Mlage,;m Her-elbei-ger Zettung.
M 133 Sonntag, den 11. Juni 18«3
D e n t s ch l a » d.
Müiichcn, 2. Jmn. Abgeordiicteiikammir.
Zn der hcutigcn Sitzimg crfolgte Berathung
über den Antrag Kolbs, die fchleSwig-hvlstei-
nische Frage betreffend. Berichtcrstatter Prof.
Dr. Hofmann (Erlangen) begründet den
Ausschußantrag, indem cr betont, daß die deut-
schen Mittelstaaten, nachdem es ihnen oersagt
gewesen, für die Befreiung von den Dänen
Opfer zu bringen, und sie den Großstaaten
nicht wehren koimten die KriegSkoste» den Her-
zogthüinern aufzubnrden, wenigsteiiS in Tra-
gung derselben diese uiiterstützeii sollten, wozu
die Kammer gewiß ihre Zustiinmiiiig geben
werde. Dr. Jörg (HerauSgcber der historisch-
politischen Blätter) deantragt den Zusatz, die
Regierung zu bitten, die jchleswig-holsteinische
Angelegenheit in unmittelbare Berbiiidung mit
derLösung der deutschen Angelegenheit zu brin-
gen, zur Garantie der Sicherheit deS bahrischen
Staats. Zetzt, nachdem in den letzte» Zahren
der Bund jcin Ansehen gänzlich verlvren, nach-
dem Preußen zu einer wirklichen Großmacht
emporgewachsen, nachdem eS allen nbrigen
Staaten dcn Naug abgelaufen, sei eS doch end-
lich ein dringcndes Gebot, niit nuserer alt her-
g-brachteu Politik zu brecheu, init dieser rein
zuivartenden und negircude» Politik, mit der
wir auch beim französischen Haiidelsvertrag zu
spät gekommen. BayernS Regierung möge in
dieser Hinstcht die Zuitiative crgreifen; wenn
an die Lösuug der deutscheu Frage nicht rccht-
zcitig gcgangcii werde, so drohe die höchste Ge-
sahr, daß wir zulctzt — wir bcfiiiden uns jetzt
schon in einer allgemcinen politischen Auflvjung,
kciner vermöge sich mehr übcr dem Wasser zu
halten — in dic deutjche Ceulralrepublik ein-
münde». Brater: Zm Verlaufc von 1*/,
Zahren hat die Regierung sich nicht vcranlaßt
gesehen, die Kammern zu berufen, währeud dte
größte nationale Angelegenheit seit längercr Zcit
Deutschland in Anspruch geiiommeii hat. Diesc
Unterlassungssünde ist zu groß, als daß es
statthaft wäre, mit cincm flnchtigen Wort über
sie hinweg zu gehen. Die Regierniig muß
wiffen, daß die Kronrechte eng verknüpst sind
mit den cntsprechenden Pflichten. Sie hat
nus nicht beruscn, obwohl das ganze Land dar-
nach verlangt hat und vbwohl es sicherlich daS
Bedürfniß cines wahrhaft constitutioiiellen Mi-
nisters gewesen wäre, sich in cinem solchen
Angenblick der Zustimniung der Kammer zu
versichern. Wahrhaftig die Politik des abge-
tretcnen Ministers wac schwach genug nm ciner
Unterstützung zu bedürscn, oder niaii mußte,
wenn die Regicrung nicht mit der VolkSver-
tretnng übereiiistimmte, stch zuriickziehen und
andern Platz inachen. Man hat die Landeö-
vertretung nicht berusen, obwohl in diesc Zcit
ein Thronwechsel gefallen ist und obwohl eS
die Natur der Sache mit sich bringt, daß nach
einem svlchen die LandcSvertrctung in kurzer
Frist bernfen werde, nm dem »euen Landes-
herrn ihre GlückSwünsche und die Wünsche deS
LandeS darznbringen. Vom Jörg'jchen Znsatz-
antrag kanii ich keinen praktischen Erfolg er-
warten. Zch bewundere die sanguinische Hoff-
nung deS Abg. Zörg, der im Stande ift, An-
gesichts der Vorgänge von 1863, d-s jammer-
vollen ScheiternS der damaligen dcutschen Ne-
sormversuche, j-tzt zu ähnlichen N-formen auf-
zusordern. Was hat sich denn seither geändert?
