Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

DOI Heft:
Heft 3 (März 1926)
DOI Artikel:
Frantzen, W.: Skizze zur organischen Gestaltung des Zeichen-, Kunst- und Werkunterrichts im Rahmen unseres Faches und des gesamten Lehrplanes
DOI Artikel:
Bosse, Heinrich: Zeichengemäße Betrachtungen über Schulreform und Zeichenunterricht
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0064

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
57

und nichk in prakkischen Zeichenübungen prüfend
nachschaffen würden. Die künstlerische Persönlich-
keik ist eben die Einheik eines sprechenden Zeikgeistes
und eines kechnischen Könnens, und zum vollen Der-
standnis erziehen immer einige Fächer in aemein-
samer Arbeik. So ergeben sich, — um ein Beispiel
aus der ägyptischen Kultur zu nennen — durch die
Besprechung eines Tempels, einer Pyramide oder
Mostaba von selbst viele Schlüsse auf d!e Religon
des Aegypkers, Schlüsse, die, wenn sie sich geradezu
aufdrängen, doch gezogen werden sollen, wenn ste
auch in das Gebiek der eigentlichen Geschichke hinein-
gehören. Es läßt stch bei solch einer Ark von Kunst-
bekrachkung eine scharfe Grenze gegen die andern
Fächer engherzig eben nicht ziehen. Die Kunstbe-
krachkung dienk in diesem Falle der lehken kunst-
verständigen Bertiefung der Werke, die im wiffen-
schastlichen Ilnkerrichk im andern Zusammenhange
und Sinne verstanden werden.

stn dem Bestreben, den gereifkeren Schüler in die
grosten Kulkuren einzuführen, hak unsere Kunstbe-
krachkung in der Schule eine der Literakurgeschichke
nach überlegenere Bedeutung, wenn sie richkig ver-
standen und angefastk wird. Diese Bedeukung liegk
in dem Umstand, daß es in der Menschheiksgeschichke
Kulkuren gibk, über die einerseiks nur Bruchstücke
likerarischen Erbes vorhanden sind, die als unbe-
kannke Sprache, wenn nichk in sedenfalls nur un-
zulänglichen Ilebersehungen, den Schülern schwer zu
übermikkeln sind, Kulkuren, die andererseiks ihren
stnhalt in der bildenden Kunst inkernakional so ver-
skändlich ausdrücken, daß die Bekrachkung und Be-
sprechung solcher Kunstwerke nur eine werkvolle Er-
aänzung zur gesamten Kulkurkunde bilden kann.
sDie Kunst der Borzeik, der Primitiven, der llapaner
und der stnkas.)

Man würde allerdinas bei dieser kunskbetrachken-
den Arbeik die besken Kräste künstlerisch und päda-
gogisch begobter Zeichenlehrer falsch anwenden, würde

man sie verleiken, den Schülern ein neues Gebiek
rein inkellekkuellen Denkens in wiffenschafklich histo-
rischer Weise streng mekhodisch darzubieken und, —
um ein lächerliches Beisplel zu nennen, — die Be-
krachkung der romanischen und gokischen Archikektur
mik den berühmken Ruyd- und Spihbogen einzu-
sehen und abzuschliesten. Aufgabe der Kunstbekrach-
krachkung kann nur sein, die knnere Bedingkheik von
Gefühl, Geist und Sprache einer tausendfachen bild-
nerischen Geskalkungsmöglichkeik aufzuweisen. die
Sprache der Linie, Form und Farbe durch Einfühlung
und Erkennknis zu vermikkeln und doch das lehke Ge-
heimnis der zeugenden Kräfke als Lebensgeheimnis
unberührk zu laffen.

Die Anschaffung von Sammlungen, Bildern und
Modellen, nach den Wünschen der Zeichenlehrer ist
zur Kunskerziehung in jeder Schule nokwendig. Sie
müffen nur so angelegk sein, dast sie grundsätzlich
Querschnitke durch möglichst alle bedeukenden Kulkur-
kreise ermöglichen von der älkesten Bergangenheik
bis zur modernsten Gegenwark.

