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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Holländische Kunstzustände, [1]
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Abrest, Paul d': Der Salon, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0384

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757

Der Salon.

758

von Bauwerken; die Staatsunterstützungen für Kunst-
zwecke; die moderne Architektur. Zum Schlusfe folgen
einige Vergleiche mit anderen Ländern und Vorschläge
Zur Besserung ber Verhältnisse.

Das Endergebniß der ganzen Untersuchung der
Kunstzustände ist das, daß vieles faul sei im Staate
Hvlland, und daß man energisch Hand anlegen müsse,
wolle man nicht in den tiefsten Sumpf der Barbarei
verfallen.

Dem Aufsatze folgten mehrere andere Essahs und
Broschüren desselben Verfassers, in welchen immer und
immer wieder das nämliche Thema besprochen wird:
Verwahrlosung der Kunst, Bernachlässigung der künst-
lerischen Ausbildung des Volkes. „Iterstur äeoooturu"
(Gids, 1874, No. I I), „Hut luouuruuut vuu Iluurleiu",
„vu ouxo" (s'Gravenhage 1875) sind die Titel dieser
Schriften, und wir fügen zur Orientirung. hinzu, daß
Herr de Stuers sich bald eines großen Erfolges seiner
Bemühungen zu erfreucn hatte.

Die Schäden dcr seitherigen Zustände waren zu
groß, sie waren mit zu schlagender Kraft in's grellste
Licht gesetzt worden, es deckte sie ein Mann auf, welcher
nicht nur in Holland als ein wahrer Kunstkenner be-
kannt ist, sondern auch in höheren Kreiscn Einfluß und
Geltung hat; die Vorschläge zur Besserung aller ge-
rügten Uebelstände waren zu einsichtsvoll und praktisch
gegeben, als daß die Regierung sich gleichgiltig gegen
dieses Wort zur rechten Zeit hätte verhalten können.

Der Borschlag des Herrn de Stuers, ähnlich wie
in Belgien eine Kommission zu ernennen, welche der
Regierung in allen Kunstangelegenheiten zur Seite steht,
fand Beifall, und es wurden durch königlichen Beschluß
vom 8. März 1874 die „Nijllsuävisoui's voor äo
Uonuinsllton vs.ll dsgoiiioäsllis sn Xunst" ernannt.

Wir in Deutschland dürften nicht nur ein Jnteresse
daran haben, diese neue Schöpfung unserer stammesver-
wandten Nachbarn näher kennen zu lernen, da wir ja
selbst hoffen, bald eine deutsche Reichskommission zur
Erforschung und Erhaltung unserer vaterländischen Kunst-
denkmäler zu besitzen, sondern auch ein Jnteresse daran,
die Lijllsuävissurs zu unterstützen: sind ja doch die
Beziehungen beider Länder im Mittelalter und zur Zeit
der Renaissance so enge gewesen, daß auch die deutsche
Kunstgeschichte durch die Thätigkeit der Nijllsuävissurs
um manchen wichtigen Beitrag erweitert werden wird
und umgekehrt; sind ja auch wir in der Lage, aus un-
sern reichen Kunstsammlungen unseren Nachbarn viele
werthvolle Mittheilungen zukommen lassen zu können!
Sei es mir daher vergönnt, die Kunstzustände in Hvl-
land nach den Schriften des Herrn de Stuers und die
Jnstitution der Lijllsuävissurs nach ihren seitherigen
Jahresberichten zu beleuchten.

Man wird, wie ich hoffe, diesen Mittheilungen

das Eine gütigst nachsehen, daß sie, die durch eine Zu-
sammenziehung des Änhalts von vier Broschüren ent-
standen sind, mehr oder weniger ans einer Zusammen-
stellung einzelner Sätze bestehen, welche, so gut es ging,
mit einander verbundcn wurden.

Der Salon.

VII.

Die Landschaftsmalerei wurde diesmal etwas
in den Hintergrund gedrängt, womit jedoch nicht gesagt
sein soll, daß dieser bei den modernen Franzosen so be-
liebte Kunstzweig im Rückgang begriffen wäre. Biel-
mehr ziehen die übrigen Zweige schon äußerlich durch
ihre imposantere Ausstattung und ihren Farbenglanz
die allgemeine Aufmerksamkeit lebhaftcr an, während die
Qualitäten der französischen Landschafterschule mchr
geistiger, poetischer Natur sind und weniger auf dic
große Masse als auf den Kenner wirken. Sie be-
schäftigt mehr das Gemüth als das Auge. Die Land-
schaftsmaler sind jetzt vorzugsweise die Dichter unter
den Malern, sie berühren die innersten Seiten des
Herzens, ohne beveutende technische Mittel aufzuwende».

Altmeister Corot hinterließ drei Bilder, die letztcn
Früchte seiner rührigen Thätigkeit. Sie beweisen, daß
der Meister sich bis zum Ende gleich geblieben, man
merkt keine Ermattung der Hand, viellcicht nur in
einem der Bilder konnte man einen leisen Abgang der
früheren Sicherheit bemerken. Jn der That kostete
dieses Bild — eine Allegorie — dem Maler über-
menschliche Anstrengungcn; ehe er dasselbe bis zur
Hälfte beendet hatte, packtc ihn die tödtliche Krankhcit.
Der arme Maler, der kein unterbrochenes Werk hinter-
lassen wollte, mußte sich von dem Lager zur Staffelei
schleppen und konnte nur in seinem glühenden Pflicht-
gefühle die Qualen vergessen, die dann allerdings, nach-
dem dic Aufregung vorüber war, sich mit doppelter
Gewalt geltend machten. Wie kräftig und frisch nehmen
sich aber „die Köhler" aus, wie harmoniren diese Na-
turmenschen prächtig mit der ländlichen Umgebung!
Die Herstellung dieser geistigen Harmonie von Land-
schaft und Staffage ist einer der bedeutendsten Vorzüge
von Corot's Kunst. Die Figuren sind bei ihm immer
ganz zu Hause in der Natur, in die er sic hineinstellt,
seien es nun tanzende Bacchantinnen im heiligen Hain
oder einfache Holzfäller im Walde von Fontainebleau.

Carl Daubigny wird mit Recht als einer der-
jenigen geschätzt, die am meisten Ansprüche auf die Erb-
schaft Corot's erheben dürfen. Er ist vorzugsweise
Marinemaler. Heuer bot er uns eine anmuthige Skizze
des Fischerlebens an der normannischen Küste: „Die
Austernlese." Er konnte schwerlich einen malerischeren
 
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