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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Das deutsche Gewerbemuseum (Auszug aus dem Jahresberichte für 1874), [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0391

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771

Das deutsche Gewerbemuseum.

772

Jm Jahr 1870 hat die Zunahme der Sammlung
des Museums 412 Stück betragen; im Jahr 1871 355
Stück.

Ebenso wie im Jahre 1869 setzen sich diese Zahlen
hauptsächlich aus Geschenken zusammen, welche durch
lebhafte Bemühuugen der Freunde des Museums erzielt
wurden. Die Ankäufe sind sehr spärlich.

Am bcmerkenswerthesten sind die von Herrn vr.
Jagor geschenkten Stücke nationaler Hausindustrie aus
der Türkei und den slavischen Ländern an der unteren
Donau, sowie der Anfang der Sammlung altpersischer
Fliesen.

Die königl. Staatsregierung hat während dieser
beiden Jahre die Sammlung vermehrt durch die Antaufe
aus einem Fonds von 500 Thlr., welche auf der kunst-
gewerblichen Ausstellung bei Eröffnung des österreichischen
Museums iu Wien und im Anschlusse an dieselbe ge-
macht wurdeu; ferner durch Ueberweisung von Ankäufen
auf der Ausstrllung zu Moskau 1871.

Außerdem hat die königl. Regierung auf der kera-
mischen Ausstellung zu London 130 Gegenstände, vor-
nehmlich englische Kunsttöpferei, angekauft, welche zunächst
der Minutoli-Sammlung übergeben wurden.

Jm Jahr 1872 steigt die Zunahme auf 777 Stück;
Ankäufe des Herrn Sußmann-Hellborn und des
Direklors Grunow in Süddeutschland bilden den Haupt-
bestandtheil.

Besonders vermehrt wurde die japanische Abthei-
luug durch Geschenke der Herren v. Brandt und Ge-
brüder Gärtner, sowie durch Tausch mit dem königl.
Museum.

Eine hervorrageude Bereicherung erhielten die Holz-
schnitzarbeiten durch die Schenkung von fünf Hauptstücken
der Sammlung von Peucker, welche Herr Eduard Ja-
gues für 4000 Thlr. erworben und dem Museuni als
Geschenk überwiesen hatte; daruntcr das Vordertheil
einer venetianischen Staatsgaleere und die Chorstühle
aus der Abtei Altenberg bei Köln. Ferner durch die
Schenkung der Bekrönung eines Chorstuhles aus der
Münsterkirche zu Herford und einer großen aus Holz
geschnitzten Füllung, italienische Arbeit des 16. Iahr-
hunderts, Geschenk des Herrn Adolf v. Liebermaun.

Die keramische Abtheilung erhielt als Geschenk
durch Herrn S. Goldschmidt eine Reihe persischer
Fayencen, welche durch mehrcre von Herrn Direktor
Siemeus>geschenkte Stücke ergänzt wurde, so daß der
Werth der Geschenke in diesem Jahre die Höhe von
5697 Thalern erreichte.

Seitens der königl. Staatsregierung wurden dem
Museum verschiedene von Geheimrath Prof. Reuleaux
in Jtalien gemachte Ankäufe an Mosaiken und Fahencen
überwiesen.

Än demselben Jahr wurde auf persönliche Veran-

lassung Sr. kais. und kön. Hoheit des Kronprinzen im
oberen Geschoß des königl. Zeughauses durch das deutsche
Gewerbemuseum die Ausstellung älterer kunstgewerblicher
Arbeiten aus Berlin und Umgegend veranstaltet.

Ein höchst bedeutsamer Schritt wurde dann gethan
durch die Vereinigung der dem königl. Handelsmini-
sterium verfügbaren Sammlungen, und zwar der sämmt-
lichen bisherigen Ankäufe sowohl wie der Miuutoli-
Sammlung, mit dem Bestande des deutschen Gewerbe-
museums. Die Minutoli-Sammlung hatte inzwischen
im Februar desselben Jahres einen sehr erheblichen Zu-
wachs erhalten durch den Ankäuf der Hanemann-Samm-
lung für 13,000 Thaler. Dieselbe enthielt vornehmlich
Steingutkrüge, doch auch Porzellan- und Zinnwaareii.

Die Minutoli- und Hanemann-Sammlung wurden
sofort verschmolzen und ergaben einen Bestand von 4185
Gegenständen und eine Doublettcnsammlung von ca.
2000 Nummern. Jn ersteren sind einbegriffen ca.
zwanzig Stücke altberliner Porzellans, welche gelegentlich
einer Dotirung des bayerischen Nationalmuseums aus
den Porzellanbeständen des königl. Schlosses, theils als
überzählige Stücke, theils im Austausch gegen Doubletten
der Minutoli-Sammlung überwiesen wurden.

Die so entstandene Minutoli-Hanemann-Sammlung
war vornehmlich reich an Werken der Kunsttöpferei;
Fayence, Steingut, Porzellan und Glas bilden fast fünf
Siebentel des Bestandes. Das Gebiet der deutschen
Keramik ist in einzelnen Theilen, besonders in Stein-
gutkrügen, Fayencen, böhmischem Glas bis zur Voll-
ständigkeit, in anderen, wie den altdeutscheu Kacheln
und im Porzellan, wenigstens durch sehr zahlreiche uud
glänzende Stücke vertreten. Ferner stammen die große
Zinnsammlung so wie viele der werthvollsten alten Nadel-
arbeiten, eine große Zahl der alten Schmuckgegenstände
und vie besten Arbeiten aus Schmiedeeiscn aus dieser
Sanunlung.

Das Jahr 1873 brachte .an Einzelerwerbungen
wiederum zahlreiche Geschenke uud Antäufe japanischen
Ursprungs durch die Herren v. Brandt und Gärtner,
darunter eine äußerst werthvolle Sammlung älterer ja-
panischer Seidenstosie von Herrn v. Branvl. Ferner
an Gcschenken: aus der W. Borchert-Stiftung die Nach-
bildung des Hildesheimer Silberfundes von Christofle;
die siebenbürgischen Bauerntrachten durch Herrn Carl
Schochterus in Hermannstadt, uuv von Herrn Ab
Castellani iu Rom eine Sammlung italienischer
Baucrntöpferci, so daß auch in diesem Jahre der Werth
der Geschenke ca. 2000 Thlr. betrug.

Eine gauz besondere Bedcutung crhielt aber Lieses
Äahr durch die Erwerbungen auf der Wiener Weltaus-
stellung, für welche die königl. Staatsregierung 22,700
Thlr. zur Bcrfügung gestellt hatte.

Das Jahr 1874 schließt sich in der Art der An-
 
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