Welche nenc Kräste, «elche neue Mcnschen sind
aufgetreten? Redncr empstehlt schließlich den
Ansschußantrag. Er legt zwar keinen großen
Werth auf den darin vorgeschlagenen Bcschluß,
aber dersclbe sci immer besser als nichts, und
so, daS müssen wir nns eben zngestehen, so
liegen die Dinge gegenwärtig in Deutschland,
daß eS stch sür unS immer nur darum han-
deln kann, dasjenige zu thun, was etwas besscr
ist als nichts.
L. Lerchenfeld giebt zn, daß in der schles- >
Ivig-Hvlstein'schen Frage die Zukunft Deutsch-
landS liege. Die Zukunft werd! zeigen, ob cin
Dentschland der Freiheit und dcS Rechts werde
bestehen könneii, oder ob wir ein Großprcußen
oder cin vergrvßerteS Oesterreich zu erwarten
haben. Deßungeachtet ist er gegen den Zörg'-
schen Antrag, weil die schlcSwig - holsteinijche
Angelegenheit für stch allein schon fäst unüber-
windliche Hindernisse biete. Er führt hierauf
die ränkcvvlle Politik der Großmächte vor Angen,
welche in der Londoner Confercnz den Prinzen
von Angnstenbnrg als den „bestbercchligten"
Erben crklärten nnd jetzt selbst ganz abson-
derlichc Erbansprüche erhöben. Dcr ganze Krieg
gegen Däncmark sei von den Großmächten nur
deßhalb begonnen worden, um dic in Berlin
herrschcnde Reaction in ganz Deutschland zu
verbreiten. Preußcn sei von Natur aus ein
absolutistischer, zum Annexiren angelegter Staat,
durch Prcnßen werde Deutschland nie znr Frei-
heit kommcn, daS sei geiv.iß, zu hoffcn aber
sei, daß daS Zeughaus der List und Gewalt
sich bald erschöpfe und schlicßlich daS Recht der
Hcrzogthümer doch bewahrt bleibe! Dr. Völk
erklärt im Namcn seiner Freunde, der Partei,
die nian die klcindeutsche zu nennen beliebe,
daß in der schl.-holst. Fragc zwischen ihnen
und der Majorität der Kainiiier volle Uebcr-
einstimiiiniig bestehe. Auch sie erkenncn in dem
Vvrgehen PrenßenS eine das Zntcresse Dentsch-
lands schädigende, verwerfliche Haltung, eine
einer jeden Rcgierung unwürdige Bexation,
auch sie wünschen die Selbstständigkeit der Her-
zogthümcr znnächst im Znteresse »on Gesammt-
Dcutschland i diescS Verlangcn nach Setbststän-
dlgkeit entspringe aus eincm zn achtende», pa-
triotischen ParliculariSmus. Es sci von Preu-
ßen cin srevclhafteS Spiel, wenn cs die Her-
zogthiimer durch alle möglichen Quälereien
mürbe zn machen gcdenke, wahrhaft empörend
aber sei eS, ivenn man, gestützt auf weiß Gott
welche altc Markgräsin, Erbansprnchc hcrauS-
dcduziren wolle; würde der bayer. Minister deS
AuSwärlizen irgend eincn Gymnasialprofessor
koinmandiren wolle», so würde ein solcher zwei-
selSohne viel bessere Erbansprüche für Bayern
herauszndokuinentiren in der Lage sein. Wvllte
man Deutjchland bismarckistren, jo würde er
eine solche Neuconstituirnng Dentschlands ver-
abschcuen, aber er glanbc, daß das preußischc
Volk schlicßlich doch noch zum Repräsentativ-
system kominen werde; geschähe diescS abcr
nicht, dann bleibe nichts AndcrcS übrig, als
Preußcn in seine Theile zu zerschlagen; die
Mittelstaaten freilich könntcn daS nicht thun,
man dürfc aber diese Arbeit ganz getrost dem
preußischen Volk selbst übcrlassen. Redner
giebt fchließlich einige Andeutungen kber die
polizcilichen Maßrcgeln, dnrch welchc man die
schl.-holst. Action III Bayern (Filialvereine deS
36-er-AusjchusseS) zu dämpfen gesucht habc,
nnd legt der Rcgiernng in ihrem cigenen Jn-
terefse a»s Herz, die Volkskraft in patriotjjcher
Weise möglichst zn entfesscln; nur gsstützt auf
