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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 9 (September 1926)
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Lindemann, Reinhold: Künstlerisches Sehen und Erleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0209

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186

bezug auf Farbe versagt zunächst das Auge vor der
Forderung, die Farbengesamtheit aufzufaflen, das
System der gegenseitig sich stühenden und steigernden
Töne, die farbigen Entsprechungen und Wider-
sprechungen, wie sie durch das Bild im ganzen durch«
gehen und wie sie sich zart und reich in ihrem Zu-
sammenklang särben und umfärben können. Ilnd
nun liegt ja Farbe, Licht und zeichnerische Form
nicht als etwas Gesondertes nebeneinander, sondern
alles entspringt aus einem und demselben Quell, und
erst wenn wir die Einheit fühlen, wie diese ver-
schiedenarkigen Elemente sich gegenseikig bedingen,
yaben wir den Standpunkt gewonnen, von dem aus
wir dem Bild in die Augen zu sehen vermögen, so-
daß nun seine Seele zu uns zu sprechen anfangen
kann (Wölftlin).

Dazu reicht nun freilich ein einfacher, künstlerisch
noch so gereinigter Sehakt nicht mehr aus: der
ganze Mensch muß schließlich sehen lernen, nicht
nur das Auge als anatomisch differenziertes Organ,
um zu dem letzten Erlebniskern eines Werkes vor-
zudringen. Nur eine künstlerische Augensinnlichkeit,
die sich zugleich mit der ganzen Summe persönlichen
und überpersönlichen Lebens zu erfüllen weiß, wird
die geheimen Zugänge zum wirkiich künstlerischen
Erlebnis finden. Oder, um das schöne Mort
Lionardos zu gebrauchen: das Auge muß das Fenster
der Seele sein. Denn mik einer noch so erschöpfenden
Nachgestaltung der rein formalen Ausdruckswerte,
die ein künstlerisch völllg geschultes Auge zu leisten

vermöchte, ist ja im Grunde nur nokwendigste Bor-
arbeit getan. Gewiß — Farben und Linlen, Lichter
und Schatten, flächenhafte und plastlsche Form-
elemente und ihr reich verschlungenes komposikionelles
Ineinander — all das muß erst restlos erfaßt und
durchdrungen sein, soll unsere Empfängllchkeik für das
Lehte, die Seele des Merkes wach werden, so wie
flch jede Liebe, die zur kiefen Leidenschaft führt, zu-
nächst an Aeußerlichem entzündek. Aber das Werk
ist mehr als seine bloß sinnlich erschaubare Form: die
Form isk vom Gehalt nicht zu trennen und das Wie
nicht ohne weiteres mit dem Was identisch. Zwischen
einer gut gemalten Madonna und einem ebensogut
durchgeführten Stilleben besteht nicht nur ein Ilnter-
schied in der formalen Struktur. Schon mit der Wahl
des künstlerischen Vorwurfs beginnk der eigentlich
schöpferische Gestaltungsakt, bei dem die Seele des
Künstlers mit alien chren Kräften mitschwingt, so datz
schließlich das geformte Merk die ganze Eriebnis--
summe eines Menschen verschwiegen enthält und
überdies noch alles das, was mehr als der einzelne
Mensch bedeutet. Damit wird das dem Auge er°
schaubare Werk zum Gleichnis für völlig Aüanschau-
liches, niemals Geschaukes, und verlangt auch vom
Empfangenden das erlebende Mitschwingen des
ganzen Menschen, um so seine höchste Aufgabe er-
füllen zu können, nämlich die: — wie es selbst einem
erleuchteten Augenblicke der Seele enksprang, —
durch das Auge, das Fenster der Seele, wieder Licht
in die Tiefe des menschlichen Herzens zu senden.

AuS .BUdhasteS Sestalten', herausgegeben von den getchenlehrern nnd Zeichenlehrerinnen im Saargrbiet



^ tzerrn Amtsgenossen Sommer!

Wenn Sie es aufrichkig meinken mit Zhrer Be-
hauptung, der „Achtung vor jeder ernsten lieber-
zeugung", HStten Sie offene und versteckte Belet-
oigungen wohl unkerlassen. Da Sie außerdem in-
folge unsachlicher Einstellung dauernd ein völlig fal-
sches Bild von mir und dem, was ich vertrete, ent-
werfen, lehne ich jede weitere Erörterung mit Zhnen

°b- Schäffer.

Amschau



Berlcht über de« V. Inkernatlonalen Koagreß

filr Km»ft«nrerrrcht. Zeichnen mrd angewandke

Kunfi in Paris 1923 (30. L>U bls S. Angust 1S2S).

Zn „Kunst und Iugend", Heft 2«des laufenden
Iahrganges, konnten wlr die von dem Kongreß auf-
gestellten Thesen veröffentlichen. Heuke negt uns
ein Berickt über den Kongreß von Prof. Ph. Rit -

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