu können.
Wir kamcn im Monat Oktober übcr Neapcl — vvn
aus ich von ineinem Vorhabcn Sr. kgl. Majestät
»kkcruntcrthänigst berichtetc, — Cvrfu, eincn Thcil
^arnaniens und dcn Golf von Lepanto, über Kvrinth
Akßcklich in Athcn an.
Balb darauf lcrnte ich baselbst dcn englischcn
^»chitckten Herrn Cockerell kenncn, und brauchte wenig
äcit, um bci glcichem Eiscr für uuserc Kunst, in ge-
»»'inschuftlichem Studiuin der erhabcnen Monumente
^kthens und bei scincm ausgezeichneten Talente und
^r äußersteu Liebenswürdigkcit seines Charakters durch
»»»»flösliche Freundschaft an ihn gcknüpft zn werdcn.
Als wir den ganzen solgendcn Wintcr in Athcn
^»sainmen bcschäftigt gewescn warcn, bcschlosscn wir im
^lühjahr, in Gcscllschafl uuserer Frcunde Linkh und
^oster, Aegina und daselbst nanientlich den Tenipel
Panhcllenischen Jupiters gcnauer, als uns bisher
Aoschehen zu sein schien, z» untersuchcn. Dic Folge da-
»o» war, daß außer einer genaucn Kenntniß der Archi-
tektur wir die kostbarcn Bildhauerwerkc, die seinen Gie-
bel gcziert hatten, aus dem Schutte hervorzogen und
zu unserm rechtmäßigen Eigenthum machten. Als wir
dieses Geschäft an Orl und Stelle beendigt nnd jene
nach Athen gebracht hatten, waren unter Mehreren, die
sich dafür interessirten, auch zwei reisende Engländer an-
wesend und ließen mir und Linkh 2000 Pfd. Sterling
für unsern Antheil an jenen Kunstwerken anbieten.
Obschon die Annahme dieser Summe mir eine
große Erleichterung zur Bestreitung meiner Reisekosten
gewesen sein und mich wieder frcicr in der Anwendiing
meiner Zeit für dcn Zweck meincr Reise gemacht haben
würde, von der ich gezwungen war, eincn großen Thcil
mit Zeichnungen, die mir einigen Erwerb zuwegebrach-
ten, zuzubringen, so wollte ich doch dadurch nicht er-
schweren, daß mein Vaterland für den Besitz jener
schönen Kunstwerke mitwcrbcn kömite, iiuo da ich auch
schon so viel, alö cö nvch dcr Angenblick crlaubte, gc-
sucht hatte, die kgl. Regierung damit bekannt zu machen,
so schlug ich mit meinem Frcund Linkh jencs Anerbie-
ten aus.
Als wir den aeginetischen Fnnd nach Zante in
Sicherheit gebrachk hatten, gingen wir nach dcm Pelo-
ponnes. Hier waren die Untersuchungen des Apollo-
tempels von Phigalia, sowie jene des Jupitertempels
in Aegina, von der Entdeckung der darin vergrabcn ge-
wesenen Kunstwcrke beglcitet, dic inbcsscn für den Angcn-
blick nicht unser Eigenthum werden konnten, da wir durch
die Rcgicrung des Pascha genöthigt wordcn warcn, unsere
Arbeiten unvollendet abzubrechen.
Als ich nach Athen zurückkam, wurde ich durch
ein eigenhändiges Schreiben von Sr. kgl. Hoheit deni
Kronprinzen von Bayern äußerst freudig übcrrascht,
worin mich derselbe des schmeichelhaftesten Verlraucns
in dem Auftrage würdigte, durch Grabungen und An-
käufe scine Kunstsammlungcn vermehrcn zu helfen. Um,
sowie es meine Kräfte erlaubten, diescm Auftrage nach-
kommen zu können, stand ich davon ab, meincn Freund
Cockercll nach Egyptcn zu begleiten und suchte unver-
züglich in Athen Nachgrabungen auszuführen, womit
ich auch dic Frcude hatte, einige hübsche kleinc Antikcn
für Se. kgl. Hoheit zu erwcrben. Jch benutzte auch
unsere zu Phigalia gcmachte Entdeckung als eine Ge-
legenheit, Sr. tgl. Hoheit Wünschen, so viel an mir
war, nachkommcn zu können; in dem Entschlusse, für
mcincn Antheil daran, Berzicht zn thun, wcnn cs Sr.
kgl. Hvhcit gcfallen würdc, -daran Thcil zu nchmen.
Jch darf es, da Wahrheit diese Schilderung stem-
peln soll, nicht bergen, baß ich mich bei biescm Beneh-
men von Eigcnnutz nicht ganz freisprechen kann; jedoch
war dicser Eigcnnntz nicht von nicdriger Art, indcm ich
nichts suchte, als das mir von dem Prinzen ge-
schenkte Verlrauen zu befestigen, wclches mich eine gün-