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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 127-151 Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0604

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das Baugen jedenfalls nicht auf unserer Seite.
Der Borredner steht, wie es scheint. mehr auf
schleSwig-holitein'schcm alS auf preußischcm Bo-
den. Wenn Sie den Brief des Erbprinzen auf-
merksam lesen, so werden Sie finden, daß keine
cinzige unscrer Bedingungen klar und bcstimmt
angenommen ist; überall sind kleine Bedin-
gnngen angeknüpst, und schließlich ist AlleS
vollenbs auch von der Zustimmung der Stande
abhängig gemacht. Geben die Stände ihre Zu-
stimmung nicht, so ist der Herzog natürlich an
nichtS gebunden und wir erhalten nichts. Dem
wollcn wir uns nicht aussctzen. Gehen die
Herzogthümer auf unsere Bedingungen cin,
so mögen sie und ihr Hcrzog im Ucbrigen
machen, waS sie wollen. (Die hierauf gefaßte
persönliche Erörterung zwischen dcm Abgeord-
neten Virchow und dem Ministerpräsidentcn
haben wir bcreits in Nr. 131 gebracht.)

Berlr'n, 6. Juni. Ueber die Monarchen-
Zusammenknnft in Karlsbad schreibt man der
W. Pr. aus KarlSbad: Die Ankunft des Kö-
nigs von Preußen ist auf den 18. Juni ange-
sagt; er kommt mit demselben Gefolge wie
alljährlich. Jn seiner Beglcitung befindet sich
auch Hr. v. Bismarck. Glcichzeitig werdcn an-
wcsend sein: der Herzog von Gramont und
Herr Scheel-Pleffen. Die Zusammenkunft mit
dem Kaiser von Oesterreich ist bestimmt, und
wurde bereits dcr Besitzerin des „goldenen
Schild," wo die Majestäteu im vergangenen
Jahre wohnten, Avis crtheilt. Graf Karolyi
wird gleichzeitig auS Berlin eintreffen, Graf
McnSdorff zur selben Zeit die Kur hier ge-
brauchen.

Berlin, 7. Juni. Dic Prinzessin Aleran-
drine, Tochter des Prinzen Albrecht, geboren
1. Fcbruar 1842, hat sich mit dem Herzoge
Wilhelm von Mccklenburg-Schwerin, geboren
5. MLrz 1827, verlobt.

Elberfeld, 6. Juni. Die „Elbcrf. Ztg."
schreibt: „Professor Virchow, der die Psingst-
tagc hier bci einem erkrankten Freunde zuge-
dracht hat, ist heutc Abend. von seinen parla-
mcntarischen Pflichten gerufen, nach Berlin
zurückgereist."

Peftd, 6. Juni. Die Rede des KaiserS,
die mit unbeschreiblichem EnthusiaSmuS aufge-
nommen wordcn, gilt als wichtigster Schritt
zur Dersöhnung uud Ausgleichung. Altcon-
servativc, Liberale und der größte Theil dcr
Anschlußpartci sind einig in Anerkcnnung der
Rechtsconlinuität. Zur Aufstellung bei dcm
Feste im Stadtwäldchen sind an der Einfahrt
uud Ausfahrt polizciliche Vorkchrungen getrof-
fen. Die Stimmuug ist vortrefflich.

K r a n k r e i ch.

Paris, 7. Juni. Der Kaiscr ist am 6. in
Bona angekommcn und wird auf den 10. in
PariS erwartet.

