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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 6
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Herrmann, Wolfgang: Hochhäuser am Kleistpark
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0269

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schon seit langem nahe. Die einzige Bedingung, die das
Wohlfahrtsministerium stellte, war eine gleichartige Bebauung
beider Grundstücke, was ja aber keine Gewähr für eine
künstlerische Lösung gab.

Glücklicherweise wurde von der Kathreiners Malzkaffee-
fabrik der Auftrag Bruno Paul übertragen, der als Künstler
die große Verantwortung klar erkannte. Zunächst hatte er
eine vierseitige Randbebauung beider Grundstücke vor-
gesehen, und zwar die einzelnen Flügel fünfstöckig in der
Höhe der angrenzenden Baublocks, dann aber bald erkannt,
daß durch diese an sich niedrige Bauweise die Arkaden
schwer leiden würden, weil der Eindruck, die Kolonnaden
seien in die plötzlich sich auftuende Baulücke einfach ab-
gestellt, nur verstärkt worden wäre. Aus diesen Überlegungen
heraus — um die Wirkung der Kolonnaden zu erhalten —
kam er zu der für die Ausführung bestimmten und hier
in Modell und Zeichnungen vorgeführten Lösung.

Zunächst verlegte er den Eingang von der Straße an die
Seitenfront den Arkaden gegenüber. Hierdurch, wie vor
allem durch Zurücksetzen dieses Seiten-,
jetzt Hauptflügels, um ca. 12 Meter, er-
zielte er zusammen mit dem gegenüber
geplanten Gebäude eine Platzwirkung.
Der Zug der Potsdamer Straße wird unter-
brochen, es entsteht seitwärts eine Er-
weiterung, in der nun die Kolonnaden
vielleicht sinnvoller stehen werden als
bisher.

Allerdings mußte der rückwärtige Flü-
gel fallen, da der Hof zu eng geworden
wäre. Und da die Bauherren natürlich auf
die volle Ausnutzung des Grundstückes

nicht verzichten wollten, blieb kaum eine andere Lösung
als gewissermaßen diesen rückwärtigen Flügel auf den Mittel-
flügel aufzusetzen. Dies die Gründe, die zum ersten Hoch-
hausbau Berlins führten. Wie man sieht, sind sie rein
ästhetischer Natur.

Die Platzwirkung wird durch die beiden Turmbauten
wohl noch verstärkt. Die Gefahr, daß die Arkaden erdrückt
werden, ist bei der relativ großen Entfernung von 42,5 Metern
nicht zu befürchten. Es ergibt sich eine recht gute Staffelung
von den 13 Meter hohen Arkaden zu den 22 Meter hohen
Flügelbauten und schließlich zu dem 40 Meter hohen Turm-
bau hin. An sich wäre ja städtebaulich im Zuge der Pots-
damer Straße gerade an dieser Stelle der Platz für einen
Hochhausbau nicht gegeben. Der Blick wird nicht auf diesen
Punkt hingeführt. Da aber nun einmal die Arkaden hier
stehen und man sie doch nicht gut wieder abreißen und an
anderer Stelle aufbauen kann, so muß man die von Bruno
Paul gefundene Lösung als glücklich bezeichnen. Zu wünschen
wäre allerdings, daß der Zugang zum Kammergericht, das
am Ende des Kleistparkes steht, durch die Arkaden nach
Niederlegung einiger Bäume und Anlage eines Mittelweges
frei gemacht wird.

Der im Stahlgerüst konstruierte Bau selbst ist in klaren,
ruhigen Formen gehalten. Große horizontale Fensterbänder
gliedern die mit hellem Naturstein verkleidete Fassade. Man
mag die bei Hochhausbauten jetzt vielfach angewandte Über-
einanderschichtung gleichartiger Geschoßpartien eintönig fin-
den (es wird hier übrigens der Versuch gemacht, es durch
die Zurücksetzung der beiden oberen Geschosse zu ver-
hindern) und mag dies vom optisch-maßstäblichen Stand-
punkte aus sogar für unlogisch erklären, hier aber erhält
dieses neuartige Gewand durch die oben dargelegten Um-

BRUNO PAUL, ENTWURF FÜR HOCHHAUSER AM KLEISTPARK IN BERLIN

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