Wo kauft man modernes Gerät?
Im Anschluß an die Ausstellung „Das zeitgemäße Ge-
brauchsgerät" in Berlin erhielt die Direktion das Schreiben
einer Frau, in dem es heißt: „Mit dem sehr praktisch über-
sichtlich angeordneten Katalog in der Hand ging ich auf
die Suche nach all den entzückenden Glassachen, von
denen ich mich in der Ausstellung gar nicht trennen konnte.
Bei Wertheim, Raddatz, in „allen einschlägigen Geschäf-
ten" türmten die Verkäufer Kristall, Bleikristall und Preß-
glas vor mir auf, nicht eine einzige schöne glatte Schale
oder ein ungeschliffener Teller waren darunter."
Auf einer Ausstellung im Kunstverein Hamburg wurde
kürzlich auch gutes, billiges, modernes Gebrauchsgerät ge-
zeigt. In einer Besprechung im „Hamburger Anzeiger"
heißt es: „Ich habe oft tagelang Forschungsexpeditionen
durch die Geschäfte und Warenhäuser Hamburgs unter-
nommen, um eine anständige Gebrauchstasse zu finden.
Hier hat man jetzt eine Stelle, die alles das vereinigt, was
man sonst nur nach langem Mühen aus dem Wust von
Massengeschmacksware herausfindet. Immer im zähen
Kampfe gegen geschulte Verkaufskräfte, die einem mit
Argumenten wie: „modern, apart usw." überfahren wol-
len, und so immer noch das Feld siegreich für die Blüm-
chentasse und Teller mit Zacken- und Perlrand behauptet
haben."
Das sind nur zwei Beispiele, die treffend die Lage der-
jenigen wiedergeben, die gern moderne einfache Dinge
kaufen möchten, aber nicht wissen, woher sie sie beziehen
können. Wir haben ja fast bei jeder Veröffentlichung
über modernes Gebrauchsgerät darauf hingewiesen, wie
wichtig es ist, daß die Kaufhäuser und Detailgeschäfte eine
kleine Abteilung einrichten, wo all die modernen und
wirklich guten Dinge zusammen stehen. In der letzten Zeit
sind an den verschiedensten Orten kleinere und größere
Ausstellungen von modernem Gebrauchsgerät gezeigt
worden. Und man darf hoffen, daß auch dadurch die
Kaufhäuser sich von der Notwendigkeit überzeugen
lassen, eine solche Abteilung einzurichten. Es ist daher
auch ganz falsch, wenn man darüber klagt, daß diese Aus-
stellungen überall wiederholt und nachgemacht werden.
Es können gar nicht genug solche Ausstellungen entstehen
und der Werkbund kann stolz darauf sein, daß damit
seine Ideen in die weitesten und breitesten Kreise ge-
tragen werden, zumal es sich um ein wirklich volkstümliches
Thema handelt. Und wenn die Ausstellung in Stuttgart, bei
der man einen sehr gründlichen Überblick über das, was
es wirklich gibt, erhalten wird, in jedem kleinsten Orte
nachgeahmt wird, so wird das ihr größter Erfolg sein. Und
wenn das Büchlein „Wie richte ich meine Wohnung ein?"
in allerlei Abwandlungen und ähnlichen Veröffentlichun-
gen auf dem Buchmarkt aufgetreten ist, so ist damit der
Idee gedient.
Wir haben schon anläßlich unserer Besprechung der
Berliner Ausstellung gesagt, daß verschiedene Waren-
häuser beabsichtigen, eine gute, moderne Abteilung von
Gebrauchsgerät einzurichten. Diesem Vorhaben wird dem-
nächst ein weiterer Auftakt gegeben werden, denn in der
Ausstellung „Sonne, Luft und Haus für Alle", die Pfingsten
in Berlin auf dem Messegelände eröffnet wird, wird in
einer Halle ein sogenannter Wochenendmarkt eingerichtet,
dessen Leitung Frau Anne Wertheimer inne hat. Ein
großes Berliner Warenhaus zeigt auf mehreren Ständen
Gegenstände, deren freie Auswahl der Ausstellungsleiterin
überlassen worden ist. So scheint es, als ob doch ganz all-
mählich die Forderung, die wir schon lange erhoben haben
und die sich auf der Einrichtung des „Deutschen Waren-
buchs" von 1916 und der im Zusammenhang damit einge-
richteten Verkaufsgesellschaft gründet, bei den Verkaufs-
institutionen durchsetzt, die für Verbreitung wirklich guter
Dinge maßgebend sind. Sicherlich helfen dabei auch die
Hausfrauen-Organisationen in starkem Maße mit, und die
Arbeit, die dabei Frau Dr. Erna Meyer geleistet hat, hat ein
großes anteiliges Verdienst. Aber es ist notwendig, noch
mehr sich dafür einzusetzen, daß diese Dinge überall ge-
kauft werden können, denn wenn sie zu sehen sind, wer-
den sie von selbst die Geschmacklosigkeiten und die
Scheußlichkeiten verdrängen und so dem Verkäufer immer
mehr beweisen, wie wichtig es ist, daß man modernes
Gerät nicht einfach negiert. Verkäuferschulung und Käufer-
erziehung müssen immer weiter um sich greifen und schon
in der Schule beginnen und in den fachlichen Erziehungs-
anstalten ihre Fortsetzung finden, ohne daß dafür ein
neues Unterrichtsfach eingerichtet wird. Diese Erziehung
ist ja schließlich verbunden mit der Gesamterziehung über-
haupt, deren Sinn und Wert gerade in diesem Heft aus-
führlich behandelt wird. L.
