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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Allmers, Hermann: Rottmann's Arkadenfresken in Farbendruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0202

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Rottmann's Arkadenfresken in Farbendruck.

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^Neuter Frische und Schönheit entgegen; nicht länger
sie preisgcgeben nächtlicher Frevelthat, svndern,
^bald cs dunkclt, senkcn sich schützend und bergend die
^sernen Hüllen vor alle Bilder, um sie ani andern
^e'rgen wiederum erstrahlen zu lassen in unberührter
Herrlichkeit, und endlich — nicht bedarf es mehr einer
^lse nach München, um sich an diesen klassischen Werken
^ erbauen, sondern in wahrhaft vollendeter Wiedergabe
^^)en ihre Abbilder hinfort in alle Welt nnd erzählen
^eu Bölkern von der Kunst nnd Größe des deutschen
^eisters.

Die Bruckmann'sche Verlagshandlung hat sich durch
^'e gelungene Bervielsältigung der Rottmann'schen Ar-
^denfresken um dic Kunst cin Verdienst erworben, das
nicht hoch genug angeschlagcn werdcn kann und — wir
haben cs in dicser Zeitschrift ja schon zu Oefterem aus-
^sprochen — keine andere Technik war im Stande, so
^'treu die Erscheinung und Wirkung dieser Bilder wieder-
^tzeben als der Farbendruck, wie er sich in dieser Be-
^Mdlung darstellt, ja man möchte behaupten, abgesehen
don pxr Größc der Originale ist auch nicht das Ge-
'-'Ugste daran zu vermissen.

Bis jetzt liegen uns sechs Blätter vor, die noch
vor dem Ende des letzten Jahres erschienen und
^"t Ausnahmc des ersten, welchcs in großartiger Linien-
^vlken-und Schattenwirkung Tivoli vorführt, sämmt-
in den Süden Hcsperiens uns versetzen. Das
itveite Bild ist Terracina, die Pforte von Unter-
^alien, wo die echte Natur nnd Pflanzenwelt des
llvfern Südcns bcginnl. Bckanntlich ist dics Bild etwas
^lt in der Farbe gehalten, trefslich ist jedock der Cha-
^kter der schwülen Lnft und des staubigen Erdrcichs
^iedergcgeben. Jn wahrhaft entzückender Schönhcit er-
kchvint dann das dritte Bild Taormina, über dessen
^tckiiumern von antiken Theatern in stiller Majestät
blaue Meer und der in tiefernsten Wolkenschatten
^uheude Aetna herüberschauen, so daß nur sein schim-
'Uvriides Schneehaupt unbeschattet zum reinen Himmel
uufragt. Nicht minder schön erscheint sodann Reggio mit
lvirier edlen Baumgruppe am kleinen Teich des Vorder-
^'undes, seinem mittelalterlichen Kastell, einem mächtigen
3iUiidbau der Normannen, und seiner blauen Meerenge,
Uuihaucht von den warmen Tönen der Abendsonne, die
^üben hinter der Bergkette Siciliens zur Neige geht.
^uturgi-inäß schließt sich hieran die Gegend der Schlla
^ud Charybdis, das Mcercsbilv mit dem sinkenden
^chiff uud der Felscnküstc im Hintergrunde, welche gerade
°'ue heranziehende dunkle Wetterwolke einhüllen will, ein
^chd, welches, ncbenbei gesagt, uns von jeher weniger ange-
^Sen hm. Ein Mecres- und Küstenbild von hvher Be-
^utung dagegen ist das letzte: die Cyklopenfelsen,
uuf deni das lebendige Wcchselspiel der tiefenWolkenschatten
uud hEm Schlaglichter mit dem wundervollen Azur

der Fluth und den warmen Tönen der hell beleuchteten
Felsen eine wahrhaft großartige Wirkung übt, die nur
etwas durch die barocke Form deö Hauptfelsens bcein-
trächtigt wird. Wie bei andern Einzelheiten, mußte
indcß der Meister vielleicht auch hier einer Laune scineS
königlichen Auftraggebers nachgeben.

Doch hier haben wir es ja nicht mit den Kom-
positionen Rottmann's zu thun, sondern in erster Linie
mit deren Wiedergabe, und dabei ist, namentlich deni
Laien und überhaupt Jedem gegenüber, welcher die Origi-
nale selbst nicht kennt, vor Allem ein Gesichtspunkt her-
vorzuheben, auf den für die richtige Würdigung dieser
Farbendrucke Alles ankoinmt. Man muß nämlich stets im
Auge behalten, was diese Nachbildungen eigentlich anstreben.

Zu den hervorragendsten Erscheinungen auf dem
Gebiete landschaftlicher Farbendrucke in Deutschland ge-
hört in letzter Zeit bekanntlich die Bervielfältigung
der Hildebrandt'schen und Werner'schcn Aquarelle. Hiclte
nian damit die vorliegenden zusammen, so würden ste
an Brillanz und Schärfe jenen offenbar nachstehen müssen.
Namentlich sind sie weit entfernt, es mit vem bis an die
höchste Grenze des Erlaubten hinaufgeschrobenen Hilde-
brandt'schen Virtuosenthum in naturalistischen Kunststückcn
aufnehmen zu wollen, und nur zu leicht könnte der
kunstliebende Laie in Versuchung kommen, ihre beschei-
denere Weise und ruhigeren Farbentöne auf Kostcn jener
herabsetzen zu wollen. Und so ist Solchen denn immer
und iinmer wieder einzuprägen, daß die Bruckmann'schen
Farbendrucke auch keine saftigen Oelbilder oder bestechend
virtuosen Aquarellstücke oder gar Lie reine Natur selbst
nachahmen wollen, sondern vor Allem sich bestreben, aus's
Genaueste den Charakter des ruhigen Freskobildes und
darnach besonders wieder die einfach breite Behandlung,
die würdige und echt monumentalc Auffassung und endlich
den wahrhaft großartig historischen Stil des Meisters
wiederzugeben.

Jn diesen Vorzügen aber beruht eben der Haupt-
werth und die hohe Bedeutung dieser ausgezeichneten
Blätter, und warmer anerkennender Dank gebührt der
Verlagshandlung des Herrn Bruckmann in München,
sowie der Farbendruck-Anstalt des Herrn Steinbvck in
Berlin, welche sie in solcher Vollendung herstellten und
zuni Gemeingute von Tausenden machten.

Und so empfehlen wir dringend noch einmal jedcm
Freunde wahrer Kunst, jeder Akademie, jedcr Zeichen-
schule und endlich Jedem, dem Jtaliens Schönheitswelt
je das Herz aufgehen machte, den Genuß dieser unver-
gleichlichen Blätter sich zu verschaffen, denn, um mit
den Worten unseres ersten Artikels darüber auch den
letzten zu schließen: dem Landschafter sind sie ewig muster-
giltige Vorbilder, eine wahre Grammatik der Kunst,
dem nach Ztalien Strebenden öffnen sie den Bjck gerade
für das, worauf es beim Genießen jener Natur an-
 
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