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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 10
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Scheffler, Karl: Die Galerie des neunzehnten Jahrhunderts in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0405

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RUDOLF ALT, ALSERVORSTADT. wien, galerie des 19. Jahrhunderts

seum mag darauf verzichten; selbst Lichtwarck
glaubte schließlich ohne ein prunkvolles Treppen-
haus nicht auszukommen. Das alles aber ist wie
eine Travestie, vergleicht man es mit dieser ba-
rocken Prachtarchitektur, von der sich breit ein
regelmäßig angelegter Terrassengarten bis zum Un-
teren Belvedere — wo das Barockmuseum unter-
gebracht ist — hinunterzieht. Hier ist das Reprä-
sentative Natur geworden. Keine große Galerie
Europas hat ein solches Treppenhaus aufzuweisen,
keine vermag dem Besucher einen Empfangsraum
von so zündender Pracht zu bieten, wie es der
Große Marmorsaal ist, durch dessen hohe und
breite Bogenfenster man von beherrschender Höhe
über den Garten und die schöne Stadt weit hin-
wegblickt. Nicht besser könnte der Besucher für
die Beschäftigung mit Kunst gestimmt werden. Ein
kostbares Schloßmuseum und eine wertvolle Bilder-
galerie; beides aber nicht unerfreulich verquickt,
sondern so getrennt, daß man jedes für sich ge-
nießen kann.

Von der Sammlung, die früher im Unteren
Belvedere aufgestellt war, ist in diesen Heften schon
zweimal ausführlich gesprochen worden: zuerst von
Artur Roeßler im zehnten Jahrgang (S. 533 ff.) und
sodann im dreiundzwanzigsten Jahrgang (S.293 ff.)
von Julius Meier-Graefe. Darum braucht die Samm-
lung jetzt nicht wieder im einzelnen beschrieben
zu werden. Es genügt, auf eine Reihe neuer Bilder
und auf ein paar Leitmotive hinzuweisen.

Fast jedes Museum moderner Kunst muß den
Ausgang von der lokalen Kunst nehmen. Es liegt
in der Natur der Sache. Die Sammlungen ge-
winnen dadurch, verlieren aber auch nicht selten an
Gewicht. Gewonnen wird Bodenständigkeit. Das
Lokale macht eine Sammlung charakteristisch, es
gibt ihr etwas Einmaliges. Da aber dem Lokalen ge-
genüber die Qualitätsforderung nicht streng durch-
geführt werden kann, weil gewisse berechtigte
Heimatssentiments berücksichtigt sein wollen und
das Gegenständliche historischer Erinnerungen, wor-
an das Herz hängt, nicht ganz verdrängt werden kann,

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