dicsc Volkskraft werde die Regiernng dcr Ge-
walt, mag sie vom Osten oder vom Norden
koinmen, widerstehen könne», ohne diese Kraft
werden die Mittelstaaten von den beiden Mühl-
steinen Oesterreich und Prenßen schließlich zer-
malmt werden. Minister v. d. Pfordten
ersucht die Kamnier, sich, insofern die Discus-
sion auf answärtige Regierungcn stch bczieht,
ganz. objectiv, fern von allen snbjectiven An-
griffen z„ halte». Antragsteller Kslb: Daß
der Ziisland in ventschland ein kläglicher sei,
müsse zugegcben werdcn, ohne die Zerriffenheit
deS VaterlandkS wäre ja ein Rechtsbruch der
bciden Großmächte nach dcr fcierlichen Erklä-
rung bei der Londoner Conferenz gar nicht
möglich gewesen; ebenso aber könne anch nicht
gclängnet w-rden, daß cinc jetzige Lösnng der
d-utschen Frage ein Ding der Unmöglichkeit sei. ^
Es gebe freilich Leute, die Dentschland unter s
! Oesterreich u. Preußen theilen möchten, vor dcr
Politik der Mainlinic aber verwahrc er sich,
diesc begreife die Vernichtung dcr Freiheit in
sich; eine Nenconstituirung DeutschlandS ohne
Freiheit verabscheue er. N»r ein deutscheS
Parlament führe zum Ziel, der bestc Weg hie-
zu abcr sei die freiheitliche Entwicklung in den
Einzelstaaten, worunter die Einrichtung cineS
volkSthümlichen WehrwesenS. Bcrichterstatter
Hofsmann erklärt den Jörg'schen Antrag für
nicht durchführbar; eS sei nicht practisch, dem
König Ludwig II. zuzumuthen, daß cr das
deutsche BcrsasfungSwerk gegen zwei Großmächte
anfnehinen jollte, welchcs doch dem Kaiser Franz
Zoseph nicht einmal gegcn Eine gclungen ist;
möge die Kammcr den AuSschußantrag anneh-
nien, und damit aussprechen: ei» Volksstamm
ist keine Schafheerde, anf die man geradezu
Hand legen kann, und die man um Geld los-
giebt. Minister v. d. Pfordten: Die Regie-
rung habe die Kammer nicht einberufen , weil
ste stch forlwährend im Einklang mit den Wün-
fchen deS Landes zu befinden glaubtc; dieß zur
Abwehr gegen die besser unterbliebenen An-
griffe anf den früheren Minister. Gegen den
AuSschiiß-Antrag habe die Regierung nichts zu
erinnern, sie sei sich in dicser Frage seit 1846
in allen Wechselfällcn unverändcrt trcu ge-
bliebcn, ste wcrde es auch sür die Zukunft
bleiben. Gegen dcn Jörg'sche» Antrag müsfe
er sich crklären, nie sei dicse (die deutschc)
Frage schwierigcr zu löfen gcwesen als jetzt.
Bisher hätten alle Bestrebungen fehlgeschlagen,
Prcußen mit seinem Unions-, Oeftcrreich mit
jeiucin Reformvorschlag. Man sprcche vom
deutschcn Parlament: ja, hätten stch denn nicht
auch 1848 in Franksnrt die bckannten Gegen-
sätze gcosscnbart? Odcr seien dieselbcn Gegen-
fätzc viellcicht jetzt ausgesöhnt? Die Besorgniß
Zörg'S, Bayei'n möchtc neue Dcmüthigungen
erlciden, theile er nicht, Bayern sei allerdingS
in der Minorität, aber eö stehe ihm die Macht
dcS RechtS zur Seite, die werdc schlicßlich der
schlcSwig - holstcinischen Sache zum Sieg ver-
helsen; zweimal sei diese Macht schon dnrchge-
drungc», einmal auf der Londoner Confcrenz,
das zweitemal beim jüngsten Majoritätsbcschluß
am BundeStag. Hörc man erst die Stimme
der LandeSvertretung in SchleSwig-Hvlstein selbst,
diese LandcSvcrtrctnng werde, wenn daS Volk
wirklich so charaktcrsest sei, wie man eS mit
Nccht bezeichne, ihre Uebcrzeugung anSsxrcchen,
gleichgiltig, ob sie nun nach dem Wahlgesetz
von 1848 oder von 1864 zusammengcsetzt fei,
nnd man wcrde diesen festausgesprochcncn
Willen schließlich zu respectiren wiffcn.
