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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 7.1932

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Lotz, Wilhelm: Aus der Werkbund-Entwicklung: Arbeiten und Gedanken aus den ersten zwanzig Jahren
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https://doi.org/10.11588/diglit.13707#0376

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1917 Ludwig Gies Plaketten

Worauf ich aber den Nachdruck legen möchte, das ist
die Jugenderziehung im allgemeinen. Für unsere Ziele
werben, ist zwar unerläßlich. Die Mühe wäre uns aber
erspart, wenn wir ein erzogenes Volk wären. Heute ver-
läßt der Schüler die Schule durch und durch verbildet, an
Leib und Seele verkrüppelt. Wir müssen wollen, daß auch
sie, die Schule, auf Schönheit und Freude eingestellt ist.
Rhythmische Gymnastik und Handfertigkeit sollten in den
ersten sechs Schuljahren das Gerüst des Unterrichts bilden.
Und zwar Handfertigkeit und Handarbeit im Sinne der
Arbeitsgemeinschaft. Die Knaben mögen ihre Schulräume
ausstatten, Schulgärten anlegen oder auch Leistungen für
die Allgemeinheit übernehmen. Die Mädchen sollten, statt
mit Strümpfestricken der Maschine Konkurrenz zu machen,
Auge und Hand zugleich schulen, indem sie ihre Kleidung
selbst herstellen. Da jede Schule, wie ich annehme, künf-
tig auch Schulbühnen und Schulorchester einrichten wird,
so mögen sich beide, Knaben und Mädchen, vereinigen
zum Zimmern von Dekorationen und Schneidern von Ko-
stümen. So wird Herz und Sinn aufgeschlossen, Hand und
Urteil zugleich geschult. Die formalen Abstraktionen der
Wissenschaften sind durchaus Nebensache. Sie sollten aus
dem Stundenplan verschwinden. Und wenn der Schüler
beim Verlassen der Anstalt, statt sich unter die Weltweisen
zu rechnen, so weit ist, daß er sein Nichtwissen begreift,
so steht er gerade da, wo Sokrates stand, und wird für
die Tätigkeit der Volkshochschulen, die überall entstehen
wollen, nicht verdorben sein. Daß ein so erzogenes Ge-
schlecht einen Vernichtungsfeldzug gegen alle Greuel
dieser Zeit führen und alle guten Götter auf die ver-
waisten Throne zurückführen wird, davon dürfen wir über-
zeugt sein.

1919 Karl Ernst Osthaus Vortrag auf der Jahresversammlung in
Stuttgart

Ich möchte noch einmal zusammenfassen: Eine Schule,
die zur bildenden Kunst erziehen soll, muß mitten im
Leben stehen, nicht neben dem Leben; sie darf sich nicht,
hochmütig und ärmlich zugleich, absondern vom Tag und
seinen Bedürfnissen, sie muß alle künstlerischen Möglich-
keiten nebeneinander stehen lassen, sie darf keine bevor-
zugte, keine untergeordnete, keine „hohe" Kunst kennen
und keine geringere, sie darf nur hohe Leistungen und ge-
ringere Leistungen auf den verschiedenen Gebieten
kennen.

Verbannt werden muß von den Schulen — Schüler und
Lehrer gehören zu ihnen — der Geist eines bequemen
und allzu selbstbewußten „Künstlertums". Herrschen muß
ein Geist, der einen bürgerlichen Beruf, dessen Ange-
hörige sich Künstler nennen dürfen, nicht anerkennt; der
Beruf heißt Handwerk. Die Begnadeten unter diesen Hand-
werkern, die Handwerker von hoher Begabung und Kraft,
die großen Menschen unter ihnen, das sind unsere Künst-
ler, die wir dankbar verehren wollen.

1926 Richard Riemerschmid Wege und Irrwege unserer
Kunsterziehung

Jeder künstlerisch Begabte darf, wenn es sich um die
Ausbildung zum Künstler handelt, gleiches Recht bean-
spruchen. Heute, wo im Kampf ums Dasein überall die
Geistigkeit ausschlaggebend ist, muß es als höchster volks-
wirtschaftlicher Grundsatz betrachtet werden, alle dem
Volke von der Natur verliehenen Begabungen zu ent-
wickeln und zur letzten Entfaltung zu bringen. Das ist ein
einfaches Erfordernis der Ökonomie der Kräfte. Künst-
lerische Begabungen zu hemmen oder gar auszuschlie-
ßen, wäre Vergeudung geistiger Hilfsquellen.

1925 Hermann Muthesius Vortrag vor der Akademie des Bauwesens
in Berlin

1917 Fachschule für Korbflechterei Lichtenfels Körbchen

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