Z t a l i e n

Florenz, 4. Juni. Prinz Napoleon hat
an den König den Text seiner zu Ajaccio ge-
haltenen Rede sammt einem Schreibcn über-
sandt, worin die Stelle betont sein soll: „Jhre
Unterhandlungen mit Nom werden Zhnen Un-

lrhre" daran zu gläubcn vermöge. Seine Erklä-
rungen übrr diese Punkte sind sehr geistreick; ob
sie aber allgemein befriedigen werven, das ist na-
lürlich eine andere Frage; denn bei dogmatiscken
oder gar metaphysischen Dingen ist es sckwer, Ent-
scheioungen zu gebrn. Sie finv immer mehr oder
weniger V-rsucke. Hierin wird stets eine große
Versckiedenheit der Auffassung Platz greifen, und
es wäre nicht zu verwundern, wenn die seinige auch
nicht von allen Denjenigen getheilt würde, welche
mit dem Verfasser in den andern Fragen ganz
einig gehen. Um z. B. nur einige von den Wun-
dern Iesu zu erwähnen, so suckt der Verfasser die-
selben durck Umdeutung in einen geistigen Ge-
halt zu erklären; in dem sogenannten „Wunder"
drr Verwandlung deS Waffcrs in Wein sieht er
„dte Verwandlung des Wassers trivialer Hock-
zeitsgespräche in den edeln Wein geist-
sprühender Unterhaltung; in der wunder-
darenSpeisungSgeschichte cine„S ee lenspeisung";
in dem „Wunver" von der Stillung dcs Seesturms
die Beruhigung der Zweifelswogen und die
Stillung der Stürme der Leidensckaften. Drnnoch
soll nach ihm „darauS keineswegs folgen, daß das
Wuuder odrr was man als daS „U e b ern a tü r-
licke" bezeicknet, burck die geschichtlicke Betrachtung
ausgescklossen wird. Die Wundcr-Erklärung wtrd,
wie es scheint, nock lange die schwache Seite bcr
frcifinnigen Theologie bleiben. Konnte ja doch auch
ein Schleiermacher setne Verlegenheit hierüber

glück bringen." Auch über die Zukunst seines
Vetters, des Kaisers. äußerte sich der Prinz
in sehr düsteren Farben, wenn derselbe stch
nicht noch cntschließr, der Strömung der Gei-
ster, die nach Lösung von weltlichem wie geist-
itchem Druck lcchzen, bei Zeiten Rcchnung zu
tragen. Was ihn selbst betreffe, meint der Prinz,
so seien seine Grundsätze in ihm so fest ge-
wurzclt, daß er bereit sei, für dieselben jegliche
Versolgung zu erdulden. — Man lieöt jetzt
im Avvenire vvn Florenz: Am 27. v. Mts.
nahm zu Rom cin Wagen des päpstlichen
Hofes, von zwci Dragonern escortirt, am Bahn-
hof eine unbckannte Person in Empfang und
führte sie nach dem Patican. Diese Person
war der Nitter Arrigo. der dem Papstr ein
cigenhändiges Schrciben des KönigS von Jta-
lien überbrachte. Der König soll in dem Schrci-
ben um eine persönlichc Zusammenkunft nach-
suchen. Wenn der Papst hierauf eingeht, so
ist dies ein Zeichen, daß sich beide in der
Hauptsache verständigt haben.

Florenz, 7. Juni. Die „Nazione" erklärt das
Gerücht über einen bevorstehenden Minister-
wcchsel für falsch. — Dasselbe Blatt theilt No-
tizen über die Verhanvlungcn mit Rom mit.
Darnach würdc der Papst bie Bischöfe sür dic
erledigten Bisthümer ernennen, aber die Er-
nanntcil würdcn durch den König präsentirt.
Die Bischöse würden dcn König und das König-
reich Ztalien anerkennen. Der Papst würde in
die Aushebung einiger BiSthümer willigen. Die
italienische Regierung würde das Necht habcn,
die Rückkehr von Bischöfen zu verhindern, wenn
ste dieß im Jnteresse der öffentlichen Sicher-
heit für zweckmäßig hält. Dic „Nazione" glaubt,
daß die gegenseitigen Verpflichtungen mündlich,
ohne schriftliche Ucbercinkunft, cingegangen wur-
den. — Herr Vegezzi ist am 4. iu Nom ein-
getroffen.

E »i g l u n d

London, 1. Juni. Die Königin hat durch
cine bcsondcre Gesandtschaft dcm Großherzoge
von Hessen-Darmstadt die Jnsignien des Hosen-
band-Ordens übersandt.