Eisenach, 7. Zuni. Der deutsche Protc-
stantentag wnrbe heutc Morgen mit einem feier-
lichcn GotteSdienst in dcr Nicolaikirche cröffnet,
bei welchcm Generalsuperintendent Mayer auS
Coburg die Predigt hiclt. Aus den hierans svl-
genden Verhandlnngen theilen wir einstiveilen
mit, daß das von dem Ausschuß vorgclegte
neue Statut einstimmig angenommen wurde,
cbenso dic von Kirchcnrath Dr. Rothe ans
Heidclberg gestellten Thesen üb-r die Frage:
„Dnrch welche Mittel können die der Kirche
entsremdeten Glieder ihr wieder gewonncn wer-
dcn?" nnd cndlich die Thesen des Professor
Dr. v. Holzendorss auS Berlin übcr die ge-
mischten Ehen, letztere jedoch mit der Modifi-
cation, daß die Frage, ob obligatorische oder
facnltative Civilehe, zunächst der Berathung
des cngeren AusschusseS zn überweisen sei. Die
Zahl der Theilnehnier überstieg heute 400.
vermischtc Nachrichten.
Neuyork, 17. Mai. De>- Generalmajor Wilson
der tüchtige Neilcrofficier, welchcm die Gefangennahme
von Jefferson DaviS durch seiue lrefflichen Dispofiltonen
gelungen, ist erst 25 Jahre all. Er ist 1340 in JllinoiS
M 133 Sonntag, den 11. Juni 18«3
D e n t s ch l a » d.
Müiichcn, 2. Jmn. Abgeordiicteiikammir.
Zn der hcutigcn Sitzimg crfolgte Berathung
über den Antrag Kolbs, die fchleSwig-hvlstei-
nische Frage betreffend. Berichtcrstatter Prof.
Dr. Hofmann (Erlangen) begründet den
Ausschußantrag, indem cr betont, daß die deut-
schen Mittelstaaten, nachdem es ihnen oersagt
gewesen, für die Befreiung von den Dänen
Opfer zu bringen, und sie den Großstaaten
nicht wehren koimten die KriegSkoste» den Her-
zogthüinern aufzubnrden, wenigsteiiS in Tra-
gung derselben diese uiiterstützeii sollten, wozu
die Kammer gewiß ihre Zustiinmiiiig geben
werde. Dr. Jörg (HerauSgcber der historisch-
politischen Blätter) deantragt den Zusatz, die
Regierung zu bitten, die jchleswig-holsteinische
Angelegenheit in unmittelbare Berbiiidung mit
derLösung der deutschen Angelegenheit zu brin-
gen, zur Garantie der Sicherheit deS bahrischen
Staats. Zetzt, nachdem in den letzte» Zahren
der Bund jcin Ansehen gänzlich verlvren, nach-
dem Preußen zu einer wirklichen Großmacht
emporgewachsen, nachdem eS allen nbrigen
Staaten dcn Naug abgelaufen, sei eS doch end-
lich ein dringcndes Gebot, niit nuserer alt her-
g-brachteu Politik zu brecheu, init dieser rein
zuivartenden und negircude» Politik, mit der
wir auch beim französischen Haiidelsvertrag zu
spät gekommen. BayernS Regierung möge in
dieser Hinstcht die Zuitiative crgreifen; wenn
an die Lösuug der deutscheu Frage nicht rccht-
zcitig gcgangcii werde, so drohe die höchste Ge-
sahr, daß wir zulctzt — wir bcfiiiden uns jetzt
schon in einer allgemcinen politischen Auflvjung,
kciner vermöge sich mehr übcr dem Wasser zu
halten — in dic deutjche Ceulralrepublik ein-
münde». Brater: Zm Verlaufc von 1*/,
Zahren hat die Regierung sich nicht vcranlaßt
gesehen, die Kammern zu berufen, währeud dte
größte nationale Angelegenheit seit längercr Zcit
Deutschland in Anspruch geiiommeii hat. Diesc
Unterlassungssünde ist zu groß, als daß es
statthaft wäre, mit cincm flnchtigen Wort über
sie hinweg zu gehen. Die Regierniig muß
wiffen, daß die Kronrechte eng verknüpst sind
mit den cntsprechenden Pflichten. Sie hat
nus nicht beruscn, obwohl das ganze Land dar-
nach verlangt hat und vbwohl es sicherlich daS
Bedürfniß cines wahrhaft constitutioiiellen Mi-
