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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 1 (Januar 1926)
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Stiehler, Georg: Vom ''wissenschaftlichen'' Zeichnen
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0008

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diese Form der Anwendrmg. 3m „wissenschaftllchen
Zeichnen" wird dem Schüler die grotze Bedeutung
öer Mathematik für die Anwendungsgebiete der
praktischen und technischen Wissenschasten zum Ver-
ständnis gebracht. Die Literakurangabe mutzte auf
Äollständigkeit verzichten, vielleicht enthält auch die
rein wissenschastliche Einstellung den GrunL dafür,
datz führende Schriften für das Gesamtgebiet nicht
genannt oder ungenügend herangezogen worden stnd.

Die Zusammenstellung der Aufgaben gibt ein
Mehr, als was durchgearbeiket werden kann sja,
lätzt noch gewlsie dazugehörlge Gebiete autzeracht),
so datz je nach den Bedürfnisien der Schuigattung
und auch der Einstellung des belr. Lehrers, deS
Mathematik- oder Naturwissenschafks-
oder Geographie- oder Zeichenlehrers
ldie letzteren drei erwähnen wir) eine AuSwahl
möglich ist.

Als allgemeines Lehrziel wird aufgestellt:
„Stete Entwicklung und Festjgung des Äaum-
und Formvorstellungsvermögens der
Schüler, Schulung im sauberen und sorgfältigen A n -
fertlgenundimLesen von Zeichnungen. Neben
einer Änterweisung in den wichtigsten projek-
tivischen Bilüdarstellungen und ihren malhe-
mattschen Begründungen eine Elnführung
in die angewandke Malhematlk 1. w. S-,
Weckung deS 3nteresses für Technik «nd
Aunsk, Hebung der Selbfttäkigkeik und Schaffens-
freude der Schüler."

Dann folgen die Lehraufgaben für dle OIII
bis OII der Richkvollanstalten und der OIII bks
O I der Vollanstalten. Auffietgend von einfächen
planimetrlschen, geometrischen Darstellungen, Sinnes-
käuschungen» Metz- und Schätzübungen, Matzstab-
zeichnen, graph. Flächenermittelungen» kechnischen
Zeichnungen über Projekkion, Parallelprojekkion,
Herstellen von Körpern, Berkleinern, Bergrötzern,
Getändeaufnahmen, Anwendungen aus Machematik,
Physik, Mineralogie und Technik, zur zentralpersp.
Darstellung, Schattenkonstruktion und Aufgaben aus
der Trigonomekrie, Stereomekrie, Arichmekik, Phystk
und Mineralogie (je nachdem ob BoÜ- oder Ntcht-
vollanstalten): endlich für die beiden letzten Klaffen
der Bollanstalken enksprechend schwierlgere Aufgaben
aus den machemakisch-naturwisienschaftltchen Gebie-
ten mik Zeichnungen, konstroktiver und werktech-
nischer Gestalkung.

ändenErläuterungen und mekhodtschen
Bemerkungen wird als Voraussetzung für dte
Durchführbarkeit angenommen, daß „wie in S ü d-
deutschland" je zwet Wochenstunden verbindlich
in den Klasien OIII bis Ol der Bollanstalten und
O ltl biS OII der Ntchtvollanstalten angesetzk
werden.

Betont wtrd die Berbindung mit dem prakti-
schen Leben, dem Anferkigen und Lesen kechnischer
Zeichnungen.

„Die Forderung wird wesentlich da-
durch gestüht, daß die Itnkerrlchts-
werte des wissenfchaftlichen Zeich-
nens Schülern verschiedener Be-
gabungsrichtung gleichmätziger zu-
gänglich sind, als die des Freihand-
zeichnens in Mitkel- und Ober-
klassen." Der Ilnterrtcht im wiffenschaftlichen
Zeichnen «ird am erfolgreichsten setn in engster Ber-

bindung des mathematisch-nakurwiflenschastlichen Un-
kerrichts und deren gegenseitiges Durchdringen
sMakhematik — Physik — Lhemle — Biologie —
Kristallographie — Erdkunde — Bermeflungskunde
— Astronomie — Technik).

