Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

DOI Artikel:
Verschiedenes und Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0218

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
425

Nekrolog.

426

beide Gefühle leiteten seinen Pinsel und ließen diesen
^under wirken. Boulanger ist es, der für die Nach-
^klt die Züge derjenigen bewahrt hat, deren Werke die
ä'erden der modernen französischen Literatur bilden.

nwderne Holzschnitt und Stahlstich nahm sich keine
undern Muster als die Porträts Boulanger's. Die
^lancholischen Züge Musset's, das Ncgergesicht A.
^uinas', die olympische Stirne Hngo's, der Denkerkopf
^rine's und die Rabelais-Figur Balzac's, die an dcr
^pitze der tausendfach vervielfältigten Ausgaben ihrer
^erke prangen, verdankcn den ihrcn Physiognomicn
^fgedrückten Charakter dem Aiiffassungstalentc Bou-
langer's. Man denkt sich die Obengenannten nicht an-
^ers als in dieser von vem romantischen Porträtmaler
gewahlien Form und Einkleidnng. Lcbt z. B. Balzac
uuders fort als in dem klassischen, einer Mönchskutte
^ulichen, weißen Schlafrock, den ihm Boulanger anzog?
^ie nämliche Tüchtigkeit, wie in der Nachbildung des
^eiischlichen Gesichtes, legte Boulanger in der Auffassnng
'bealer Gestalten an den Tag. Er verdient hier A.
^chefser, dem französischen Schöpfer Gretchens, an die
^eite gestelll zu werden. Da wurde z. B. eine „potüts
versteigert und sonderbar genug um ein Spott-
geld erstanden. Es ist unmöglich, den Roman George
^and's und speziell den Charakter der ländlichen Heldin
meisterhaften Erzählung mit mehr Wahrheit und
^aetischem Gefühle in einem Kniestück zusammenzu-
iassen. Man liest danach den Roman Sand's mit
^whr Verständniß. Und diese „pstits kuästts" ist
^Ur ein Specimen der Leistungen Boulanger's auf diesem
^rbiete. Neben den Radirungen und Oelgemäldm ver-
steigerie man, wie gesagt, auch eine Anzahl Federzeich-
"ungen, welche darthun sollen, daß, wenn auch die ro-
'Uantische Furia dem Koloristcn den Vortritt licß, er
^shalb nicht zcichnen zu lerncn vergessen hatte.

Paul d'Abrcst.

Nekrolog

rt. J„ Arthur vo» Rnmbcrg hat die dcutsche Ma-
»rei einen ihrer begabtesten und liebenswürdigsten Ver-
^eter, dw Münchener Schule einen ihrer tüchtigsten
"hrer verloren. Am 1. Februar hatte der Künstler
^ch seine Familie in Gesellschaft begleitet und sich
°uri» mit der ihm eigenthümlichen Mischung von Heiter-
und Noblesse bewegt, und am 5. Nachts wenige
Minuten nach elf Uhr war er bereits hinübergegangen,
auch nur einen Augenblick die Gefahr geahnt zu
Mben, in der er schwebtc. Sein nur ein paar Jahre
^ies Töchterchen, an dem er mit rührender Zärtlichkeit
chug, übertrug, an Scharlach und Diphteritis leidend,
^u tödtlichen Krankheitsstoff auf den Vater.

Arthur Georg Freiherr von Ramberg
^r am 4. September l819 unter den Tuchlauben in
S>en geboren. Sein Vater war der frühere preußische
^wutenant und nachmalige k. k. österreichische Feldmar-
ichall-Lieutenant Georg Heinrich Ramberg, wegen seiner