nisters gewesen wäre, sich in cinem solchen
Angenblick der Zustimniung der Kammer zu
versichern. Wahrhaftig die Politik des abge-
tretcnen Ministers wac schwach genug nm ciner
Unterstützung zu bedürscn, oder niaii mußte,
wenn die Regicrung nicht mit der VolkSver-
tretnng übereiiistimmte, stch zuriickziehen und
andern Platz inachen. Man hat die Landeö-
vertretung nicht berusen, obwohl in diesc Zcit
ein Thronwechsel gefallen ist und obwohl eS
die Natur der Sache mit sich bringt, daß nach
einem svlchen die LandcSvertrctung in kurzer
Frist bernfen werde, nm dem »euen Landes-
herrn ihre GlückSwünsche und die Wünsche deS
LandeS darznbringen. Vom Jörg'jchen Znsatz-
antrag kanii ich keinen praktischen Erfolg er-
warten. Zch bewundere die sanguinische Hoff-
nung deS Abg. Zörg, der im Stande ift, An-
gesichts der Vorgänge von 1863, d-s jammer-
vollen ScheiternS der damaligen dcutschen Ne-
sormversuche, j-tzt zu ähnlichen N-formen auf-
zusordern. Was hat sich denn seither geändert?
Welche nenc Kräste, «elche neue Mcnschen sind
aufgetreten? Redncr empstehlt schließlich den
Ansschußantrag. Er legt zwar keinen großen
Werth auf den darin vorgeschlagenen Bcschluß,
aber dersclbe sci immer besser als nichts, und
so, daS müssen wir nns eben zngestehen, so
liegen die Dinge gegenwärtig in Deutschland,
daß eS stch sür unS immer nur darum han-
deln kann, dasjenige zu thun, was etwas besscr
ist als nichts.
L. Lerchenfeld giebt zn, daß in der schles- >
Ivig-Hvlstein'schen Frage die Zukunft Deutsch-
landS liege. Die Zukunft werd! zeigen, ob cin
Dentschland der Freiheit und dcS Rechts werde
bestehen könneii, oder ob wir ein Großprcußen
oder cin vergrvßerteS Oesterreich zu erwarten
haben. Deßungeachtet ist er gegen den Zörg'-
schen Antrag, weil die schlcSwig - holsteinijche
Angelegenheit für stch allein schon fäst unüber-
windliche Hindernisse biete. Er führt hierauf
die ränkcvvlle Politik der Großmächte vor Angen,
welche in der Londoner Confercnz den Prinzen
von Angnstenbnrg als den „bestbercchligten"
Erben crklärten nnd jetzt selbst ganz abson-
derlichc Erbansprüche erhöben. Dcr ganze Krieg
gegen Däncmark sei von den Großmächten nur
deßhalb begonnen worden, um dic in Berlin
herrschcnde Reaction in ganz Deutschland zu
verbreiten. Preußcn sei von Natur aus ein
absolutistischer, zum Annexiren angelegter Staat,
durch Prcnßen werde Deutschland nie znr Frei-
heit kommcn, daS sei geiv.iß, zu hoffcn aber
sei, daß daS Zeughaus der List und Gewalt
sich bald erschöpfe und schlicßlich daS Recht der
Hcrzogthümer doch bewahrt bleibe! Dr. Völk
erklärt im Namcn seiner Freunde, der Partei,
die nian die klcindeutsche zu nennen beliebe,
daß in der schl.-holst. Fragc zwischen ihnen
und der Majorität der Kainiiier volle Uebcr-
einstimiiiniig bestehe. Auch sie erkenncn in dem
Vvrgehen PrenßenS eine das Zntcresse Dentsch-
lands schädigende, verwerfliche Haltung, eine
einer jeden Rcgierung unwürdige Bexation,
auch sie wünschen die Selbstständigkeit der Her-
zogthümcr znnächst im Znteresse »on Gesammt-
Dcutschland i diescS Verlangcn nach Setbststän-
dlgkeit entspringe aus eincm zn achtende», pa-
triotischen ParliculariSmus. Es sci von Preu-
ßen cin srevclhafteS Spiel, wenn cs die Her-
zogthiimer durch alle möglichen Quälereien
mürbe zn machen gcdenke, wahrhaft empörend
aber sei eS, ivenn man, gestützt auf weiß Gott
