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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Der neue Katalog der Suermondt'schen Sammlung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0280

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549

Der nme Katalog der Suermoiidt'schen Sammlung.

550

einigen Jahren crklärte W. Bode, noch ehe er dies
^zeichnete Bild von Segers kannte, eine als Rembrandt
^ltende Landschaft in den Ufsizien für eine Arbeit des
^gers. Das war cine glückliche, durchaus treffende
^estimmung, zu welcher Bode durch das Studium von
^sien Radirungen und Schrotblättern gelangt war.
Eöenn man auch jetzt seine und Rembrandt's Radirungen

Maßstab der Beurtheilung an die beiden Gemälde
^ Berlin gelegt hätte, so wäre man wohl zu einem
^ndern Ergebniß gekommen. Das in Frage stehende
^ildchen stimmt vollständig mit radirten Flachlandschaften
^nRembrandt; eine svlche Zartheit und feine Mäßigung
Evinmt bei dem wirren, seltsamen, ob auch oft großartigen
^erkules Segers nicht vor. — Endlich wird die zweite,
insher dem Rembrandt zugeschriebene Landschaft mit
^uth und Boas angezwcifelt. Wahrscheinlich geht man
nnch hierin zü weit, selbst wenn die Bezeichnung des
^ildes, wie man glaubt, unächt sein sollte, und jeden-
ialls jst an jener Stelle des Katalogs, welche für Arent
^nn Geldcr als Urhcber eintritl, die Qualität ves
^ildes weit unterschätzt. Uebereilt erscheint uns die
^erwerfung von Ian Both's Urheberschaft bei einem
^nchst reizenden Bildchen sowie von derjenigen Brou-
^er's bei dem frühen Bauerntanz und der poetischen
^stondscheinlandschaft.

Noch in manchen anderen Fällen möchte ich den
-ätveifeln des ncuen Katalogs nicht beistimincn. Jch
^gnüge mich indeß mit Erwähnung einiger Bilder älterer
^kederländischer und deutscher Schnle, bei denen dies

Fall ist. Die Nachgiebigkeit einem von anderer
^eite einmal ausgesprochenen Zweifel gegenüber hat
^r Unterschätzung eines der herrlichsten Kleinode der
^ainnilnng geführt, der Madvnna in dcr gothischen
^si'che von Jan van Eyck. Auch bedeutenden Ken-
^ern und Spezialforschern können gelegentlich Zrrthümer
^gegncn; und so sind Crowe und Cavalcaselle
^enfalls von solchen nicht frei geblieben; diesem Bildchen
gegenüber kamen sie gar nicht recht in's Reine, der
glühende Lichtesfekt in der Kirchenhalle führte sie sogar
der Frage: „Jst das nicht etwa eine geschickte Kopie
^n einem Meistcr wie de Hooch?"*) Das giebt nun
Ztvar der Katalog nicht zu; das alte Rähmchen mit der
ulteri Schrift, gleichzeitig mit dem Bilde, würde allein
schon einer solchen Annahme widersprechen. Aber weßhalb
^ nachdem man eingesehen, daß jenes Urtheil ein ent-
schiedener Mißgriff war — nun bloß eine so schüchterne
^Mwendung: „Für eine gleichzeitige und zwar vortreff-
iiche Schularbeit würde das Bildchen jedoch jedcnfalls
g^kten müssen." — Schularbeit? Die Qualitätcn, die
^ns hixr entgcgentreten, hat nnr Jan van Ehck selbst.
'^iiie seiner Eigenschaftcn ist so wenig auf die Schüler

^) llis earl)- Msmisii ps-inters, 2. ock., S. lI5.

und Nachfolger übergegangen, wie sein Zauber in der
Luftperspektive. Die Madonna stimnit, was bei den
spätern Nachahmungen dieser Darstellung nicht der Fall
ist, auf das nächste mit derjenigen des Altärchens in der
Dresdener Galerie überein. Von diesem, sagt der
Katalog, werde das Suermondt'sche Bild „an Zeich-
nung, Perspektive nnd Leuchtkraft übertroffen." Äch
kann das nicht zugcben, nachdcm ich das Bildchcn im
Jahre 1871 unmittelbar neben dem Dresdener gesehen
habe. Das ist auch wohl nur eine Umschreibung der
Stelle bei Crowe und Cavalcaselle: „Es erinnert elwas
an die Madonna in Dresden, nur daß die Töne minder
silbern sind und das Jmpasto schwerer ist." Minder
silbern, gewiß; kein Silberton, sondern ein Goldton
herrscht hier, das brachte die gewählte Aufgabe mit sich,
dort Tagesbeleuchtung, hier glühendes Abendlicht, welches
durch die großen Kirchenfenster fällt. Leider sieht dies
Kleinod in Berlin nicht so gut aus wie früher und
weßhalb? Man hat hier wie bei den übrigen van Ehck,
Dürer und Holbein die schwarzen Rahmen mit einer
breiten, grellen Vergoldung, die der Wirkung Eintrag
thut, versehen*), und man hat zweitens das Glas ent-
fernt, das dies wie ein paar andere, besonders kostbare
Stücke schützte. Es ist nicht zu billigen, wenn man
die Gläser auf Gemälden gar zu häustg anwendet, wie
in der Dresdener Galerie, aber manchmal ist ein solcher
Schutz sehr angebracht. Auf diesem zarten Bildchen
sind jetzt starke Risse im Firniß, die früher nicht vor-
handen waren, zu bemerken.

Crowe und Cavalcaselle wollen auch ein anderes
Bild der Suermondt'schen Sammlung nicht als van
Eyck gelten lassen: die Madonna im Garten, welche sie
dem Petrus Cristus zuertheilen. Dieser Zweifel war,
wenn wir uns recht erinnern, auch in den vor Ankauf
der Sammlung erstatteten Bericht der Berliner Galerie-
direction (abgedruckt in der Vossischen Zeitung) überge-
gangen; man hat ihn jetzt glücklicherweise nicht aufrecht
erhalten; wie grundlos er war, läßt sich gerade in
Berlin konstatiren; man kann hier das Bild mit den
inncrn Flügeln des Genter Altars, mit denen es schla-
gend übereinstimmt, in der Landschaft namentlich mit
dem Flügel der Pilger vergleichen und zugleich mit
ächten Arbeiten von Peter Cristus, der sich dagegen als
ein weit tiefer stehender, schwerer, trockener Künstler zeigt.

Das Dürer-Porträt ist einfach verworfen.
Hätten die Verfasser des Katalogs es hinreichend studirt,
um zu diesem Resultat zu kommen, so hätte auch
ein Jrrthum nicht stattfinden dürfen, der sich bis in
den Text dcr zweiten Auflage fortgcpflanzt hat und crst
in einem Nachtrage zu dieser berichtigt wurde: das

*) Auch bei den zwei Brustbildern von Terborch sind die
dunklen Originalrahinen durch Goldrahmen ersetzt worden, nicht
zum Vortheil.
 
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