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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 9 (September 1926)
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Müller, F.: Schul-Kunstausstellungen
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Explosion!: ein Unterrichtsbeispiel zu dem Problem: "Künstlerische Mittel und Werkstoffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0201

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178

ihrer besken Werke für Schul-Kunstausstellungen zu
bewegen, ist die Gefahr des Versandens dieser Aus-
stellungen immerhin vorhanden.

Die Schul-Kunstausstellungen, wie sie bisher in Er-
scheinung traken, waren nichk lediglich für die Schule
da, sondern auch für die Erwachsenen, ftr das kau-
fende Publikum. Sie sollen ja auch der Äolksbildung
dienen, für die Kunstbildung der Erwachsenen eine
Schule sein. Demgemäß zeigen sie, was Erwachsene
von Kunstausstellungen erwarken, in der Aauptsache
Oelgemälde, daneben ekwas Kleinplastik, nur wenig
Aquarelle unö ganz wenig Graphiken. Mit dieser
Auswahl wird an der llugend vielfach vorbetgeredet,
weil ihrer Einfühlung d a s am nächsten liegk, womit
sie sich selbst beschäftigt: Zeichnung, Linolschnikk,
Wasserfarbenmalerei. Durch diese Erwägung sollen
Oelgemälde nicht ausgeschaltet werden, fle werden
uns farbig immer am meisten zu sagen haben, aber
auf das richkige Verhälknis zwischen ihnen und dem
andern, das auch Kunst ist, «nd meist keine schlech-
kere, könnke gesehen werden.' Ueberhaupt leiden die
Schul-Kunstausstellungen unker diesem Doppelzweck:
für dle Schüler und für die Erwachsenen. Was dem
einen frommt, taugk nichk immer für den andern.

Das zeigt sich besonders bei der Einführung der
Schüler in däs Derständnis der Kunstwerke: fle ilnd
ihnen zu fremd. Wenn man den Schülern Freiyeit
lähk, flch mit den Kunstwerken auseinanderzusehen,
wohl gar ihnen die Aufgabe stellk, zu saaen oder auf-
zuschreiben, welches Merk ihnen am besten gefällt,
dann kann man als sttller Beobachter ihre Aatloflg-
keit wahrnehmen, ihr Hin- und Hertappen und
schließlich ihr oollkommenes Fehlgehen. Da sehk dann
die Lekkion ein, die Belehrung, das Frage- und
Antwortspiel. Aber man stelle einmal fest, was die
Schüler nach vielen solchen Lektionen aus flch heraus
über ein Kunstwerk sagen, und man wird im Grunde
dieselbe Raklosigkeik sinden, höchstens ein paar ge-
merkte Worte aus den Besprechungen zu hören be-

kommen. Man täusche sich nichk, wenn man an-
nimmk, daß durch solchen Unterrichk die Kette der
Borbedingungen geschloflen wird, die eine Auswer-
kung der Kunskwerke für die Schule gewährleisten.
Wenn den jungen Menschen nicht eigene Erfahrungen
zur Seite stehen, die sie beim Selbskschaffen gewonnen
haben, so werden die ausgestellten Werke ihnen auch
nach der besken Besprechung noch Fremdlinge bleiben,
von denen sie zwar etwas zu sagen wiflen, mik denen
sie aber kein inneres Band verbindek. Das Kunst-
erlebnis, zu dem wir unsere Zugend führen wollen,
ist wesentlich bedingt vom eigenen Erleben beim
Selbstgestalken, von der ersten Entstehung des Bild-
gedankens an bis zu deflen Sichtbarmachung im
Ringen mik Werkstoff und Werkzeug. Dennoch
wollen wtr diese Bildbesprechungen, wenn sie in
rechker Meise vorgenommen werden, nichk verwerfen,
sie können viel Künstlerisches, das verhüllt daliegt,
deuklicher herausstellen. Dabei ist es nichk immer
nötig, daß fle lange ausgesponnen und zu einer rich-
kigen Lektion ausgestaltet werden, oft genügen
wenige Fragen, wenn sie auf das Mesentliche hin-
weisen. Aber wir dürfen nicht vergeflen, datz darin
nlchk Anfang und Ende der Kunstbildung begriffen
tst, sondern datz fle nur eine Beihllfe zur eigenklichen
Kunstbildung flnd, deren Wesen in der Kunst übung
verankert liegk, im selbständigen bildhasten Gestalken.

