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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

DOI Heft:
Heft 3 (März 1926)
DOI Artikel:
Sommer, P. K.: Zu den "Ansichten eines Unmodernen", [1]
DOI Artikel:
Merwart, Fritz: Denkmalpflege, Heimatschutz und künstlerische Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0072

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schafft Erbitterung. Wie Sie wissen, gibts noch eine
dritte Gruppe, zu der die gehören, die im Denken
und Urteilen unselbständig sind, die sich durch Beifall
verwirren lassen. Die erste Gruppe aber wird nie
Schaden haben an Tagungen, sondern wird stets
dankbar sein für Anregungen. Dank daher auch
Fräulein Iakoby, wenn wir auch nicht in allem über-
einstimmen. Das Wort „unmodern" war, wie an-
sangs gesagt, nicht gut gewählt. Zch war aber so
töricht, zu glauben, als alter, zwanzig Iahre lang
Mitstreitender der Kampffront, nur so verstanden
zu werden, dah eine leise Zronie darin steckte. Sie
sind ja auch glücklicherweise der Einzige geblieben,
der einen „Unmodernen" niederringen zu müsien

glaubte. Dennoch berührt es eigenartig, wenn Sie
sich für kompetent halten, älteren Kollegen, die mitten
drin im Leben und Sturm stehen, Berechkigungen
zu erteilen bzw. abzusprechen. Diese Art „Fach-
beratung" ist durchaus vertehlt.

Die erste Gruppe verzichtet überhaupt auf alle
Fachberaterei. Ihr genügen Tagungen, Fachschriften,
ein rühriges Bereinsleben und ein offener, klarer
Blick sür Tagesmeinungen, Neuerungen u. dergl.
Nur der Rat- und Hilflose, der Unselbständige ruft
nach Fachberatung. Er würde auch relches darin
finden, wenn, dauernde, periodische Nachprüfungen,
ob berechtigt, oder nicht berechtigt, nicht bloß amtlich
sondern auch „privat" für gut gehalten würden.

Denkmalpflege, tzeimatschutz und künstlerische Erziehung*

<Zum Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz in Freiburg i. Br. 1925.)

Die Beziehungen zwischen diesen Dingen in die-
sen Bläktern erörkern, hiehe Eulen nach Athen
tragen. Hat doch der vorjährige Tag für Denkmal-
pflege und Heimatschutz in Potsdam die Aufgaben
der Schule auf seinem Gebiet zum besonderen The-
ma gehabt. Die diesjährige Tagung in Freiburg
j. Br. schien auf den ersten Blick für den Kunst-
lehrer an der Schule kein so unmittelbares 5n-
teresse zu haben. Aber ich möchke doch einige Ge-
sichtspunkte herausgreifen, die auch für uns von
besonderer Bedeutung sind.

Zch kann da gleich an die Begrüßungsworte an-
knüpfen, die der badische Staatspräsident, Dr. Hell-
pach, der persönlich zugegen war, der Bersammlung
widmeke. Er betonte das Volkserzieherische der
ganzen Bewegung und daß in der Schulerziehung
die Kunst bisher zu wenig gewertet worden sei.
Wie stark erziehlich z. B. das Gefühl der Ehrfurcht
vor den grohen Leistungen mtttelalterlicher Kunst
wirken mühte, besonders wenn man bedenkt, wie
bescheiden damals der Meister oft hinter sein Werk
zurücktrat, ohne seinen Namen der Nachwelt zu
überliefern. Dieser starke Wille zur Bolkserziehung
erscheint mir über dic einzelne kunsterhaltende Lei-
stung hinaus auch wirklich als der Grundton der gan-
zen so erfreulich in die Breite wie in die Tiefe ge^
wachsenen Denkmalpflege- und Heimatschutzbewegung.

