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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0346

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681 Kunstliteratur, ß82

^vuvre, denn sie heißt „Quintcn Matsys 1514", wie
dur nach gewissenhafter Autopsie konstatiren können, Die
Äahl Bier in der alten Form hat zu dem durch alle
Bücher und selbst im Katalog des Louvre verbrei-
teten Jrrthum Veranlassung gegeben, als heiße das
Datum 1518, Die Lucretia im Belvedere ;u Wien ist
uicht von Massys, sondern dem Meister des Todes
Diariä, Jan Joest, sehr nahe verwandt; das Bild bei
ber Wittwe des Barons James Rothschild in Paris
keine Lucretia und nichts weniger als eine Replik des
bvrigm Bildes, sondern eine Magdalena, und zwar
eines der vollendetsten und besterhaltenen Werke des
großen Antwerpener Meisters. Die frühere, weit be-
sangenere, aber gleichwohl für Massys schon sehr signi-
stkante Magdalena im Museum zu Antwerpen hätte
dicht übergangen werden dürfen.

Bei Lucas van Leyden sind diejenigen Gemälde,
bielche Waagen in seiner deutschcn Ausgabe v. I. 1862
dachtrug, unberücksichtigt geblieben, darunter namentlich
die interessante Verkündigung MariL auf der Rückseite
^es Münchener Bildes, was bei der Seltenheit der
Bilder dieses Meisters nicht erlaubt war. Bei dieser
Telegenheit sei erwähnt, daß dieser neidens-
bierthe Schatz der alten Pinakvthek den Augen
desPublikumsschonseitmehralseinemhalben
Äahre entzogen ist, cin Mißstand, der weder
^urch Restauration noch Regeneration ent-
schuldigt werden kann und fast zu der Befürch-
kung zwingt, das Bild sei unter den Händen
des Restaurators zu Grunde gegangen, was
üin so beklagenswerther wäre, als dasselbe
8ut erhalten war.

Um wieder zur Sache zu sprechen, so hätte bei
Trwähnuug der Schongauer-Literatur His-Heusler iu
^aumann's Archiv, Bd. 13, S. 129 nichl vcrgessen
bierden sollen, Ferner dürfte jetzt doch wohl als ziemlich
^usgemacht gelten, daß der Tod Mariä in der National-
Lalerie zu London, ein kleinliches Werk, nicht von Schon-
Aauer ist. Noch wcit wcnigcr an ihn erinnert aber der
Triumph David's in der alten Pinakothek, von dem der
^erfasser zwar erwähnt, daß er jetzt als Hans Schüh-
!ein gelte, den er aber leicht als „Meister der Samm-
lung Hirscher" hätte crkennen können,

Die Jnschrift vom Altar des Hans Schühlein zu
Tiefenbronn ist falsch und ungenügend angegeben, Auch
^iud von den neun Tafeln, aus denen seine Vorderseite
^steht, nur drei erwähnt, und doch ist das Werk auf-
lullend reich an Schönheiten und besonders dadurch in-
^ressant, daß in ihm die direkte Schulc dcs Roger van
^r Weyden sich deutlicher ausspricht, als in irgend
^Uem andern altdeutschen Bilde aus jener Zeit. Daß
weiteren in München dem Schühlein zugesprochenen

Werke von dem Meister der Sammlung Hirscher her-
rühren, ist anderwärts schon ausgesprochen worden.

Ueber Lücken und zweifelhafte Annahmen im Ber-
zeichniß der Gemälde Dürer's wollen wir mit dem Ver-
fasser nicht rechten; es würde zu weit führen, und wir
gehen gleich auf Hans von Kulmbach über. Da erwähnt
venu Waagcn selbst ein Altarwerk dicscs Künstlers im Stä-
del'schen Jnstitut zu Frankfurt, was Crowe hätte streichen
und wogegen er ihn hätte als Porträtmaler hervorheben
sollen. Bei Barthel Beham mußte nicht nur der grund-
legenden Arbeit Woltmann's in seinem Katalog der Ga-
lerie des Fürsteü von Fürstcnberg zu Donaueschingen,
sondern auch der darin beschriebenen kostbaren Gemälde
dieses Malers an eben jeuem Ortc gedachl werden, wo-
gegen der Sprung des M. Curtius, ein ganz rohes,
Beham's unwürdiges Machwerk wegfallen konnte. B.
Beham ist in vielen Beziehungen ein gar interessantcr
und wichtiger Künstler, der nicht so kurz abgethan werden
durfte. Zur Angabe des Todesjahres von Sebald Beham
citirt Crowe Neudörfser xu§. 40. Dort steht aber, daß
dieser Künstlcr A". 1550 den 22. Nov. und nicht gcgen
das Jahr 1550 verstorben sei. Auch ist er nicht ein
Neffe, sondern ein Bruder Barthel's. Vgl. auch zur
Würdigung der beiden Beham die kürzlich erschienene
Monographie A. Rosenberg's.

Das alte mangelhafte Verzeichniß der Gemälde
Altdorfer's hätte einer Ergänzung nothwendig be-
durft, und dieselbe wäre an der Hand des Meyer'schen
Künstlerlexikons nicht schwer gewcseu. Wem stnd z. B.
dic beidcn köstlichen Bilder im Besitze Friedrich Lipp-
mann's — Heil, Familie an einem Brunnen und Land-
schaft mit allegorischer Staffage — von der Wiener Aus-
stellung her nicht mehr in frischer Erinnerung? Und
doch sind sie und mehrere andere unberücksichtigt ge-
blieben, wogegen der Berfasser „bvvo otiuruvtvristio
punvls !>v Iiiin ill tlib Aullvr^ ok Vionna" erwähnt,
die nicht existiren.

Und nun zu einer Frage, deren Lösung noch immer
hartnäckig aus dem Wege gegangen wird, obgleich sie
in diesem Blatte schon im Herbst 1873 mit guten
Gründen versucht wurde. Es handelt sich um Mat-
thias Grirnewald, dem Woltmann sein Autorrecht
am Jsenheimer Altar zu Colmar zurückgegeben hat.
Baldung Grien ist dadurch ärmcr geworden, er ist
uicht mehr der deutsche Correggio; der frühere Grüne-
wald aber, jene dem Cranach verwandtc, aber höhere
Künstlernatur, ist zum„Pseudogrünewald" geworden,
eine Nothtaufe, mit der man sich wird begnügen müssen,
bis man seinen wahren Namen gefunden. Dem ächten
Grünewald gebührt fortan in der Geschichte der alt-
deutschen Kunst ein ganz eigenes, und zwar sehr in-
teressantes Kapitel. Baldung ist ihm zwar nächstver-
wandt, aber doch wieder, namentlich in kvloristischer
 
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