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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Die kaiserliche Kupferstichsammlung und die Hofbibliothek in Wien
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Die kmserliche Kupserstichsammlung uud die Hofbibliolhek iu Wieiu

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dtb Art der inncrcn Organisation, dercn prak-
'lche Durchfnhrung nun inimer näher riickt, in dcn
^eisen der Fachwelt unmittelbarc Theilnahinc zu findeu.

Diescm Jntcresse cntgegenkonnnend, hielt unlängst
Herx Dircktor E. von Sacken einen Vortrag im Altcr-
ichiiiisverein, der sich in anschaulicher Klarheit über die
^fligc Aufstcllung der Sainmlungcn erging, die seincm
"ssort anvertraut sind odcr eingereiht werden: nämlich
^ Münz- und Antikenkabinets, der Anibraser Sauim-
^g, der Hofwaffensaimnlung u. s. w.

Die Darstellung des Herrn v. Sacken giebt uns
luaß, xsne in seincm Vortrage nicht berührte, uns ain
^rzen liegendc Angelegcnhcit zur Erörterung zu bringen:
^ Projektirte öicuaufstcllung der kaiserlichen Kupfcr-
mchsannnlung. Diese soll, wie vcrlautct, aus ihrer
^herigcn Vercinigung mit der Hofbibliothck heraus-
^rennt und in das kunsthistorische Museum übertragen
^rden. Die Fragen, wclche hierbei vor Allem in Be-
^cht gezogen wcrden müssen, sind folgcnde:

1) ob die Trcnnung des gegenwärtigen Zusammen-
MNges — dcr Kupfcrstichsainmlnng mit der Bibliothck
""" der erstcrn zum Vortheile gercichcn, und

2) ob sie sich in logischer Weise in däs wissenschaft-
"che System der neuen Muscen einrcihen lasscn wird.

Als der auf diese Ucbertragung hinzielcnde Be-
w)luß gefaßt wurde, ging man offenbar von dem Ge-
^ukei, aus, in den ncuen Musccn Allcs zu vereinigen,

sich unter dcm Schlagworte „Kunst" znsammcn-
ls>ssen läßl. Tachte man dabei an den Kunstbcsitz der
'^vfbibliothck, so hätte man konsequenter Weise gleich
aniit beginnen müssen, auf die Miniaturen in den
i^iidschriften Rücksicht zu nehmen; denn dic Hand-
'chdifteEalereien sind ja die wichtigsten und oft die
^"Zigen Denkmale der zeichncnden Kunst aus verschie-
nach Jahrhundertcn zählenden Epochen des
^iktelalters. Daß man abcr die Mannskripte nicht
airs dxx Bibliothek entferncn kann, ist klar, .— cs wird
^iso pjx Darstellung der Kunstentwickclung im neuen
-auseum schon immer diese eine große Lücke unaus-
tüllbar aufweisen.

Nun die Kupferstiche und Holzschnitte. Diese sind
^llerdings als Einzelbätter in Bänden und Mappcn
^fbewahrt und scheinbar lcicht zu separiren. Aber,

hier treffcy wir auf die crste zu überwindende
^chwierigkeit: wer vcrmag die richtige Grcnze zu zichcn
^tschen dcm, was sciner Natur nach zur Kupferstich-
mNimlung, und dem, was zur Bibliothek gehört, und
wird diese gezogen werdeu? Das Kriterium des
"^inzelblattes" ist ja blos ein äußerliches, willkürlichcs
Nnd durchaus nicht überall stichhaltiges; das Gebiet dcr
^phischen Künste greift ja überall in den Buchdruck und
'n die Buchausstattung Lber! Einige konkrcte Beispiele
ll'erden gcnügen, dies klar zu lcgcn.

Nehmen wir gleich die „älteste Zeit". Da sind
die xylographischen Bücher, wie die Litüin pnupsrum,
die Apokalypse, der Hcilspiegcl rc., in gleicher Weise
wichtige Denkmale der Holzschneide- wie der Buchdruckcr-
lünst; die Bibliothek kaun sie nicht entbehren als Do-
kumente Vor-Gutenbergischen Druckes, als Jnkunabeln
und als Theile der Volksliteratur des 15. Jahrhunderts,
andrerseits ist eine Kupferstichsammlung ohne Repräsen-
tation der genannten Erzeugnisse des frühesten Holz-
schnittes in eincr der bedeutendstcn Partien unvollständig
und mangelhaft zum Studium wie zur Belchrung.
Wollte man etwa, ein Salomonisches Urtheil fällend,
eincn Theil der xylographischcn Bücher der Bibliothek,
einen Thcil der Knpferstichsammlung belasscn, so würde
man beide geschädigt uud doch keine, jeder dicser so
großartigen Anstalten würdige, Vollständigkeit erzielt
haben. Ferner: die so unübertreffliche Sammlung von
Einzel- und Flugblättern dcs 15. Jahrhunderts in der
Hofbibliothek hat ihre nothwendige Ergänzung in den
Jllustrationen und Holzschnitten der gleichzeitigen Büchcr,
und nur die unmittelbare Vergleichung mit diesen kann
dem Forscher Aufkläruug über ihr kunstgeschichtliches
Verhältniß geben. Doch die Ergänzung, welche die
Bücher zu den Blättern der Kupferstichsammlung ge-
währen, bleibt nicht auf diesen Zeitraum beschränkt.
Das Werk des Dürer ist ganz und gar unvollständig,
wenn ich nicht die illustrirten Bücher des Conrad
Celtes, die Hroswitha von 1501, die Relcvativnes der
h. Brigitta, ja Dürcr's eigcne gcdruckte Schriftcn, seinc
Meß- und Befestigungskunst, scine Proportionslehre in
allen verschiedenen Ausgaben zur Hand habe. Wieder
dieselbe Frage, die wir schon oben gestellt haben, wo
wird Alles das blciben? Wciter: es gicbt cine ganze
Reihe von Meistern, die sehr wenig gearbeitet haben,
was in ven Mappcn der Kiipferstichsaiumlung bcwahrt
werden kann, die aber doch von der allergrößten Be-
deutung für die Kunstgeschichte sind; ich nenne nur:
die Holbein, Burgkmair, Schäuffelein, ferner Jost Am-
man, Solis, Stimmer, Christof von Sichem und Andere
mehr, Künstler, deren Werke vorwiegend als Jllustra-
tionen von Büchern vorhanden, und nur als solche an
ihrem richtigen Platze sind.

Das, was vom italienischen und französischen Holz-
schnitt namentlich des 15. Iahrhunderts cxistirt, ist
beinahe ausschlicßlich in den Literaliirwerken jener Zeiten
und Läuder zu finden; diese Schulen werden also in
der nen aufgestcllten Sammlung der Museen so gut
wie ganz fehlen müssen. Die eben angedeuteten Ver-
hättnisse wiederholen sich aber iimncr fort. Die Kupfer-
und großen Jllustrationswerke des 17. und 18. Iahr-
hunderts, jene Feste, Aufzüge, Porträtsammlnngen und
Weltbcschreibungen, endlich die Galeriewerke, wohin will
man die perweisen? Der Bibliothek gehören sie unbe-
 
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