Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929
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Heft 2
DOI article:Heise, Carl Georg: Karl Hofer: zum fünfzigsten Geburtstag
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KARL HOFER, FRÜHE STUNDE. 1926
PRIVATBESITZ IN STUTTGART. MIT ERLAUBNIS DER GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN
KARL HOFER
ZUM FÜNFZIGSTEN GEBURTSTAG
VON
CARL GEORG HEISE
T Tofers Kunst steht seit einer Reihe von Jahren
unbestritten in vorderster Reihe. Ohne Bilder
von ihm fehlt einer deutschen Ausstellung zeit-
genössischer Malerei einer ihrer zuverlässigen Höhe-
punkte, mehr: einer ihrer sichersten Maßstäbe.
Solche beginnende Stabilisierung der allgemeinen
Wertschätzung erweckt bei uns, im Lande des ewigen
Widerspruchs, unfehlbar Gegnerschaft. Hofer ist
rasch von einem der beliebtesten zum diskutiertesten
deutschen Maler geworden. Er wird so viel ge-
schmäht wie gelobt. Hat man ihm früher seine
vielen Wandlungen vorgehalten, so setzt man heute
seinen Stil herab und schilt ihn Manier. Diesem
schwankenden Urteil läßt sich ein unbestreitbar
Gewisses gegenüberstellen: Hofer ist von allen Leben-
den in Deutschland der beste Lehrer. Ein liebens-
würdiges Gewährenlassen, das oft schon als Pädagogik
mißverstanden wird, mögen andere bereitwilliger
üben, als wirklicher Bildner der Talente steht er
einzig da. Das allein würde genügen, um ihn an
seinem fünfzigsten Geburtstag mit allgemeinster
Achtung zu grüßen. Nichts ist uns notwendiger
als das Verläßliche, das Lehrbare, das Vorbild.
Daß indessen seine Kunst Lehrbarss enthalte,
das gerade wird Hofer zum Vorwurf gemacht.
Allzu konstruktiv, kalt, intellektuell sei seine Kunst,
viel zu bewußt, um reiner Ausdruck der Seele,
viel zu eigenwillig, um sachlich zu sein. Man
wittert den Grübler, den ewig Unzufriedenen —
und das ist Hofer gewiß: der Mann unerbittlicher
Selbstkritik bis hart an die Grenze der Selbstzer-
störung. Fragt sich nur, ob diese Lebenshaltung
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PRIVATBESITZ IN STUTTGART. MIT ERLAUBNIS DER GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN
KARL HOFER
ZUM FÜNFZIGSTEN GEBURTSTAG
VON
CARL GEORG HEISE
T Tofers Kunst steht seit einer Reihe von Jahren
unbestritten in vorderster Reihe. Ohne Bilder
von ihm fehlt einer deutschen Ausstellung zeit-
genössischer Malerei einer ihrer zuverlässigen Höhe-
punkte, mehr: einer ihrer sichersten Maßstäbe.
Solche beginnende Stabilisierung der allgemeinen
Wertschätzung erweckt bei uns, im Lande des ewigen
Widerspruchs, unfehlbar Gegnerschaft. Hofer ist
rasch von einem der beliebtesten zum diskutiertesten
deutschen Maler geworden. Er wird so viel ge-
schmäht wie gelobt. Hat man ihm früher seine
vielen Wandlungen vorgehalten, so setzt man heute
seinen Stil herab und schilt ihn Manier. Diesem
schwankenden Urteil läßt sich ein unbestreitbar
Gewisses gegenüberstellen: Hofer ist von allen Leben-
den in Deutschland der beste Lehrer. Ein liebens-
würdiges Gewährenlassen, das oft schon als Pädagogik
mißverstanden wird, mögen andere bereitwilliger
üben, als wirklicher Bildner der Talente steht er
einzig da. Das allein würde genügen, um ihn an
seinem fünfzigsten Geburtstag mit allgemeinster
Achtung zu grüßen. Nichts ist uns notwendiger
als das Verläßliche, das Lehrbare, das Vorbild.
Daß indessen seine Kunst Lehrbarss enthalte,
das gerade wird Hofer zum Vorwurf gemacht.
Allzu konstruktiv, kalt, intellektuell sei seine Kunst,
viel zu bewußt, um reiner Ausdruck der Seele,
viel zu eigenwillig, um sachlich zu sein. Man
wittert den Grübler, den ewig Unzufriedenen —
und das ist Hofer gewiß: der Mann unerbittlicher
Selbstkritik bis hart an die Grenze der Selbstzer-
störung. Fragt sich nur, ob diese Lebenshaltung
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