Selbstverständlich ist es oft nötig, die Machkmittel
des Staates den Erziehungsaufgaben dienstbar zu
machen. Besonders wichtig erscheint hier, wle der
1. Leiter der Bersammlung, Geheimrat Clemen
<Bonn) hervorhob, die Reichsnokverordnung zum
Schutze der Denkmäler und der Entwurf eines preu-
hischen Städtebaugesetzes, über den Landeskonser-
vator Hiecke (Berlin) sehr interessante Einzelheiten
zu derichten wuhte. Wie z. B. der unglückliche Aus-
druck „gröbliche Berunstaltung" fallen und wie man
den bisher vielleicht als „reizlos" geltenden Land-
schaften unter Ilmständen besonderen Schutz ange-
deihen lassen müßte. Hier liegt die Parallele mit
den angebltch meist für Zeichnen und Kunst so unbe-
gabten Schülern sehr nahe, die wir in unsere heutige
Kunskerziehung schon längst einbeziehen.

Nach den inhaltreichen Referaten über die Ge-
sährdung des Prlvatbesitzes an historischen Denk-
mälern und KunstsaMmlungen durch Skeuergesetze

* Dieser Bericht konnte l-id-r «rst j-tzt veröffentlicht werden.

(Die Schriftleitung)

erregte besonderes kunskerzieherisches Znteresie der
Widerstreit der Meinungen in den Fragen der
Restaurierung der Freiburger Münsterfemter, der
sich an einen Bericht von Prof. Sauer (Freiburg)
anschloh und in welchem beide Richtungen scharf zu
Worte kamen: die ältere mehr zur Renovierung.
unter Ilmständen auch Imitation des Alten neigende
und die jüngere, die eine vorsichttge, die Pattna
nicht zerstörende Erhaltung predigt, unter Ilmständen
verbunden mit Neuschöpfung heuttger Künstler, wenn
auch im Rahmen der gegebenen Stimmung. Zn -ieser
Beziehung ist auch das Gutachken des Borskandes
über die beabstchtigte Ausmalung des Bamberger
Domes sehr lehrreich.

Ich kann darauf hier aber nicht näher eingehen
und verweise auf das Sonderheft „Frelbürg" der
Zeitschrift für Denkmalpflege und HeiMatschutz (Ber-
lag Hamebeil, Berlin).

So gute Gründe die Sltere Aichtung im Falle der
Freiburger Münsterfenster auch erhringen Konnte,
wieviel Hochachtung man aüch vor der jahrzehnte-
langen bls ins Einzelne durchdachken ynd auf dem
Studium der älten Glasmalereien aufgebauten Ar-
beit haben muß: 5m letzten Grunde scheink mir der
Gegensah der Ansichten mit der Bezeichnung ältere
und neuere Richtung nlcht genügend gekennzeichnet.
Haben wir hter nicht den Wesensunkerschled zwifchen
einer von der Wissenschaft allzusehr gegängelten
Kunstübung und der grade durch dle Erkenntnisie
der Kunstwlffenschafi freigemachten jungen Kunst,
die aus innerem Trieb heraus schaffk, wie es frühere
Skilepochen aüch gekan haben? Und hier liegt mei-
nem Empfinden nach auch eine Mahnung an uns
Kunsterzieher: Nichk durch allzuviel wisienschastliche
Kunsterörkerung das naive Schaffen eindämmen. Die
Stärke unseres Faches oder vielmchr unseres Er-
ziehungs-Wollens liegk nicht im Wiffenschastlichen,
sondern 1m Künstlerischen. Nichk mit Ilnrechk heißt
unser Amt in Preußen nun „das künstlerische Lehr-
amt", im bewußken Gegensah zum wiffenschaftlichen.
Die junge Kunst braucht unsere Ailfe im Kampf »m
ihre Freiheik (wobei ich unter junger Kunst nichk
etwa nur die sogenannte expreffionistische verstehen
möchke) und durch fle kommen wir am besten zum
Berständnis des noch lebendigen Alten. 3ch brauche
an die jetzt wieder ganz frische Wirkung unserer
altdeutschen Malerei und Plastik nicht erst zs er-
innern.
 
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