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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 6 (Juni 1926)
DOI article:
Daiber, Theodor: Über die Entwicklung des Kunstunterrichts an den höheren Schulen
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Kornmann, Egon: Kunsterziehung und exakte Kunstwissenschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0128

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116

men. Man lrennt es deshalb zweckmäßig auch äußer-
kich vom phantasiemäßigen Gestalten. (Vergleiche
dazu den nachfolgenden Aufsah von Egon Kormann:
Kunsterziehung und exakte Kunstwissenschaft.)

Damit sind wir am Schluß unserer Darlegungen
angelangt. sich hoffe, damit etwas zur Klärung der
Fragen beigetragen zu haben. Ungemein wohltuend
berührk es, wenn Herr Oberstudiendirektor Daiber
meint, er habe den festen Glauben, daß die richtige
Einstellung schließlich gefunden werde. Für dieses
Wort danken wir ihm herzlich. Wir Zeichenlehrer
brauchen das Vertrauen unserer Vorgesehten; wir
bedürfen aller unserer Kräfte für den Ausbau des
Kunstunterrichts.

Vorgesetzte und Behörden sind ja erfahrungsgemäß
im allgemeinen konservaliv eingestellt, müssen es viel-
leicht ihrem inneren Wesen nach sein. So kann es
nicht ausbleiben, daß die vorwärlsstrebende Zeichen-
lehrerschaft sich von den Auffassungen ihrer Vorge-

setzten manchmal etwas entfernt und vielleichk zu
ihnen in Kampfstellung gerät. Ich darf bei dieser
Gelegenheik vielieichk daran erinnern, daß man in
Württemberg däs Vorlagenkopieren noch nach der
siahrhundertwende durch einen Lehrplan halken wollte,
obwohl die forkschrittliche Zeichenlehrerschaft damals
schon längst ins andere'Lager abmarschierk war. Man
begrüßte also damals das, was man jeht vielleichk
allzu krampfyafk einseitig halten will,. nichk mit gan-
zem Herzen. Solche Erfahrungen sollten zu denken
geben und zur Vorsichk mahnen.

Die deuksche Zeichenlehrerschaft war vielleicht noch
niemals so erfüllt von der Größe, Bedeutung und
Schönheik ihrer Aufgabe wie heuke. Sie hat willig
alle Lasten auf flch genommen, die flch aus den neuen
Forderungen des Kunstunkerrichks ergeben. Was
haben die Zeichenlehrer allein in den letzten llahren
an neuen Techniken dazulernen müffen! Sie könnken
es auch laffen. Es zwingt ste ja niemand dazu.

Wir meinen: Wo folche Liebe.Und H^n-
gabe, solche Opferwilligkeit ist, da
isk auch Treue, Ernst und Gewissen-
hafkigkeik.

Kunsterziehung und exakte Kunstwifsenschast

Von Eaon Kornman n, Starnberg bei München.

3n den Kampf der Meinungen über Ztel und'Wege
der Kunsterziehung wollen diese Ausführungen die
Geflchtspunkte einer exakten Kunstwiffenschaft herein-
tragen: denn es ist zu hoffen, daß elne fachlich klare
Anschauung über das Wesen der bildenden Kunst
auch auf diese Fragen klärend wirken könne.

Es handelt sich dabei um die Forschungen Gustaf
Britschs, auf deren bevorstehendes Erscheinen ich —
als Heraüsgeber der nachgelaffenen Arbeit des ver-
storbenen Forschers — hler hinweisen möchke.

Drese Kunstwiffenschast ist erkennknistheorettsch ge-
richkek; fle zlelt auf die besonderen gelstigen Doraus-
sehungen, die dem Enkstehen bildender Kunst zugrunde
liegen. Wollen wir von solcher Kunstwiffenschafi
Klarheik für die Probleme der Kunsterziehung ge-
winnen, so fragen wir zunächst nach dem stnhaik des
Begriffes Kunsterztehung.