Die Gebiete berückstchtigen drel Aufgaben: s) Aus-
bildung der Zeichenferkigkeit, d) Ange-
wandte Aufgaben aus den Sachgebieken,
Gebieten der Technik (und Kunskl), e) Befon-
dere mathematisch geregelte Aufgaben.
Der entworfene Lehrplan bedeuket nichk Blndung
und Norm, fondern Beispiel, Auswahl je nach perso-
nalen, örtlichen und organisätorlfchen Berhälkniffen.

„Der Unterricht im wissenschaftltchen
Zeichnen mutz Arbeitsunterricht bleiben,
in defsen Mtttelpunkt -as Herstellen(!) von
Zeichnungen steht." (Nichk nur Reitzbrett, auch
Blöcke zulässtg, Border- und Nücksette der Blätter:
nicht iede ZeichnUng mit Tusche ausführen, Beschaf-
fung des Zeichenmaterials durch die SchUle erwünscht,
auch gemeinsame Beschaffung durch eine Arbetts-
gemeinschast). Die ausführliche S t o ff a u S -
wahl für die Lehraufgaben im wisssn-
schaftllchen Zeichnen mit Angäbe der etn-
schlägigen Literakur erscheint uns sehr weri-
voll. Von den elementar geometrlschen, mathemaki-
schen Darstellungen, den Sinneskäuschungeu, Uebun-
gen jm Meflen und Schähen, dem Mahstabzeichnen,
kechnlschen Zeichnungen gehk es zu schwferlgeren
Aufgaben der Projekklon, Parallelprojektion, per-
spektischen Darstellungen, Schattenkonstruklion, der
Splegelungen und dann folgen schwierigere trigono-
mekrische, stereomekrische, arithmetische Darstellungen
und die Beziehungen zu den Nakurwiflenschaften, oer
Erdkunde und der Technik. Hter tst Llteratur-
make.rial zusammengetragen, das der Sichtung
auf das Wertvolle, Typlsche und Allgemeinfätzliche
beoarf. Aufgaben der Hochfchul« und
höheren kechnischen Praris, sowie dte
vordrlnglichen machemaktschen ÄifgLbenstellungen
führen zu Ueberforderungen. Mü glet-
chem Rechk könnten die Nakurwlflenschästen, Erd-
kunde, Himmelkunde, Ztzichnen und -Äerkunker-
richt (Archttekchr) chre Bildungsaufgabe in die
Brelte bauen unb aUf Grund der zeitraubenden
zeichnerischen, plastischen, werkkechnischen Gestattun-
gen wie der 3gel in der Hasenhöhl« den anderen
Genoflen herauspelzen.

Dieje Richtung der Skoffhülle, der Einstellung auf
das Mathematische bedeutet für den schon wisien-
schaftlich vielseittg und doch tm Sistne oer Entwick-
lung des Bollmenschen einseMg. angespäUnken Schüler
elne Gefahr; angestchks dieser amgezogenen Pläne
und Stoffe besteht dle Frage: 3st per glatte Aussall
des „wlflenschaftlichen Zeichnens" i. 8. der vorne-
genden Denkschrift nicht ernstltch in ErwGung zu
ziehen? So werben DerllcÄer der Gelsteswiffen-
schaften und Sprachen stageni Dadurch aber würde
etne notwendige Seite der Erzkehung, -er Enkwick-
lung der gestalkenden Krafte äuSfallen.

Wle steyt der Reichsverband ak. geb. Zeichenlehrer
und Zetchenlehrerinnen zu dtesen Borschlägen deS
Reichsverbandes der Mathematiker? —

Wir suchen Berbindung und Auseinändersetzung
im 3nterefle der SchÜler und der gesamken Bildungs-
aufgabe an der höhertzn Schule. SS geht hler ntcht
in erster Llnie um Skoffe, um FachlNter-
 
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