welche altc Markgräsin, Erbansprnchc hcrauS-
dcduziren wolle; würde der bayer. Minister deS
AuSwärlizen irgend eincn Gymnasialprofessor
koinmandiren wolle», so würde ein solcher zwei-
selSohne viel bessere Erbansprüche für Bayern
herauszndokuinentiren in der Lage sein. Wvllte
man Deutjchland bismarckistren, jo würde er
eine solche Neuconstituirnng Dentschlands ver-
abschcuen, aber er glanbc, daß das preußischc
Volk schlicßlich doch noch zum Repräsentativ-
system kominen werde; geschähe diescS abcr
nicht, dann bleibe nichts AndcrcS übrig, als
Preußcn in seine Theile zu zerschlagen; die
Mittelstaaten freilich könntcn daS nicht thun,
man dürfc aber diese Arbeit ganz getrost dem
preußischen Volk selbst übcrlassen. Redner
giebt fchließlich einige Andeutungen kber die
polizcilichen Maßrcgeln, dnrch welchc man die
schl.-holst. Action III Bayern (Filialvereine deS
36-er-AusjchusseS) zu dämpfen gesucht habc,
nnd legt der Rcgiernng in ihrem cigenen Jn-
terefse a»s Herz, die Volkskraft in patriotjjcher
Weise möglichst zn entfesscln; nur gsstützt auf
dicsc Volkskraft werde die Regiernng dcr Ge-
walt, mag sie vom Osten oder vom Norden
koinmen, widerstehen könne», ohne diese Kraft
werden die Mittelstaaten von den beiden Mühl-
steinen Oesterreich und Prenßen schließlich zer-
malmt werden. Minister v. d. Pfordten
ersucht die Kamnier, sich, insofern die Discus-
sion auf answärtige Regierungcn stch bczieht,
ganz. objectiv, fern von allen snbjectiven An-
griffen z„ halte». Antragsteller Kslb: Daß
der Ziisland in ventschland ein kläglicher sei,
müsse zugegcben werdcn, ohne die Zerriffenheit
deS VaterlandkS wäre ja ein Rechtsbruch der
bciden Großmächte nach dcr fcierlichen Erklä-
rung bei der Londoner Conferenz gar nicht
möglich gewesen; ebenso aber könne anch nicht
gclängnet w-rden, daß cinc jetzige Lösnng der
d-utschen Frage ein Ding der Unmöglichkeit sei. ^
Es gebe freilich Leute, die Dentschland unter s
! Oesterreich u. Preußen theilen möchten, vor dcr
Politik der Mainlinic aber verwahrc er sich,
diesc begreife die Vernichtung dcr Freiheit in
sich; eine Nenconstituirung DeutschlandS ohne
Freiheit verabscheue er. N»r ein deutscheS
Parlament führe zum Ziel, der bestc Weg hie-
zu abcr sei die freiheitliche Entwicklung in den
Einzelstaaten, worunter die Einrichtung cineS
volkSthümlichen WehrwesenS. Bcrichterstatter
Hofsmann erklärt den Jörg'schen Antrag für
nicht durchführbar; eS sei nicht practisch, dem
König Ludwig II. zuzumuthen, daß cr das
deutsche BcrsasfungSwerk gegen zwei Großmächte
anfnehinen jollte, welchcs doch dem Kaiser Franz
Zoseph nicht einmal gegcn Eine gclungen ist;
möge die Kammcr den AuSschußantrag anneh-
nien, und damit aussprechen: ei» Volksstamm
ist keine Schafheerde, anf die man geradezu
Hand legen kann, und die man um Geld los-
giebt. Minister v. d. Pfordten: Die Regie-
rung habe die Kammer nicht einberufen , weil
ste stch forlwährend im Einklang mit den Wün-
fchen deS Landes zu befinden glaubtc; dieß zur
Abwehr gegen die besser unterbliebenen An-
griffe anf den früheren Minister. Gegen den
AuSschiiß-Antrag habe die Regierung nichts zu
erinnern, sie sei sich in dicser Frage seit 1846
in allen Wechselfällcn unverändcrt trcu ge-
bliebcn, ste wcrde es auch sür die Zukunft
bleiben. Gegen dcn Jörg'sche» Antrag müsfe
er sich crklären, nie sei dicse (die deutschc)
Frage schwierigcr zu löfen gcwesen als jetzt.
