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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 2
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Berliner Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0100

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PAUL GAUGUIN, BLUMENSTRAUSS. 1902

ausgestellt in der galerie thannhauser, berlin. mit erlaubnis der

Vollkommenheiten, von denen man den Begriff schöner
Malerei ableiten könnte. Mit der größten Einfachheit und
doch mit größtem Reichtum ist eine Zuständlichkeit ge-
geben, in der alles Leben enthalten ist. Der Betrachter
verliebt sich, weil der Maler verliebt war. Geist und Sinn-
lichkeit sind in der ungezwungensten Weise eines geworden.

Matisse und Derain haben einmal wettend versucht, ob
man ein Bild ganz in Blau malen könne. Der alte Renoir
scheint mit sich selbst gewettet zu haben, daß sich Bilder
rot in rot malen lassen. Wie glänzend der Maler die Wette
gewonnen hat, beweisen die Bilder, die im Katalog die Num-
mern 47, 49, 50, 54 und 56 tragen. Immer kommt einem das
Leben in dieser bestrickenden Malerei sanft und nachdrücklich

nahe; man greift Vergeistigtes mit allen Sinnen. Land-
schaftsskizzen, die mit einem Nichts gemacht sind,
geben Kunde von einer tiefen künstlerischen Weis-
heit, die sich als Spiel offenbart.

Die ausgestellten Zeichnungen sind in einigen
Fällen so gut wie bester Watteau. Rühmender kann
man von moderner Kunst nicht leicht sprechen.

Die Kunstkammer (Martin Wasservogel): Ost-
preußische Maler.

Da wir aus dieser guten Ausstellung einiges ab-
bilden möchten, damit aber in Raum- und Zeitnot ge-
raten, muß der Bericht bis zum nächsten Heft ver-
schoben werden.

Hermann Gerson: Seltene antike Möbel.
Im wesentlichen handelt es sich um französische
Rokokomöbel. Daneben sind auch einige italienische
und deutsche Arbeiten früherer und späterer Zeit aus-
gestellt. Fast alle Möbel sind von einer Qualität, wie
man sie selten findet. Viele Stücke sind signiert: I.I.B.
Tilliard, F. Meunier, I. B. Fromageau, I. II. Riesener,
L. Moreau, A. Weisweiler usw. Die Sammlung umfaßt
65 Gegenstände. Kunstgewerbe dieser Art nimmt den
Wettbewerb mit der großen Kunst auf; jedes Stück ist
eine persönliche Schöpfung und erzeugt jenen schönen
besonnenen Rausch, der sich bei der Betrachtung von
Meisterwerken einstellt.

Galerie Weber: Deutsche und französische Aqua-
relle und Pastelle.

Eine gepflegte kleine Ausstellung, in der besonders
französische Aquarelle, zum Teil seltener Art, erfreuen.
Ein schönes Blatt von Jongkind bilden wir ab.

Galerie Neumann-Nierendorif: Xaver Fuhr.
Der junge Mannheimer interessiert durch eine
originelle Fähigkeit, ein Ganzes mehr zu empfin-
den als zu sehen und bildmäßig zu gestalten. Mit
. d. a. sparsam verwendeten Farben wirkt er oft schla-
gend. Doch ist auch viel Doktrinarismus im Spiel,
er hat den Hang, alles zu geometrisieren und zu skelet-
tieren. Seine Bilder wirken dadurch und durch die auf
Abstraktion deutende Verwendung von viel Schwarz stark
graphisch, obwohl echte malerische Elemente vorhanden sind.
Ein merkwürdiges Nebeneinander von Erlebnis und Künst-
lichkeit.

Staatliche Kunstbibliothek: Josua Leander Gampp, Holz-
schnitte, Buchgraphik und Einbände.

Eine reizende, bescheiden weise sich beschränkende Buch-
kunst, etwa zwischen Freyhold und Ludwig Richter. Ein
schönes stilles Menschentum hinter allem, das den Illustrator
zum Dichter werden läßt.

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