vielfachen Verdienste um den Kaiserstaat auf dem Schlacht-
felde, in den Salons der Diplomatie und im Gebiete
der Wissenschaft iu den Freiherrnstand erhoben, ein
ebenso tapferer wie unterrichteter und vielseitig gebil-
deter Soldat; seine Mutter eine Baronin von Seidewitz,
gcistvoll, hocharistokratisch und vou festem, um nicht zu
sagen starren Charakter. Unter der Aufsicht so hervor-
ragender Eltern erhielt Arthur eine glänzende, aber
nicht eben tief gehende Erziehung. Der Vater wollte
ihn zum Soldaten, die Mutter zum Diplomaten machcn.
Llach beiden Richtungen hin niußten ihm seine einneh-
mende Persönlichkeit, seine geistige wie körperliche Be-
weglichkeit, seine Gabe rascher Aufsassung und fciner
Beobachtung trefflich zu statten kvmmen, Eigenschaften,
die um so mehr zur Entwickelung gediehen, als sein
Vater, bald in Deutschland, bald in Jtalien, bald in
Böhmen, Ungarn und Siebenbürgen verwendet, sich
allerortcn in dcn ersten Kreisen bewegte und dem Sohne
jeder Tag neue Eindrücke brachte.

Arthur hatte als Knabe einige Zeit bei seiuem
Großoheim, dem namentlich durch seine Zeichnungen
für die damals beliebten Taschenbücher weitbekaunten
hannovcranischcn Hofmalcr Iohann Heinrich Namberg
in Hannover gelebt und von ihm Zeichcnuuterricht
erhalten. Seither zeichnete Arthur viel und gewandt,
und als er 1840 die Prager Universität bezog, um
dort die philosophischen Studien zu absolviren, besuchte
er nebenbei die dortigc Kunstakadcmie und erklärte
schließlich mit aller Energie, er wollc Künstler werdeu.
Man schickte ihn auf cin Jahr auf Reisen; da solltc
er die Marotte vergessen. Aber er vergaß sie nicht,
entwich vielmehr nach seiner Rückkehr nach Prag mit
erborgtem Reisegeld nach Dresden und ward dort erst
Schüler der Akademie und dann Julius Hübner's, wäh-
rend er in den bedeutenden Kreisen sich bewegte, in denen
ein Semper, Hähnel, Rietschel, Schnorr, Bendemann,
Rethcl, Richter, Schumann, Richard Wagner, Hiller,
Auerbach, Freitag, Gutzkow, Jul. Hammer, Eduard
und Emil Devrieut nnd ihre Schwägerin und so vielc
andere weit über das gcwvhnliche Maß hinausreichende
Menschen verkehrten. Wenn Ramberg in dem ge-
nialen Treiben jener Tage gleichwohl den Kvpf obenauf
behielt, hatte er das hauptsächlich Hähnel und Semper
zu danken. Durch HLHnel ward er auf Schwind hin-
gewiesen und nahm sich diesen, wie seine „Hochzeitfeier"
nach Goethe zeigte, zum Vorbild.

Ein Duell mit Uffo Horn brachte ihm sechs Monate
Festungshaft auf dem Königstein cin; doch fand cr dort
Muße, seinen „König Heinrich den Finkler im Kampfe
mit den Ungarn" für den Grafen Hohenthal zu voll-
enden. Jn der Dresdener Gesellschaft sammelte er so-
dann reichen Stoff zu Skizzen uud Sccnen aus dem
sozialcn Leben und legtc damit dcn erstcn Grund zu cincr
Richtung, die cr später mit soviel Glück und Geschick
pflegte. Die Jahre 1848 und 1849 verleideten ihm
den Aufenthalt in Dresden, und so ging er 1850 mil
scincr jungen Frau, cincr Tochter des bekannten Leipzigcr
Buchhändlers Fleischer, nach München, wo er sich an
Piloty, Schwind, Horschelt und Franz Adam anschloß
und, durch seine Verheiraihung überhaupt in ruhigere
Bahnen gelenkt, rasch eine Anzahl mcist humoristischer
Bilder, wie die „Dachauerinen am Sonntag", den „Blu-
meustrauß", den „Spaziergang mit dem Hofmeister",
das „Verstecken" rc. malte,
 
Annotationen