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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 8
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Glaser, Curt: Die Ausstellung der Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0340

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tativen Charakter zu geben, den sie anstreben muß,
wenn sie dem Namen der Sezession seinen alten
Glanz wieder verleihen will. Mit Max Ernst allein
ist es nicht getan und auch damit nicht, daß ein
paar jüngeren Malern der Raum gegeben ist, der
den älteren Mitgliedern der Sezession gekürzt wurde.

Walter Becker ist ein Maler von Talent und
Geschmack. Sein Geschmack ist an französischer
Malkultur geschult, und ein leichtes Talent gibt
ihm die Freiheit eines beweglichen Pinselstrichs.
Aber es scheint, als sei seine Anschauung mehr
durch Begabung und Erziehung der Hand bestimmt
als durch das unmittelbare Erlebnis des Auges. Zu
viel Geschicklichkeit ist keine geringe Gefahr. Man
wird Paul Kleinschmidt Geschicklichkeit nicht nach-
sagen. Seine Kunst ist im Gegenteil durch ein sehr
persönliches Temperament und eine fast unge-
stüme Sinnlichkeit bestimmt. Aber auch Kuchen-
stilleben dürfen nicht zur Spezialität werden. Ein
glücklicher Wurf ist Charles Crodel mit seinem
Bilde der Amalienburg in Kopenhagen gelungen.
Vielleicht stört eine leise Erinnerung an Kokoschka.
Aber man glaubt an die Ehrlichkeit dieser Märchen-
vision in Blau, die ein phantasiebegabtes Auge
geschaffen hat. Hier ist ein Maler, der einer naiv
poetischen Vision sichtbare Form zu leihen weiß.
Hans Breinlingers Stilleben sind im Gegensatz Er-
zeugnisse eines artistischen Talents. Sie sind mit
Geschick farbig arrangiert. Ihre leichte Materie
hält sich in einer schwebenden Distanz zur Wirk-
lichkeit. Auch Ilse Emmerich beweist ein sicheres
Gefühl für dekorative Reize der Farbe, ohne daß
die Struktur ihren Bildern immer den genügenden
Halt gibt. Oskar Gawells Stilleben mit Katzen ist
fester gebaut, was besticht, ist aber ebenfalls nicht
viel mehr als ein effektvoller farbiger Klang. Eine
Landschaft von Erwin Graumann fällt auf. Es
scheint, als habe Kirchners Naturanschauung hier
eine gesunde Nachwirkung gefunden.

Unter den älteren Mitgliedern des Vereins, die
diesmal etwas in den Hintergrund treten, begrüßt
man Bruno Krauskopf, der sich von den gefähr-
lichen Verführungen einer wirkungssicheren Pa-
lettenkunst glücklich befreit. Der Museumshof aus
Marseille erinnert von fern an Chirico, ohne in
dessen Manier zu verfallen. Eine in mattem Grün
gestufte Landschaft verrät einen ernsten Gestal-
tungswillen. Ernst Fritschs trockene Anschauungs-
weise widersetzt sich der Pariser Atmosphäre ebenso

ERNST BARLACH, DER WARTENDE. HOLZ

MIT ERLAUBNIS VON PAUL CASSIRER, HKRLIN

wie Kohlhoffs Feuerwerk der nüchternen Berliner
Luft. Willy Jaeckels Halbakt hat kaum mehr als
akademische Qualitäten, Leo von Königs Selbst-
bildnis mit Modell ist über eine bedeutende An-
lage nicht hinausgediehen.

Carl Hofer ist mit dem ernsten und reifen
Bilde einer Zigeunerin vorzüglich vertreten. Purr-
mann hat ein meisterliches Blumenstilleben ge-
schickt von einer tiefen Leuchtkraft der Farbe,
daneben einen sehr kühn gestalteten Blick aus dem
Fenster, eines der anregendsten Stücke Malerei,
das die Ausstellung zu bieten hat. Rudolf Levy
ist in seinem Bemühen um das Porträt zu einer
an Derain gemahnenden Straffheit der Form ge-
langt, die der leichten Flächigkeit seiner bisherigen
Malerei widerspricht. Rudolf Großmanns Ansicht
aus Baden-Baden ist ebenso originell in der An-


 
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