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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 7.1932

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Lotz, Wilhelm: Aus der Werkbund-Entwicklung: Arbeiten und Gedanken aus den ersten zwanzig Jahren
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https://doi.org/10.11588/diglit.13707#0353

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KUNST IN HÄNDWERK- INDUSTRIE
UND HÄNDELÄRCHnBCrUR

1913 F. H. Ehmcke, Plakat

Ausstellungen

Was sich vorführen läßt, gehört überwiegend dem
engeren Arbeitsgebiete an, das wir bislang Kunstgewerbe
zu nennen pflegten. Allein dieser Name deckt längst nicht
mehr den stetig erweiterten Umkreis der Probleme, die
das moderne Leben der gestaltenden Kunst stellt. Die
Möbel und Geräte sind unvollständig ohne die Räume,
die Räume ohne die Häuser, die Häuser ohne die Gärten
und die Siedlungspläne. Die Arbeit gilt nicht nur dem
Heim in Stadt und Land, sondern mit besonderem Nach-
druck auch den Ansprüchen der wirtschaftlichen und öffent-
lichen Mächte, der Industrie, des Handels, der Gemein-
schaften aller Art. Nachdem zuerst die techtonischen Auf-
gaben angepackt worden sind, werden neuerdings die
Flächenkünste in Formen und Farben eindringlicher ge-
pflegt. Der Krieg hat auch die bisher vernachlässigte Klei-
derkunst in den Vordergrund gerückt. Selbst die freien
Künste sehnen sich, in den Dienst des Baues und Raumes
zu treten und dort ihre alte Volkstümlichkeit wieder zu er-
obern. Die neue Werkkunst zielt auf das Ganze der künst-
lerischen Kultur.

1917 Peter Jessen Vorwort im Katalog der Ausstellung Winterthur

Der Beweggrund für diese Ausstellungen war nicht der
einer wirtschaftlichen Propaganda, sondern der Drang,
sich auch während des Krieges in gemeinsamer Arbeit zu
einer geschlossenen Kunstäußerung zusammenzufinden.
Es ist nur natürlich, daß der Deutsche Werkbund es vor-
zog, eine solche Kunstschau vor die Augen eines Publikums
zu stellen, das von den Erregungen und Mühen des Krie-
ges weniger in Anspruch genommen ist als die kriegfüh-
rende Nation selbst, und darum sich Sinn und Urteil in
Dingen der Kunst reiner und stärker bewahrt hat.

Die Absicht des Deutschen Werkbundes war es schon
in Basel, nicht eine Gewerbeschau zu veranstalten, sondern
nach Maßgabe der erwähnten vielfach begrenzten Mög-
lichkeiten dem Werkbundgedanken das gesamte Kunst-
schaffen in seinen vielfachen Ausdrucksformen mit Quali-
tät zu durchdringen, zu folgen und somit sowohl die ein-
fachsten Gegenstände, die tausendfach von der Maschine
erzeugt werden, wie die kostbaren Einzelobjekte der an-
gewandten Kunst zusammen mit den Werken der freien
Kunst zur Vorführung zu bringen.

Eine Ausstellung in Kriegszeiten kann keineswegs eine
Erfüllung bringen, kann kaum ein Versuch genannt wer-
den. Dennoch mag es ihr vergönnt sein, vielleicht Zu-
sammenhänge aufzuzeigen, Möglichkeiten anzudeuten,
Wege zu weisen zu einem neuen Ziel, das, wie wir hoffen,
die gemeinsame und freudige Arbeit langer Jahre eines
kommenden Friedens zuversichtlich erreichen wird.

1917 Peter Behrens Vorwort im Katalog der Ausstellung in Bern

Staat und Kommune

Die Forderung, die bei Beginn des Krieges die größten
Geschmacksverirrungen aus den öffentlichen Auslagen ver-
bannt wissen wollte, — Dinge, die infolge ihrer Bedeu-
tungslosigkeit und bloßen Tagesgeltung doch recht harm-
los zu nennen waren, — diese Forderung muß aufs Nach-
drücklichste wiederholt werden bei den soviel wichtigeren,
weil dauernden und vorbildlich wirkenden Geschmacks-
widrigkeiten offizieller Natur:

„Fort mit dem Schund aus allen amtlichen Dokumenten,
aus Münzen, Kassenscheinen und Wertpapieren des Reichs,
der Bundesstaaten und der Gemeinden!"

1918 F. H. Ehmcke Amtliche Graphik

Man muß sich beim Reich, in den Ländern, in den Ge-
meinden und in der breiten Öffentlichkeit darüber klar
sein, daß es sich bei der Frage der Förderung der Quali-
tätsarbeit nicht nur darum handelt, ob und in welcher Höhe
man Mittel zur Unterstützung der Künstler und einzelner
Gewerbekreise auswerfen kann. Es handelt sich um eine
Angelegenheit von viel größerer Bedeutung, die nicht ein-
zelne Personen oder Kreise angeht, sondern das Leben
der ganzen Nation. Nach den Zerstörungen des Krieges
und der Unterwerfung des deutschen Volkes unter das
Machtgebot der Siegerstaaten ist es die Voraussetzung
für ein neues lebensfähiges Staatsgebilde, daß ein ein-
heitlicher Formwille die ganze Nation beseelt und in allen
ihren Lebensäußerungen Gestalt gewinnt. Nur wenn die-
ser Formwille gepflegt wird, wenn er bei allem Tun und
Wirken des Einzelnen wie der Gesamtheit um Ausdruck
ringt, dann kann er stark genug werden, um Volk und
Reich als Ganzes zu formen. Was formlos ist, zerfällt und
vergeht; was sich in edler durchgeistigter Form über die
Materie erhebt, ist von Dauer. Das gilt für die einzelnen
Schöpfungen der Menschen wie für das große Werk eines
ganzen Volkes, den Staat.

1924 Günther von Pechmann Die Qualitätsarbeit

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