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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 10 (Okotber 1926)
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Kellermann, Elisabeth: Vortrag über den neuzeitlichen Zeichenunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0218

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un5k und 9ugend

Deutsche Blätter für Zeichen-Kunst- und Werkunterricht

Zeitschrift des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen

Verantwortlich für die Schriftlettung: Profefsor Gustav Kolb, Göpptngen
Druck und Berlag: Eugen hardt G. m. b. H. Stuttgart, Langestraße 18

6. Iahrgang Oktober 1926 Hest 10

Vortrag über den neuzeitlichen Zeichenunterricht. Von Elisabeth Kellermann, Itzehoe in Holstein. — Rhhth-
mus und Naturform. Von Walter Behm, Berlin-Friedenau. — Kunstbetrachtung und Richtlinien. Von
Alfred Oppermann. — Die Vhantasie des Kindes. Von E. Betzler, Frankfurt a. M. — Zeichenunterricht
und Kunstbetrachtung. Don Walter Hofstaetter. — Lehrplanentwurf für den Zeichenunterricht an Lhzeen
und Oberlyzeen. Von Margarete Herold, Trier, Hildegardisfchule. — Buchbesprechungen. — Umschau. —

Inferate.

Vortrag über den neuzeitlichen Zeichenunterrrcht

gehalten auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft für höhere Mädckensckulbilduna in Sckleswla-
Holstein von Elisabeth Kellermann, Ztzehoe i. Holstein. 19. 3uni 1926 in Altona.

„Meine Damen und Herren, liebe Kollegen!

„Das Beste gehört nicht uns zu, und wir wiffen
nichk, von wem wir es haben. Was sind wir alle -
samt anders als Boten, die versiegelte Gaben
zu unbekannten Leuten kragen!?", sagt Wilhelm
Raabe In seinem „Abu Telfan".

Wenn ich heute an dieser Stelle versuche, ffhnen
ekwas von dem Glanz und Leuchten mannigfal-
tiger Gaben zu erzählen, so möchte ich vorerst denen
herzlich danken, die mich hierher gerufen haben.
Wenn man seit reichlich einem ffahrzehnk so seine
sieben Meilen hinter dem Monde wohnt wie ich in

-Ihehoe, erscheint einem das Berkrauen an-

derer Planekenbewohner immer im höchsten Grade
— leichkstnnig.

Und nun zur Geschichte des Zeichen- und Kunst-
unterrichtes, zu unsern Erfahrungen, Freuden, Be-
fürchtungen und Hoffnungen. Der Sklave ist —
frei! Befreit! Endlich! Endlich hak man
begriffen, daß man das Schöne nicht fangen und
zwingen kann, daß es flch nur schenken und
cmpfangen läßt, und irgendwie daheim ist in
jedem lebendigen Herzen, in jedem Kind, — wenn
man es nicht verjagt!" Schönheit ist immer ein
Hinzugekommenes, und wir wiffen nicht
was," aber wir wiffen, daß nur fromme Augen
Gott schauen und nur die Augen den hinrei-
ßenden Glanz des Schmetterlingflügels gewahren,
welche in Einfalt und Skille mik den Blumen auf
den Sonnenstrahl zu warken vermögen.

Kinder sind — „Hauchblättchen", so bald fle den
Atem warmer, liebreicher Nähe spüren, beginnen fle
ihr fröhliches Spiel freier Bewegung, während
Kälke und Bernunfk tödlich wirken, zum mindesten
auf den Schaffenstrieb. Bielleichk ist auch darum
der Künstler dem Kinde mehr Freund wie andere
„vernünftige Leute", weil er selbst ja nie ganz er-

wachsen wird und stch so recht unvernünftig freuen
kann, wo andere nur von außen oder gär nicht lacheln,

— Kinder, Tiere und Blumen können ihm näher

stehen als sein gesamker Bekanntenkreis! Es gehen
schaurige Sagen um von der linliebenswürdigkeit
produkkiver Menschen (man mutz dazu nlchk nok-
wendtg in Mestfalen geboren sein) — ich erinnere
an die diesbezüglichen Akken über Menzel, der
sich krohalledem an der Anmuk elnes im Winde
wehenden Borhangs so berauschen konnke, daß
jenes Bild unauslöschlich in vieler Gedächknis lebk,
auch in dem meinigen, und das von der Schulbank
her. ' .

Aber dle schaurigsten Dinge, von denen gerade
wir Zeichenlchrer so yiel Hören, werden aus Groß-
vakers Zeiken berlchket, nämllch Lber den Zeichen-
unterrichk selbst. Da grollt ein ganzes Gewitter
von Seufzern herauf: — Gips, — Quadrate, —
Würfel, — monakelange Vorlagen — usw. Ob in
dieser guken, alken Zelk gerade die Zeichen-
lehrer soder die, die es wohl oder übel gerade sein
mußken) sich so besonders glücklich gefühlt haben,
wage ich zu bezweifeln. Sie krugen Ketten.

Wir Heutigen haben den unschLhbaren Vorkeil,
ohne Maske aufkreken zu dürfen, ganz abgeschen
von unserm Akademiestudium — wlr dürfen endlich

— aoch von Staats wegen — das sein, was wtr

sind: ' ..

„SchatzgrSber"

und haben nur eine Lehrmeisterin: die Nakur! —
u m und i n uns! Zu meiner chrlichen Freude be-
tonke schon 1925 Herr Ministerialrat Richerk in
Dresden auf der Tagung des Reichsverbandes der
akademischen Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen,
daß der Staak mit noch so schönen Lehrplänen die
notwendigen schöpferischen Kräste nichk zu
schaffen vermöchke, und daß alle Schulreform nur
 
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