Diese Skizze einer Reform organischer Arbeiks-
gemeinsckafi sowohl innerhalb unseres Fachunker-
richks wie auch innerhalb des gesamken Lehrplans
beziehk sich nur auf dkejenigen unserer Fächer, bei
denen die Gefahr einer Bereinzelung besonders he-
skehk, die aber zu den schönsten organischen Ber-
bindungen mik den andern Skunden Gelegenheik
geben. Diese Skizze enkstand nichk als spekulakiv
vorgefastkes Programm, sondern ergab sich im Laufe
einiger stahre als Ergebnis unserer Schularbeik unker
verständiger direkZiorialejr Leikung, die ihrerseiks
wieder im makhematischen Unkerrichk versuchke, Be-
ziehungen zwischen der Makhemakik und gebildeker
Kunstform herzuskellen. Günstig war dieser Reform
der Umstand, dast an unserer Anstalk von jeder Klafle
nur ein Cötus bestehk und so eine schöne Ileberflcht
Lber die Enkwlcklung gegeben war.

Heinrich Bosse, Zeichenlehrer am Pädagogium zum Kloster Unser Lleben Frauen zu Magdeburg.

Die Schulreform isk da. Die Grundschule und die
deutsche Oberschule flnd enkstanden und damit ist der
erste Schrikk auf dem Mege der Berschmelzung aller
Schulsysteme zu einer organischen Einheik gekan. Die
Bolksschullehrerbildung ist nun endgilkig der Hoch-
schule zugewiesen und damit ist auch auf dem Ge.
bieke des Lehrerbildungswesens eine Bereinheik-
lichung angsbahnk worden. Das sind große und
wichkige Errllngenschaften, deren Wert wir ja nichk
verkennen wollen. Aber immerhin sind es Neuerungen
rein formäler Ark und nun gilk es, alke und neue
Formen mik einem werkvollen stnhalt zu füllen und
das ist weik schwieriger, als neue Schulsysteme zu
schaffen. Das ist ohne langwierige prakkische Ber-
suche nichk möglich. Bor dem Kriege waren unsere
Lehrpläne so vollgestopft mit allen möglichen Lehr-
stoffen, die nach Meinung der Schule entweder fürs
Leben notwendig odär von hohem allgemeinbildenden
Werke waren, daß die erziehliche Seike des Anker-
richks vielfach zurückkreten mußke. Da häkke man
eigenklich erwarken sollen, daß die Schulreform da
vor allen Dingen einmal einsehke. Aber es scheink,

als wenn wir von ein^r solchen Reform weiter ent-
fernt seien als je zuvor.s Die Spork- und Turnver-
eine haben ihre Stimine^erhoben und, zuvorkommend
wie die Schule nun einmal ist, hak sie diesem Ge-
biek einen größeren Aaum zugemeffen. Schipimm-
unkerrichk, Kurzschrlft, Esperanko, Musikpflege mik
Guikarren und Mandolinen oder anch mik Skreich-
instrumenken, alles das hak enkweder berelks Ein-
gang in die Schule gefunden, oder wir stnd von der
Einführung dieser Ankerrichkszweige nichk mehr all-
zuweik enkfernk. Alle diese Dinge sind zweifellos an
sich hoch erfreulich und für jeden einzelnen nützlich.
Aber wenn man eininäl die Schule als Ganzes an-
siehk, so sind doch Neuerungen erwähnker Ärt im
Inkeresse der Schüler rechk wenig glückltch. sÄllge-
meine Bildung ist allerdings UniversalismuS, aber
nichk in dem Sinne, daß man alles kreibk, sondern
daß man damik die Fähigkeik erwirbk, sich gegebenen-
falls in alles hineinzufinden. Also mik andern Wor-
ken gesagk, ist Allgemeinbildung nichks weiker als
die größkmögliche Enkwicklung der seelischen Fähig-
keiken des Denkens, Fühlens und Mollens. Dazu
 
Annotationen