Darum lehnen wir auch die Schul-Kunstausstel-
lungen nichk ab, sondern begrützen fle als Hilfsmitkel
künstlerifcher Erziehung, das bet zweckvoller Gestal-
kung viej Gukes schaffen kann. Man soll diefe Aus-
stellungen aber auch nicht Überschätzen und von ihrem
grotzen Apparak zu wekkgehende Schlüfle auf ihren
inneren Werk ziehen. Ste stecken noch in der Ent-
wicklung und wenn es ihnen «m die Iugendbildung
ernst ist, werden ste flch auf diese Aufgabe weiter
einzustellen wiflen. Es ist hler nichk nökia, mit prak-
kischen Borschlägen zu kommen, wo Einsichk und
Mille, da ist auch ein Weg.

Explosion!

zu dem Problem:

Vergl. dazu die

Die Ziele und Bestrebungen des Unkerrichks im
bildhafien Gestalken bekommen durch zahlreiche Auf-
sätze in Kunst und flugend, durch Borkräge und Bor-
sührungen auf Berbandskagungen immer mehr be-
stimmke und klare Form. elnsbesondere werden die
psychologischen Grundlagen unseres Faches erörterk.
Und das mlk vollem Rechk. Sind fle doch das A
deflen, worauf wir hinarbeiten. Aber wte ein Kreis-
bogen nur Anfang ist, aus dem flch durch den Kun-
digen zwar das Ganze konstruieren lätzk, aber für
den Laien noch kein abgerundekes, geschloflenes Bild
darstellt, dürfen auch wir bel der Erkenntnis dieser
Grundlagen ntcht stehen bleiben, sondern müflen auf
sie die Bausteine der künstlerischen Mitkel und
Werkstoffe schichken, um so da. Heimakhaus einer
neuen Volkskunst zu errichten, einer Bolkskunst, die
nichk in erster Lknie ekhnographisch oder heimat-
schützlertsch, sondern künstlerisch seln soll.

Gelingt es uns, zu der psychologisch richtig gestell-
ten Aufgabe auch dem Schüler das ihr entsprechende
künstlerische Mikkel, bzw. den enksprechenden Werk-
stoff in die Hand zu geben, oder umgekehrt, so wird

„Künstlerische Miktel «nd Werkstoffe."
Abbildungen

die Lösung lmmer erfreuliche und auch überrraschende
Ergebnifle zeltigen. Ilnd das nichk nur von elnigen
„begabken" Schülern, sondern von der ganzen Klafle,
und das Urphänomen Ler künstlerischen Gestalkung
wird üabei besonders zutage kreten. Aber um das zu
erkennen, werden wir uns, um mik Paul Westheim
Eunstbl. April 26) zu reden, zunächst von den Pseudo-
Maßstäben der immerhin überschätzten Akademie-
und BerufskünstlerkuNst freimachen müffen.Und nicht
alle in Kunstmuseen und vielen Kunstbüchern als
wichkig hingestellken Erzeugnlfle werden für unS als
bedeutend betrachtek werden müflen.

Mancher bei „Bleifilst und Farbkaffen" kräge und
„unbegabks Schüler" zeigk flch bei einem anderen
künstlerischen Mittel auf elnmal von elner ganz an-
deren und erfreulkchen Seite. (Es ist für unser Fach
und damik für den Teil der Welk- und Lebensan-
schauung gewonnen, der wahrhaftig nicht die schlech-
tere Hälste derselben lst.)

Man könnkr nun einwenden: das ist zuviel und
zu vielerlei. Aber wer vieles bringk wird manchem
ekwas bringen und bei den verschiedenarkigen Be-
 
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