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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Holländische Kunstzustände, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0382

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X. Jahrftang.

Nr. 48.

öeiträge

sind anvr.(5. v.Lüt;ow
^Wien,Theresianunigasse
^ösod.andieVerlasiüli.
lLeipzig, Königsstr. 3),
zu richten.

10. Zeptrmlier

Inscratc

n. 25 Pf. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
und Kunsthandlung an-
genonnnen.

1875.

Bcililatt ziir Zcitschrist sür bildendr Knnst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Knnst" gralis; für sich allein bezogen
kostet der Zahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Holländische Kunstzustände. I. — Der Salon. VII. — Das deutsche Gewerbemusenm. — Nekrologe: K. A. Krüger; vr. Hermann Härtel. — Die
zweite Sakristei im Dome zu Schwerin. — Der Bau der Kunsthalle in Düsseldorf; Das Kuratorium der königl. Kunstakademie zu Düsseldorf;
Neuterdenkmal in Eisenach; Aus Paris. — Zeitschriften. — Jnserate.

Holländische KunllMstände.

i.

„Hollands Achillesferse" könnte man den Titel
eines Aufsatzes von Herrn Viktor de Stuers im „6ääs"
(1873, No. 11) übersetzen: „HoUnnä op 2/n sinnlst".
So nennt man nämlich den Landstrich zwischen Haarlem
und der Nordsee, eine Landeitge zwischen Nord- und
Süd-Holland, neuerdings durchstochen durch den riesigen
Nordseekanal, welcher hergestellt wurde, um Amsterdam
direkt mit dem Meer zu verbinden und somit einerseits
die unzuverlässige, an Sandbänken reiche Zuydersee und
»ndrerseits den zu langen und längst nicht mehr genü-
gcnden nordholländischcn Kanal umgehen zu können.
»Holtunä op sinulst", Hollands schwache Seite,
ist in anderem Sinne das Gebiet der bildenden Künste
und deren Pflcge.

Daß die Kunst in Holland in unseren Tagen ganz
darnieder liegt, im Gegensatz zu ihrer hohen Blüthe
)ur Zeit des Mittelalters und der Renaissance, ist be-
kannt und oft genug schon ausgesprochen worden; das
weiß man auch im Lande selbst.

Die Gründe des Verfalles der Künste in Ländern,
tvelche sich ehemals des Ruhmes crfreuten, auf diescn
Gebieten allen Völkern voran zu leuchten, können sehr
verschiedene sein. Ohne Zweifel können pvlitische Ber-
hältnisse, konfessionelle Parteikämpfe in einem Lande,
gewaltige Kriege mit ihren Konsequenzen, der Verarmung
des Volkes, die Kunst darnieder drücken; der Kultur-
historiker wird diesen Faktoren am liebsten die Umwand-
(ungen im Leben der Völker zuschreiben, das Versinken

von höchster Kulturstufe herab fast bis an die Grenzen
der Barbarei.

Die Geschichte liefert uns der Beispiele genug
dafür, daß es vor Allem die politischen Ereignisse sind,
welche die Umformungen der menschlichen Kultur be-
wirken. Anders wie der Gcschichtschreiber urtheilt der
Naturforscher über das Völkerlebcn. Jhm ist dasselbe
ein einfacher Naturprozeß; in einer nothwendigen De-
generation, einer Abnutzung aller geistigen und mv-
ralischen Kräfte eines Bolkes, in einem Verwesungs-
prozeß, analog dem Absterben des gealterten menschlichen
Körpers sindet er die einfache Erklärung für die merk-
würdige Erscheinung, daß die Kulturformen in der Welt
sich verdrängen, kräftige gesunde Völkerstämme, und seien
sie noch so barbarisch in ihren Sitten, die auf höchster
Stufe der Ausbildung stehenden, aber schon den Keim
des Verfalls in sich tragenden Nationen nach dem ein-
fachen Gesetze des Kampfes um's Dasein besiegen.
Manchem Darwinianer ist die Kunst an und für sich schon
fast ein Symptom der beginnenden Verweichlichung eines
Volkes; er beweist uns aus der alten wie modernen Ge-
schichte die Wahrheit dieses Satzes, er prophezeit den
romanischen Nationen, Franzosen wie Jtalienern, den un-
vermeidlichen Untergang im Kampfe mit den ihnen an
moralischer Kraft überlegenen germanischen Völkerschaften
und nimmt unter Umständen auch etwas deutsche Grob-
heit und Derbheit in Schutz gegen die, auch als
Symptom des Rückwärtsgehens aufzufassende, Liebens-
würdigkeit, Feinfühligkeit, Gefälligkeit des romanischen
Wesens. Und nach demselben Gesetz des Kampfes um's
Dasein läßt derDarwinianer invoraussehendem Scharfblick
später die germanischen Völkerstämme durch die Slaven
 
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