Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Portalis, Honoré F.: Aus dem Leben Fragonards: nach dem Buch von Honoré F. Portalis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0497

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
H0N0RE FRAGONARD, FRAU MIT TAUBE
PINSELZEICHNUNG

Wohlstand, fast im Überfluß, von seinen Ange-
hörigen und Freunden vergöttert um seiner sich
stets gleichbleibenden Heiterkeit und um seines
lebhaften Geistes willen. In seiner besten Zeit be-
lief sich sein jährliches Einkommen auf 40000
Livres. Zu den intimen Freunden gehörte dann
auch bald wieder Bergeret. Dieser hatte nach dem
Prozeß die Beziehungen wieder aufgenommen,
sein Haus war mit Werken Fragonards geschmückt,
und sogar den zu Bergerets Landsitz gehörenden
Park scheint der Künstler angelegt zu haben. Die
Tradition dieser Freundschaft blieb in der Familie
Bergeret erhalten. Eine Urenkelin des General-
pächters hat geschrieben: „Das ganze Haus fügte
sich Fragonard. Jung und alt wetteiferten, um
ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Es durften nur
Gerichte auf den Tisch kommen, die dem guten
Frago zusagten; und er ließ sich gern alle Auf-
merksamkeiten gefallen. Es wurde musiziert oder
gezeichnet und Fragonard liebte diese Geselligkeit.
Nur der Rückweg war ihm unangenehm. Denn
die Champs-Elysees galten damals noch für un-
sicher." Diese Freundschaft dauerte bis zum Tode
Bergerets im Jahre 1785. Und der Sohn, der dem

Vater im Amt eines Generalpächters folgte, über-
nahm sie.

Mit der Revolution begann dann aber der Stern
Fragonards zu erbleichen. Es war sein Glück, daß
ihm in den Nöten dieser Zeit der Maler David als
Freund zur Seite stand, den Fragonard einst, als David
noch Schüler war, für die Vollendung der Wand-
malereien im Hause der berühmten Tänzerin Gui-
mard empfohlen hatte. Damals war David ein un-
bekannter Anfänger, jetzt stand er auf der Höhe
seines Ruhmes. Als einflußreicher Politiker und
Mitglied des Konvents erreichte er es, daß Fra-
gonard Mitglied der Museumskommission wurde.
Er empfahl ihn mit folgenden Worten: „Ich habe
nun noch die Pflicht, Bürger, Ihnen die Motive
zu erklären, die für die von Ihren eingesetzte
Kommission für den Öffentlichen Unterricht maß-
gebend waren, als es sich darum handelte, die neue
Museumskommission zusammenzusetzen. Frago-
nards mächtigste Fürsprecher sind seine Werke, die
insgesamt von einer großen Wärme und Ursprüng-
lichkeit der Empfindung erfüllt sind. In seiner
Eigenschaft als Kenner und als großer Künstler,
wird er sich im Alter der Sorge für die Meister-
werke der Kunst widmen, die er in seiner Jugend
um ein Beträchtliches vermehrt hat." Dieser Ver-
trauensposten wurde dem Künstler aber wieder
entzogen. Der Mangel klopfte nun an seine Tür,
seine Freunde sah er im Gefängnis oder auf dem
Schafott; enttäuscht nahm er eine Einladung eines
Freundes seiner Familie namens Maubert nach Grasse
an. Im Jahre 1794 übersiedelte er dorthin. In
seinem Gepäck befanden sich zusammengerollt
einige dekorative Gemälde, die er einst für die
Gräfin Dubarry gemalt hatte, die aber nicht ab-
genommen worden waren. Maubert kaufte sie ihm
für eine bescheidene Summe ab. Später kehrte
Fragonard nochmals nach Paris zurück und malte
dort einige Bilder. Aber er war entwurzelt und
fristete bescheiden sein Dasein in einem der sechs-
undzwanzig Ateliers, die in der Großen Galerie
des Louvre eingerichtet worden waren, bis im
Jahre 1806 der Befehl kam, diese Ateliers zu
räumen. Er bezog eine Wohnung in der Nähe,
überlebte aber nicht lange diesen Wechsel. Bald
traf ihn ein Schlaganfall, von dem er sich nicht
mehr erholte. Er starb am 22. August des-
selben Jahres.

Deutsch von Margarete Mauthner.

468
 
Annotationen