Baupolitik und B a u w i rt s c h af t
Die Lage.
Dies ist die Zeit, in der die Bausaison beginnen sollte.
Es beginnt aber lediglich — eine Diskussion. Denn für
den Beginn einer baulichen Produktion fehlen fast alle
Anzeichen, ja fast alle Voraussetzungen. Noch Mitte
März waren etwa 90 % der Bauarbeiter erwerbslos. In
der zweiten Hälfte März nahm die Zahl der arbeitslosen
Fach- und Hilfsarbeiter zwar etwas ab, sie wurden in ge-
ringem Umfang für Reparaturarbeiten und zur Fertig-
stellung von Herbstneubauten gebraucht, aber von neuen
Bauvorhaben war nichts zu hören. Die Sägewerke waren
saisonmäßig mit der Verarbeitung des Winterholzein-
schlags noch ein wenig beschäftigt. Ziegeleien, Zement-
fabriken, Bautischlereien trafen Vorbereitungen zur Wie-
deraufnahme der Produktion — aber all dies geschah in
so engem Rahmen, mit solcher Vorsicht, wie es eben an-
gesichts der Gesamtlage nicht anders sein kann. Nur die
Möbeltischlerei war vielfach besser beschäftigt, sei es aus
Anlaß des Umzugs, sei es auf der Basis einer gewissen In-
flationsangst. Die Eisen- und Stahlproduktion, bei der sich
nach allen Erfahrungen der Konjunkturwissenschaft die
Anzeichen einer kommenden Belebung zuerst bemerkbar
machen müßten, bewegt sich weiter auf absteigender
Linie.
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Im Anschluß an die Ausstellung „Das zeitgemäße Ge-
brauchsgerät" in Berlin erhielt die Direktion das Schreiben
einer Frau, in dem es heißt: „Mit dem sehr praktisch über-
sichtlich angeordneten Katalog in der Hand ging ich auf
die Suche nach all den entzückenden Glassachen, von
denen ich mich in der Ausstellung gar nicht trennen konnte.
Bei Wertheim, Raddatz, in „allen einschlägigen Geschäf-
ten" türmten die Verkäufer Kristall, Bleikristall und Preß-
glas vor mir auf, nicht eine einzige schöne glatte Schale
oder ein ungeschliffener Teller waren darunter."
Auf einer Ausstellung im Kunstverein Hamburg wurde
kürzlich auch gutes, billiges, modernes Gebrauchsgerät ge-
zeigt. In einer Besprechung im „Hamburger Anzeiger"
heißt es: „Ich habe oft tagelang Forschungsexpeditionen
durch die Geschäfte und Warenhäuser Hamburgs unter-
nommen, um eine anständige Gebrauchstasse zu finden.
Hier hat man jetzt eine Stelle, die alles das vereinigt, was
man sonst nur nach langem Mühen aus dem Wust von
Massengeschmacksware herausfindet. Immer im zähen
Kampfe gegen geschulte Verkaufskräfte, die einem mit
Argumenten wie: „modern, apart usw." überfahren wol-
len, und so immer noch das Feld siegreich für die Blüm-
chentasse und Teller mit Zacken- und Perlrand behauptet
haben."
Das sind nur zwei Beispiele, die treffend die Lage der-
jenigen wiedergeben, die gern moderne einfache Dinge
kaufen möchten, aber nicht wissen, woher sie sie beziehen
können. Wir haben ja fast bei jeder Veröffentlichung
über modernes Gebrauchsgerät darauf hingewiesen, wie
wichtig es ist, daß die Kaufhäuser und Detailgeschäfte eine
kleine Abteilung einrichten, wo all die modernen und
wirklich guten Dinge zusammen stehen. In der letzten Zeit
sind an den verschiedensten Orten kleinere und größere
Ausstellungen von modernem Gebrauchsgerät gezeigt
worden. Und man darf hoffen, daß auch dadurch die
Kaufhäuser sich von der Notwendigkeit überzeugen
lassen, eine solche Abteilung einzurichten. Es ist daher
auch ganz falsch, wenn man darüber klagt, daß diese Aus-
stellungen überall wiederholt und nachgemacht werden.
