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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 8
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Scheffler, Karl: Leibl: zur Ausstellung in der Akademie
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0325

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WILHELM LEIBL, BILDNIS LINA KIRCHDORFFER. 1871

Urteile nicht stimmen, und es gerät etwas ins
Schwanken, was fest zu stehen scheint.

Zunächst etwas Außeres. Die Ausstellung ist,
obwohl die hinteren Säle geschlossen bleiben, noch
zu umfangreich, sie betont zu sehr kunsthistorisch
auch den Werdegang. Das tritt um so deutlicher
in Erscheinung, als die Bilder in den großen Räu-
men der Akademie nicht gut zu hängen sind. Es
sind alles Figurenbilder und darunter viele Köpfe.
Auf den zu hellen Wänden sehen diese sehr dunkel
gemalten Bilder wie schwarze Flecken aus. Sie
müßten auf einem sehr dunkeln Rot hängen. Die
Wände wirken nicht. An ihren Standorten in den
Museen kommen die Bilder besser zur Geltung.

Dafür spricht das einzelne Bild, wenn man
nahe herantritt. Es wirkt um so stärker, je näher
das Auge der Malfläche ist. Betrachtet man hier
einen Mund und dort ein Auge, eine Hand, ein
Stück Gewand oder einen Bartansatz, sieht man
die kostbare Oberfläche an, den gefühlvollen Pinsel-
strich, das Spiel der tonig gestuften Valeurs, so ist
es hinreißend. Man verliert sich in Bewunderung
und sagt: Welch ein Meister!

Wer aber tritt so nahe an ein Bild heran? Nur
der Kenner tut es, der das Handwerk zu beurteilen
weiß, der Interesse dafür hat, wie es gemacht ist,
der den Pinselstrich genießen will. Und so ist es,
als wäre diese Kunst nur für ihn da. Selbst er

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