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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 8 (August 1926)
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Buchbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0185

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166 ' '

Pollanskalt. Zur Lrinnerung daran gab sie eine Fest-
schrift yeraus, die einen Einblick in das Werden und
Wicken der Schule gewährt. Dieser Festschrift war
eine Mappe von Schülerarbeiten <15 Linolschnitte
und 2 Steindrucke) beigelegt, die von dem regen
künstlerischen Leben der Schule zeugt. Der Vorstand
der Schule, Herr Oberstudiendirektor Dr. Burkhardt-
niaier läßt dem Zeichen- und Kunstunterrichk smit
Einschluß des künstlerischen Werkunterrichts) warme
Förderung angedeihen. Als eine Frucht davon dürfen
wir auch die vorliegende Mappe betrachten, die dem
Mirken des Zeichenlehrers, Skudienrats W. Ast, das
beste Zeugnis ausstellt.

Buchbesprechungen

Das Sonderheft des Pelikan sMitteilung der
Pelikan-Werke Günther Wagner, Hannover und
Wien), das die Firma Günther Wagner der deutschen
Zeichenlehrerschaft widmete anläßlich der Hauptver-
sammlung der preuß. Landesverbände akad. geb.
Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen verdient eine
eingehende Würdigung. Wir bringen an der Spitze
des Heftes einen Teil der Ausführungen von Lothar
v. Kunovski, die mit kühnen Worten Wesentliches
sagen. Das Heft ist mit reichem Bildschmuck ver-
sehen. Die Firma scheute keine Kosten, es würdig
auszustakten. Wir danken ihr herzlich dafür. Diese
Anerkennung wird dadurch nicht gemindert, daß wir
mit dem Hauptteil des Heftes, mit den Darlegungen
des Herrn Prof. Hans Willy Michel, Prof. der
Staatlichen Kunstakademie in Kassel, in seinem Auf-
satz: Erkennen und Fördern nicht in allen
Stücken einig sind. Zedenfalls hat aber auch Herr
Prof. M. das Beste gewollt und wir wollen nichk
versäumen, ihn ebenfalls in unseren Dank einzu-
schliehen, ehe wir uns einer kurzen Kritik seines
Aufsatzes zuwenden.

Der Aufsah wird mit sieben Schülerarbeiten in
Merfarbendruck und zehn Arbeilen, die in Raster-
druck wiedergegeben sind, veranschaulicht.

Professor M„ der, wie wir seinen Darlegungen
entnehmen, als Zeichenberater wirkt, beginnk seinen
Aufsatz mit dem Satz: „Beim Einblick in den Zeichen-
unterricht an verschiedenen Schulen erkenne ich
immer wieder, wie wenig die Unkerrichksweise, be-
sonders auf der Unkerstufe, dazu angetan ist, die
Derschiedenheit des zeichnerischen Ausdrucks der
Kinder zu erkennen, um sie alsdann zur Grundlage
machen zu können" und fährt seltsamerweise fort:
„Der Klasienunterricht ist dazu ungeeignet." Hier
liegl ein Widerspruch, der dem Berfasier offenbar
nicht zum Bewußtsein kam. 2n unseren öffentlichen
Schulen gibk es nun einmal nichts anderes als Ilnter-
richt mit Klassen und in der Regel mit überfüllten
Klasien. Das wird auch im Beratungsbeziru des
Herrn Prof. M. nicht anders sein. Er häkte flch wohl
beim folgerichtigen Durchdenken des Problems den
Borwurf erspart, die Unterrichts w e i s e der Lehrer
wäre schuld daran, daß das Erkennen und Fördern
der Einzelbegabung im Klassenunterrlchk erschwert
sei. Schuld daran ist eben, wie er selbst sagk, das
Gebilde, das wir Schule nennen und das man von
diesem Gesichkspunkt aus ein notwendiges Uebel
nennen könnte. Diese Erfahrung gehört ja auch zum
Schmerzlichsten, was jeder ernsthafte Kunstlehrer
täglich erfahren muß. Wenn man 35 und noch mehr

Schüler vor sich sitzen hat, ist ein individueller Unter-
richt selbst bei gröhter, aufreibendster Hingabe nahe-
zu ausgeschlosien.