Es können gar nicht genug solche Ausstellungen entstehen
und der Werkbund kann stolz darauf sein, daß damit
seine Ideen in die weitesten und breitesten Kreise ge-
tragen werden, zumal es sich um ein wirklich volkstümliches
Thema handelt. Und wenn die Ausstellung in Stuttgart, bei
der man einen sehr gründlichen Überblick über das, was
es wirklich gibt, erhalten wird, in jedem kleinsten Orte
nachgeahmt wird, so wird das ihr größter Erfolg sein. Und
wenn das Büchlein „Wie richte ich meine Wohnung ein?"
in allerlei Abwandlungen und ähnlichen Veröffentlichun-
gen auf dem Buchmarkt aufgetreten ist, so ist damit der
Idee gedient.
Wir haben schon anläßlich unserer Besprechung der
Berliner Ausstellung gesagt, daß verschiedene Waren-
häuser beabsichtigen, eine gute, moderne Abteilung von
Gebrauchsgerät einzurichten. Diesem Vorhaben wird dem-
nächst ein weiterer Auftakt gegeben werden, denn in der
Ausstellung „Sonne, Luft und Haus für Alle", die Pfingsten
in Berlin auf dem Messegelände eröffnet wird, wird in
einer Halle ein sogenannter Wochenendmarkt eingerichtet,
dessen Leitung Frau Anne Wertheimer inne hat. Ein
großes Berliner Warenhaus zeigt auf mehreren Ständen
Gegenstände, deren freie Auswahl der Ausstellungsleiterin
überlassen worden ist. So scheint es, als ob doch ganz all-
mählich die Forderung, die wir schon lange erhoben haben
und die sich auf der Einrichtung des „Deutschen Waren-
buchs" von 1916 und der im Zusammenhang damit einge-
richteten Verkaufsgesellschaft gründet, bei den Verkaufs-
institutionen durchsetzt, die für Verbreitung wirklich guter
Dinge maßgebend sind. Sicherlich helfen dabei auch die
Hausfrauen-Organisationen in starkem Maße mit, und die
Arbeit, die dabei Frau Dr. Erna Meyer geleistet hat, hat ein
großes anteiliges Verdienst. Aber es ist notwendig, noch
mehr sich dafür einzusetzen, daß diese Dinge überall ge-
kauft werden können, denn wenn sie zu sehen sind, wer-
den sie von selbst die Geschmacklosigkeiten und die
Scheußlichkeiten verdrängen und so dem Verkäufer immer
mehr beweisen, wie wichtig es ist, daß man modernes
Gerät nicht einfach negiert. Verkäuferschulung und Käufer-
erziehung müssen immer weiter um sich greifen und schon
in der Schule beginnen und in den fachlichen Erziehungs-
anstalten ihre Fortsetzung finden, ohne daß dafür ein
neues Unterrichtsfach eingerichtet wird. Diese Erziehung
ist ja schließlich verbunden mit der Gesamterziehung über-
haupt, deren Sinn und Wert gerade in diesem Heft aus-
führlich behandelt wird. L.
Baupolitik und B a u w i rt s c h af t
Die Lage.
Dies ist die Zeit, in der die Bausaison beginnen sollte.
Es beginnt aber lediglich — eine Diskussion. Denn für
den Beginn einer baulichen Produktion fehlen fast alle
Anzeichen, ja fast alle Voraussetzungen. Noch Mitte
März waren etwa 90 % der Bauarbeiter erwerbslos. In
der zweiten Hälfte März nahm die Zahl der arbeitslosen
Fach- und Hilfsarbeiter zwar etwas ab, sie wurden in ge-
ringem Umfang für Reparaturarbeiten und zur Fertig-
stellung von Herbstneubauten gebraucht, aber von neuen
Bauvorhaben war nichts zu hören. Die Sägewerke waren
saisonmäßig mit der Verarbeitung des Winterholzein-
schlags noch ein wenig beschäftigt. Ziegeleien, Zement-
fabriken, Bautischlereien trafen Vorbereitungen zur Wie-
deraufnahme der Produktion — aber all dies geschah in
so engem Rahmen, mit solcher Vorsicht, wie es eben an-
gesichts der Gesamtlage nicht anders sein kann. Nur die
Möbeltischlerei war vielfach besser beschäftigt, sei es aus
Anlaß des Umzugs, sei es auf der Basis einer gewissen In-
flationsangst. Die Eisen- und Stahlproduktion, bei der sich
nach allen Erfahrungen der Konjunkturwissenschaft die
Anzeichen einer kommenden Belebung zuerst bemerkbar
machen müßten, bewegt sich weiter auf absteigender
Linie.
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