Ich fehe in diesem Aahmen von Musik und Lite-
rakur ab und möchte ihn für bildende Kunst so
deflnieren: Wie die Schule im ganzen für die Kulkur-
güker der menschlichen Bildung, so soll im besonderen
die Kunsterziehung für bildende Kunst dem heran-
' wachsenden Menschen lebendiges Verständnis er-
schließen. -

^ Pnd wie der beste Weg zu lebendlgem Erfaffen und
Beherrschen einer Erkennknis nicht das Lernen etnes
mik dem eigenen Denken nicht mehr zusammen-
hängenden Wiffensstostes ist, sondern das selbständige
Erarbeiten, so isk auch der beste Weg zum Der-
ständnis der geistigen Werke der bildenden Kunst die
eigene Arbeik auf diesem Gebiek. fln solchem Sinne
kann der Zeichenunterricht ein Arbelksunker-
richt innerhalb der Kunsterziehung sein.

Wie stehk nun solcher Kunstunterricht zu den Er-
kenntniffen einer exakken Kunstwiffenschafi?

Da ist zunächst zu betonen, daß sowohl die künst-
lerische Leistung selbst, als auch chr unmitkelbares
Verständnis keiner Begriffe — also auch keiner
Theorie — bedarf: daß keine theorekische Ueberlegung

das Erlebnis der künstlerischen Letstung Lbermikteln,
geschweige denn ersetzen kann'.Denn -ie künstlerifche
Leistung liegt auf einem ganz änderen Gebiek mensch-
licher Geisteskäkigkeit als das begriffliche Denken.


.. Aber wenn es flch um 1lnt e r r i ch k in Dingen
Wer bildenden Kunst handelk, so brauchk der Unker-
^richkende Worke ünd mithkn Begriffe, also einer An- >
schauuNg, einer Theorie über das Wesen der Kunst. r
Hinter allen Begriffen, nach üenen der HMflge"UN-
terrichk orienkiert ist, wle Älchkigkelk, Ahythmus,
Proporkion, Farbenhärmönie, Raumgefühl, Perspek-
tive usw., stehen bestlmmke Theorien Lber bildende
Kunst, die der Lehrende flch selbst zurechtgelegk oder
von der herrschenden Meinung übernommen hak. Und
nach solcher Anschauung bestimmk er Ziel und Wege
seines Unkerrlchkes. l

V Soll Kunsterziehung auf Arbeiksunkerrichk fuhen,
so ist auch für diefen Ärbeiksunkerricht zu fordern,

' daß er das einheitliche Denken des Kindes Nichk zer-
reiße oder unter Wissensbällast ersticke, sondern daß
er auf dex.„eigengesehlichen Leistung des Kindes
weiterbaue/Das setzt also voraus, daß der Lehrende
Enkstehung''ünd Entwicklungsgang desjenigen Geistes-
gebiekes überblicken kann, z« deffen selbständiger Er-
arbeitung er den Schüler leiten soll. Das heißt. für
bildende Kunfi die Wurzel der KSnstlerilchen Tätig-
keit und die Enkwicklung der kSNfilerischen Letstung
verstehen und überblicken können. Uno hler Ist der
Punkt, wo eine Kunstwiffenschast, die Klarheit brlngk
Lber das spezisische Mefen der künstkerifchen Lei-
stung, — die aiso das eigentlkch Künstlerische gerade
in der bildenden Kunst erfaßt und erklärt — wo
eine solche Wiffenschaft der Mcthode eine beffere
Grundlage geben kann als eine Theorie, die än der
Oberfläche bleibk. Zumal für einen Arbeiksunkerrichk,
deffen Ztel das selbständige Erlebnis — und bls zu
einem gewlffen Grade auch die Leistung — auf dem
besonderen Gebiek der bildenden Kunst seln Zo«..
Es ist naheliegend, — und dlese Erkenntnks beglnnr
 
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