Die Schülerarbetten, die Prof. M. zum Beweise
seiner Erziehungsgrundsätze zeigt, sind auch nicht im
Klassenunterricht entstanden, sondern in einer „Ar-
beitsgemeinschaft für besonders Begabte". Offenbar
stehen dieser Arbeitsgemeinschaft nicht nur 114
Wochenstunden zur Berfüguna wie dem heutigen
Schulzeichenunterrichk. Sonst käme Prof. M. nicht
auf den Gedanken, einen so großen Wert auf die
Riesenformate zu legen, in denen die gezeijgten
Schülerarbeiten ausgeführk sind. (Die Arbeik der
Lotte H. ist 100x12g em groh, die des Theo Sch.
und der Hilde B. und der 5lse B. 60 x 50 em.)
Welchen Zweck hat übrigens diese Üebersteigerung
der Formate? Ich meine, welchen erzieherischen
Zweck? Wird die Leistung an Erfindung, an Geist,
Seele und Witz vielleicht eine größere, wenn das
Formak „längst über zwei Quadratmeter gewachsen
ist"? Ich fürchke, wir haben hier ein Stück „didak-
tischen Makerialismus" vor uns, bei dem nicht das
innere Erziehungsergebnis, sondern das äußere Er-
gebnis, nämlich die Ausstellungswirkung, im Border-
grund steht. Äechk wohl kann ich mir vorstellen. wie
solche Äiesenformate mit den Fanfaren ungebrochener
Farben in einer Ausstellung Lärm machen und die
besten Ergebnisie eines gewöhnlichen Schulunterrichts
in den Schakten stellen. Aber vorbildlich sind sie da-
durch nicht. Prof. M. will aber doch Borbllder geben.

3ch glaube, er überschätzk auch seine Lehrerfolge.
Die gezeigten Arbeiten — er wird nicht die geringsten
ausgewählt haben — gehen, abgesehen von den For-
maten, nicht über das hinaüs, was gegenwärtig im
phantasiemäßigen Gestalten tn vielen deutschen
Schulen von guten Schülern geleistet wird. Es kann
auch dezweifelt werden, ob Begabungen, die wir als
dekadenke ansehen, wie die der Hilde B. und auch der
3lse B., wert sind, besonders gefördert zu werden.
Ich meine, einr sreie Arbeitsgemeinschaft sollte die
urkprünglichen Begabungen und nur diese, ihrer Be-
gabungsrichkung entsprechend tördern. Eine solche
ursprüngliche Begabung ist vielleicht Herta E., deren
Zeichnungen, namentlich die obere auf Tafel V, mir
von allem Gezeigten am besten gefallen.

Die Bemerkungen ües Herrn Prof. M- über das
Naturzeichnen können nichk unwldersprochen bleiben.
Anscheinend ist er mit der psychölogischen Erforschung
des Wesens des elgentriebigen kindlichen Gestaltens
wenig vertraut, sonst würde er sich nicht darüber
wundern, däß er bisher als Fachberater in den
Schulen „auf der Ilnterstufe nur töenig erfolgrelche
Darstellungen nach der Äatur gesehen hak". Die Bel-
spiele, die er zeigk, um den „überzeugenden Wert"
der sachlich eingestellten Naturbeobachtung zu be-
weisen, sind leider nicht überzeugend. Sehen wir uns
einmal dle Zeichnung mit der Schnecke genauer an.
Zunächst: ein sonderbarer Gedanke, eine Holzschnecke
zeichnen zu lasien! — Bon hier ist es nicht mehr weit
zu den künstlichen Früchten und Pilzen, die immer
noch für den Zeichenunterricht fabriziert werden. —
3st nun aber diese Zeichnung wirklich eine sachliche
Darstellung nach unmittelbarer Anschaüung, also eine
erscheinungsgemäße Darstellung? 3st fle nicht viel-
mehr eine gedächtnismüßige, bzw. eine vorstellungs-
mäßige Darstellung? Man wird auch nicht sagen
können, das BUd der Wiese mit den Blumen wäre
 
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