Bisher hätten alle Bestrebungen fehlgeschlagen,
Prcußen mit seinem Unions-, Oeftcrreich mit
jeiucin Reformvorschlag. Man sprcche vom
deutschcn Parlament: ja, hätten stch denn nicht
auch 1848 in Franksnrt die bckannten Gegen-
sätze gcosscnbart? Odcr seien dieselbcn Gegen-
fätzc viellcicht jetzt ausgesöhnt? Die Besorgniß
Zörg'S, Bayei'n möchtc neue Dcmüthigungen
erlciden, theile er nicht, Bayern sei allerdingS
in der Minorität, aber eö stehe ihm die Macht
dcS RechtS zur Seite, die werdc schlicßlich der
schlcSwig - holstcinischen Sache zum Sieg ver-
helsen; zweimal sei diese Macht schon dnrchge-
drungc», einmal auf der Londoner Confcrenz,
das zweitemal beim jüngsten Majoritätsbcschluß
am BundeStag. Hörc man erst die Stimme
der LandeSvertretung in SchleSwig-Hvlstein selbst,
diese LandcSvcrtrctnng werde, wenn daS Volk
wirklich so charaktcrsest sei, wie man eS mit
Nccht bezeichne, ihre Uebcrzeugung anSsxrcchen,
gleichgiltig, ob sie nun nach dem Wahlgesetz
von 1848 oder von 1864 zusammengcsetzt fei,
nnd man wcrde diesen festausgesprochcncn
Willen schließlich zu respectiren wiffcn.
Eisenach, 7. Zuni. Der deutsche Protc-
stantentag wnrbe heutc Morgen mit einem feier-
lichcn GotteSdienst in dcr Nicolaikirche cröffnet,
bei welchcm Generalsuperintendent Mayer auS
Coburg die Predigt hiclt. Aus den hierans svl-
genden Verhandlnngen theilen wir einstiveilen
mit, daß das von dem Ausschuß vorgclegte
neue Statut einstimmig angenommen wurde,
cbenso dic von Kirchcnrath Dr. Rothe ans
Heidclberg gestellten Thesen üb-r die Frage:
„Dnrch welche Mittel können die der Kirche
entsremdeten Glieder ihr wieder gewonncn wer-
dcn?" nnd cndlich die Thesen des Professor
Dr. v. Holzendorss auS Berlin übcr die ge-
mischten Ehen, letztere jedoch mit der Modifi-
cation, daß die Frage, ob obligatorische oder
facnltative Civilehe, zunächst der Berathung
des cngeren AusschusseS zn überweisen sei. Die
Zahl der Theilnehnier überstieg heute 400.
vermischtc Nachrichten.
Neuyork, 17. Mai. De>- Generalmajor Wilson
der tüchtige Neilcrofficier, welchcm die Gefangennahme
von Jefferson DaviS durch seiue lrefflichen Dispofiltonen
gelungen, ist erst 25 Jahre all. Er ist 1340 in JllinoiS