(H r i e ch e n l a ii d.

Aus Corfu vom 1. d. wird berichtet, daß
auf den jonischcn Znscln die Wahlen ohue Stö-
rung von Statten gegangcn. Trotz der An-
strcngungen der Opposition sctzte die conserva-
tivc Partei die Wahl ihrcr meisten Candidaten
durch. Der Prinz Alfrcd vvn England ist in
Corsu angelangt.

A m e r i k a.

Aus Buenos-Ayres -vom 1. Mai wird
berichtet, daß am 30. April daselbst ein Kriegs-
rath gehalten wurde, um deu Feldzugöplan ge-
gen Paraguay aufzustellen; Brasilien war durch
den Viceadmiral Baron Tamandore, Befehls-
haber der Flotte, und den General Osorio,
Befehlshaber der Truppen, die argentinische
Rcpublik durch den Präsidenten General Mitre
uud die Republik Montcvideo durch den Prä-
sidenten General Florcs vertreten. Es sollten
sofort große Vorräthe von Kriegsmaterial in

ein sittlickc^Kern cntbalten ist (z. B. bei den Blin-

berickten, also nicht mel^r alS sittliche Handlungen
zu begreifen sind, da ist nack Sckletermacher „mög-
lickerweise" ber Thatbestand nickt mehr rein aus-
zumitteln, und auf bem Wege vou Hypvthesen das
Fehlcnde zu ergänzcn. Zu demselben Standpunkte
bekennt sick auch vi-. Sckrn kel, und bekam darüber

Christus deS Glaubens rc." barte Worte zu hören.
Hinsicktlich der Auferstehung Iesu verwahrt fich Kir-
ckcnrath S ck e^n k^e l aufs^Nackdrücklickste gegcn ^ den

dcn^ und daselbst fortlebcn; dessenungeacktet wi-
derstreite es weder der Vernunft, nock der Bibel,
„daß Lhristus auferstanden und in einer, jeder ge-

sckicktlicken Darstellung sick entziehenden überirdisch-

v erklärten Gestalt seinen Züngern rrschirnen sei."

Wir sehen aus Allrm diesem, daß die enragirten
Gegner Sckenkel's durckaus nlckt so viel Grund
batten, die Rechtgläubigkrit des Letztern so schr an-
zuzweiseln. Der Hauptuntersckied liegt nur darin,
daß er den Standpunkt der trabitionellen Kirchen-
I lehre verlaffen hat, aber dcnnoch die sämmtlicheu

Buenos-Ayres angesammell und der Feldzug in
der zweiten Hälslc des Monats Mai eröffnet
wcrden. Das franzöfische Kanonenboot „la
Dccidec" und zwei euglische Kanonenboote be-
gabcn sich nach Corrientes, um die Ereignisse
zu beobachten.

Newyork, 27. Mai. Das Parlament von
Connccticut hat dcn jenem Staate angehörigen
Negcrn das Stimmrecht verliehcn. Zwei Drittel
der Mitglieder stimmten für diesen Beschluß.
— Hr. Frederik Scward, der bei dem Mord-
anfalle vom 14. April verwundete Sohn des
StaatSsecretärs, hat einen Rückfall gehabt und
sein Zustand flößt Bedenkcn ein. — Dr. Black-
burn, der vor dem Polizeigerichte zu Toronto
(Canada) des Versuchcs, das gelbe Fieber nach
Newyork einzuschlcppen, angeklagt worden war,
soll vor die Assistn gestellt werden, ist aber
gcgen Hinterlegung ciner Bürgschaft von 8000
Dollars vorläufig in Freiheit gesetzt worden.

Ncwyork, 27. Mai. Commissäre des Ne-
bellengenerals Kirby Smith kamen am 23. Mai
in Baton-Nouge an. Harron ift in das Haupt-
quartier von Canby gegangen. Es wird ver-
sichert, die Bcdingungen der Uebergabe der
Armee Smith's seien bereits verabredet. Die
Zournale vou Philadelphia wiederholen, daß
Jefferson Davis an Ketten gelegt sei.

