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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 12
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Deusch, Werner R.: Ausstellung Alter Kunst in Amsterdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0515

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MEISTER DER MAGDALENENLEGENDE. UM 1500. BILDNIS EINES GREISES

AUSGESTELLT IM REICHSMUSEUM, AMSTERDAM

nach die größte Beachtung verdienen. Von Rembrandt finden
wir vier mit einer Ausnahme nie ausgestellte Werke, darunter
den frühen, breit hingestrichenen David mit dem Haupt des
Goliath und das herrliche späte Bildnis eines seinem Sohne
Titus ähnelnden Jünglings. Von Rubens und van Dyck in
erster Linie Frühwerke, für die bezeichnenderweise bei
Sammlern wie Forschern in den letzten Jahren das Interesse
sehr gestiegen ist: von Rubens das klassisch anmutende
Bild der Prinzessin Brignole aus Genua (1606), zwei in den
Fleischtönen rötlich aufgelichtete Porträts, die sehr eng mit
van Dycks Frühstil übereinstimmen, aber auch reife Werke
wie das geschlossene, samtig-warme, bis in den letzten
Pinselstrich von der Handschrift des Meisters durchbebte
Bad der Diana. Daneben eine Unzahl schönster nieder-
ländischer Landschaften, Genrebilder, Interieurs und Stilleben,
die die ganze malerische Kultur dieses Landes, die ganzen
Feinheiten des Pinsels und der Farbe, deren die holländische
Palette des siebzehnten Jahrhunderts fähig war, aufweisen.
Hauptwerke der italienischen Schule sind der farbig und in
der Struktur des Bildauf baus äußerst reizvolle Antonius von
Fra Angelico, das schöne stolze Frauenporträt von Bronzino,
das große Altarbild mit dem heiligen Michael von Signorelli,
denen sich eine lange Reihe herrlicher Venezianer von

Veronese und Tintoretto bis Guardi, Canaletto und Tiepolo
anschließt. An deutschen Bildern finden wir eine in ihrem
zarten Linienrhythmus unendlich melodiöse Venus und die
wunderbar erregte und ausdrucksstarke Lukrezia von Lukas
Cranach dem Älteren. Eine Perle der Ausstellung bildet die
um 1613 entstandene „Unbefleckte Empfängnis Mariae" von
Greco und das ganz auf Helldunkelwirkung berechnete,
Carravaggios überragenden Einfluß verratende Genrebild
„Die Küchenmagd" von Valesquez. Das achtzehnte Jahr-
hundert, von den Italienern abgesehen, beherrscht die fran-
zösische Malerei. Das repräsentativste Stück ist die Land-
schaft mit Bacchustempel von Claude Lorrain aus der Samm-
lung Holford. Hier bilden die glücklichste Ergänzung die
Handzeichnungen von Fragonard, Boucher, Huet, La Tour
und Moreau, die in einer Qualität und Zahl vertreten sind,
wie man sie wohl selten wieder beisammen finden wird.

Ein besonderer Raum abseits der europäischen Kunsthalle
ist der Kunst Asiens eingeräumt, die, wie auch die große
Berliner China-Ausstellung bewies, in Holland eine besondere
Pflegestätte hat. Auch dort ist in beschränktem Rahmen
eine künstlerische Geschlossenheit im Zusammenklang von
Wanddekoration und Raumfüllung erreicht, die die Be-
trachtung der Werke zu einem reinen Genüsse werden läßt.

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