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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 7.1932

DOI Artikel:
Häring, Hugo: Bemerkungen zur Werkbundausstellung Wien-Lainz 1932
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https://doi.org/10.11588/diglit.13707#0247

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Gartenseite der Häuser von Andre Lurijat, Paris, mit den Grundrissen

Photo: J. Scherb, Wien

nicht mehr mit dem substantiell Wichtigen verwechseln und
vermengen wollen. Das Ornament, und wäre es das
edelste, bedeutet für eine Kultur wenig oder gar nichts.
Wohl aber ist es wichtig, ob wir noch Stil machen oder
nicht, ob wir die reinen Formen der Gegenstände noch in
Zwangsformen hineinpressen oder nicht, ob wir eine ästhe-
tische Kultur auf dem Boden rein geistiger Konstruktionen
aufbauen oder ob wir in einer inneren und moralischen
Harmonie auch mit den Dingen unserer Umwelt leben
wollen, ob wir formen oder züchten. Nur was hierzu Stel-
lung nimmt, ist von Bedeutung, alles andere ist Neben-
sache. Bringen wir deshalb die Ornamente nicht gerade
da an, wo sie stören.

Was nun die Häuser selbst angeht, so haben diese ja
keine Ornamente mehr, trotzdem scheinen sie mir nicht so
modern zu sein, wie ihre Einrichtungen. Sie sind vielleicht
nur aus Berechnung ornamentlos, weil die Ornamente zu
schnell veralten und man sie nicht so oft wechseln kann
wie eine Krawatte. Das Alter der Häuser erkennt man an
ihrer Ornamentik, schlägt man diese ab, so sind manche
Häuser erstaunlich modern, und diejenigen, die von An-
fang an keine hatten, werden heute als die ältesten Doku-
mente in die Geschichte der neuen Baukunst eingereiht.
Die Häuser der Ausstellung sind gut und richtig und haben
eine beinahe abgeklärte Haltung — die Entwicklung von
Wagner über Josef Hoffmann und Loos ist fühlbar und in
der Tat eine Entwicklung —, aber die am Möbel gerühmte
Erfindungskraft weiß mit dem Haus noch nichts anzufan-
gen, ja es macht den Eindruck, als ob man mit dem Haus
überhaupt nichts mehr anfangen wolle. (Ich spreche nicht
von den Wohnformen, sondern nur von dem Künstleri-
schen.) Was man aber damit unter anderem anfangen
kann, zeigt in der Ausstellung Rietveld, der im Künstleri-
schen alle anderen weit hinter sich läßt.

Alles in allem, es ist eine neue Epoche fällig.

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