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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 3
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Echt oder Unecht?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0137

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THOMAS GAINSBOROUGH, DER ERNTEWAGEN

AUS DER SAMMLUNG ELBERT H. GARY, ERSTEIGERT VON DER AMERICAN
SODANN ERWORBEN VON SIR JOSEPH DUVEEN FÜR 360OOO DOLLAR. .

kataloge, die bei Lebzeiten der Künstler oder bald nach
ihrem Tode angelegt werden. Daran ist aber erst zu den-
ken, wenn sich jüngere Kunsthistoriker systematisch mit
der modernen Kunst beschäftigen, wenn sie dazu von ihren
Universitätslehrern angehalten, aber nicht, auf Grund eines
altmodischen Vorurteils, davon abgehalten werden. Ein
wissenschaftlich exakt gearbeiteter Oeuvrekatalog kann auch
nicht unbedingte Sicherheit geben, aber er kann doch das
Mögliche tun. Im vorigen Jahr erschien im Pariser Kunst-
handel eine kleinere, skizzenhafte Fassung von Manets „Früh-
stück im Grase", die wir hier abbilden. Vieles spricht für,
einiges gegen die Echtheit; am verdächtigsten ist, daß bisher
niemand von der Existenz des Bildes gewußt hatte. Schließlich
gab das Pariser Kunsthändlersyndikar, dessen Expertisen auf
Mehrheitsbeschlüssen beruhen, das Urteil ab, das Bild sei
echt. Und das Werk wurde als Manet nach England ver-
kauft. Gäbe es den Manet-Katalog, der leider noch nicht
existiert (denn Durets Liste ist sehr unvollständig), so müßte
darin über dieses Bild notwendig etwas angemerkt sein,
wovon man ausgehen könnte. *

Bedingung wäre freilich, daß diese wünschenswerten
Oeuvrekataloge mit der größten Sorgfalt hergestellt werden.
Eine absolute Garantie ist natürlich auch dann nicht ge-
geben. Vor kurzem führte das Auftauchen zahlreicher Hodler-
Fälschungen zu einem Prozeß, in dem die Schuldigen über-
führt werden konnten. Dennoch hatte Loosli, der Hodler
und Hodlers Atelier gut gekannt hat, die falschen Bilder in
seinem Katalog aufgenommen. Es gibt viele Fehlerquellen.
Der alten Kunst gegenüber hilft sich die Wissenschaft gern
mit dem Begriff der „Werkstatt" oder „Schule"; hierauf

* Dieser Wunsch soll uns erfüllt werden. Ein Pariser Haus be-
reitet einen vollständigen Oeuvrekatalo^ Ed. Manets gemeinsam mit
dem Verlag Bruno Cassirer vor.

ART ASSOCIATION
48 : 49 ZOLL

werden zweifelhafte Werke abgeschoben.
Bei Künsrlern der neueren Zeit geht das
nicht an. Bei Daumier und van Gogh zum
Beispiel muß Farbe bekannt werden. Ein
Bild, das der Schweizer Maler Schuffen-
ecker in bester Absicht, aus reiner Begei-
sterung für van Gogh nach einem Bild von
diesem gemalt hat, kann nicht gut als Schule
van Goghs bezeichnet werden. Und die zahl-
reichen Daumier-Nachahmungen sind keine
„ Werksrattbilder".

Von beiden Künstlern sind neuerdings
Oeuvrekataloge erschienen. Einen Daumier-
Katalog hat Eduard Fuchs zusammenzu-
stellen versucht. Das Werk hat zweifellos
besondere Verdienste. Schon der Versuch,
alles Erreichbare zusammenzubringen und
Klossowskis ausgezeichneteVorarbeit weiter-
zuführen, ist zu begrüßen. Das gebotene
Material ist eine rechr brauchbare Grundlage.
Doch darf der Katalog nur vorsichtig be-
nutzt werden, eine exakte wissenschaftliche
Arbeit stellt er nicht dar. Er macht keinen
Anspruch auf Vollständigkeit; es bedeutet
darum wenig, wenn ein Bild nicht erwähnt ist
Sodann ist die Beschreibung von Repliken
der Bilder, die nicht abgebildet worden sind, unzureichend, wo
doch die Frage der Eigenhändigkeit gerade bei Bildern, die in
mehreren Varianten vorkommen, ebenso schwierig wie wichtig
ist. Die Schwäche dieses Kataloges ist, daß er unkritisch isr.
Das Echte ist vom Falschen nirgends streng geschieden.
Der Verwirrung, die gerade Bildern Daumiers gegenüber
sehr groß isr, wird durch das Buch von Eduard Fuchs nicht
gesteuert.

Anders ist es bestellt um den großen vierbändigen Ka-
talog der Werke van Goghs, den de la Faille nach langer
Vorarbeit mit Sorgfalt zusammengestellt hat. Dieses Werk
erhebt den Anspruch, endgültig alle echten Bilder und Zeich-
nungen des Künstlers zu verzeichnen. Einem Bilde, das hier
vergessen oder ausgeschieden sein sollte, wird es schwer wer-
den, sich zu behaupten, auch wenn es echt ist. Sollten sich
aber gar falsche Bilder eingeschlichen haben, so wird es noch
schwerer sein, sie nachträglich auszuscheiden. Es gibt eine
Gruppe von Bildern im Karalog de la Failles, worüber zwei-
felnd viel gesprochen wird. Es wäre darum gut, wenn der ver-
dienstliche Verfasser sich dazu äußern würde, wenn er eine
Erklärung abgäbe, die den Zweifeln so oder so ein Ende
zu machen geeignet ist. Sind die Bilder echt, so muß es
durch die Herkunft zu beweisen sein; sind sie falsch, so
sollte es ebenfalls gelingen bis zum Ursprung vorzudringen.
Der Nächste zu einer Nachprüfung ist de la Faille selbst.

Unerläßlich ist es, daß in einem Oeuvrekataloge auch
zur Frage der falschen Bilder Stellung genommen wird. Wir
nennen nur ein Beispiel. In Meier-Graefes „Vincent" findet
sich auf Tafel 16 die Abbildung eines Bildes „Le Pont
d'Austerlitz", damals in der Sammlung Tetzen-Lund in Kopen-
hagen. Von dem Bilde ist kürzlich eine farbige Wiedergabe
in der Reihe der „Reichsdrucke" der Reichsdruckerei er-
schienen. Das Bild selbst ist angeblich jetzt im Kölner Kunst-

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