Netteste Nachrichten.

Berlin, 8. Juni. Die „Provinzialcorrespon-
denz" schreibt: Auch die preußische Negierung
wünscht die Entsernung des Herzogs v. Augu-
stenburg während der Berathuug der Stäude.
Sowcit ncben den von Däncmark abgetrctenen
Besitzrcchtcu alte Erbansprüche überhaupt be-
rücksichtigensiverlh scicn, ständen die oldcnbur-
gischen den augnstenburgischen voray.

Wien, 8. Zuni. Wegcn Zunahme der
Spannung zwischen den beiden Großmächten
ist die Zusammenkunft der Monarchcn in KarlS-
bad fraglich geworden.

Wren, 8. Juni. Der vom Finanzminister
in der heutigcn UnterhauSsitzunH eingebrachte
Gcsetzcseiitwurf in Betreff der Tilgung dcr
Bankschuld und der Bedeckung der Staatser-^
fordernisse für 1865 u. 1866 verlangt: 1) die
Ermächtigung, 11 Millionen im Creditwege
aufzunchmeu, uni dic im Februar 1865 an die
Bauk gezahlte Rate der Staatsgüterschuid zli
bedecken; 2) zur rcchtzeitigen und vollständigen
Tilgung der Bankschuld, im Fall die als Hypo-
thek dienenden Staatsgütcr nicht veräußerl wür-
den, einen Credit bis zu 45 Millionen; 3) zur
Deckung der Staatsbedürfnisse für 1865 und
1866, falls die hierzu bcstimmten Staatsdo-
mänen nicht peräußert würden, einen Credit
bis zu 18 Millionen; 4) zur Verminderung
der Partial-Hypothekaranweisungen einen Credit
von 16,860,000 fl.; 5) die Bestimmungen
wcgen Aufrechthaltung dcs Kassenbestandes mit
25 Mill. nnd der ausnahmsweisen Hinausgabe
vou 20 Millionen Hypothekaranweisungen wer-
den auf 1865 und 1866 ausgedehnt; 6) die
schleswig-holstcin'sche Kriegskostenentschädigung
wird mit 16,860,000 fl. zur Verminderung
der Hypothekaranweisungcn verwendet werdcn;

, Grunowahrhriten des evangeliscken GlaubenS in
! und an ter Person Iesu Cbristi ^ls dcs Wrlterlö-

> Es ist auck kein Zweifcl mehr, daß rs wenigcr der
j eigentliche Inhalt des „Cbarakterbkldes" war, als
! vielmehr der Umskand, daß sich der Verfasser, statt
! vorzugsweise an die Theologen sich zu wcnden, sick
! an alle Gebilbete in der Gemeinde gewendet hat,

! ber ihm bie Verurtheilung burck dic Protrstgrist--
! lichen zugezogen hat. Sei dem nun, wie ihm wolle,

! die Mitwelt weiß dem Versasser Dank, daß er diesen
! Schritt gethan hat, und die Nachwelt wird ihm,
wenn die jetzigcn Zettereignisse ein Stück der Ge-
^ schickte geworden sein werden, nock mehr Dank wiffen.

Für alle diejenigen, welcke sick für das „Charak-
terbild" interessiren, bildet v,-. Sche nkel'S neueste
! Schrift die nothwendige Ergänzung, indem hier
; Manches, was dort nur im geschicktlichen Rahmen
i kurz angegeben werden konnte, seine weirere dog-
matiscke Begründung und Ausführung findet.

So begrüßen wir freudig auch diese neuestc Sckrift
vr. Sckenkel's unb wünscken ihr eben so vtele
! eifrige Leser, wic dcssen „Charakterbild Iesu" ge-
! funden hat und immer nock stndet. Wir find ge-
! wiß, daß sie ihre Wirkung nickt verfehlen wird, als
! eine umsassende Sckutzsckrift für die pro-
! testantiscke Freiheit in ihrem Kampfe
! mit der kircklicken Reaction.
 
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