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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 2 (Februar 1926)
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Göritz, Hugo: Die große Fläche
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0042

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36

Die große Fläche

von Lugo Görih,

Der neue Zetchenlehrplan bringt neben den guken,
alten Lehraufgaben noch neue, die sich als nühlich
erprobt haben und sich für die Zwecke der allge.
meinen Bildung eignen. Eine neue Art von Auf-
gaben, dte im ersten Teil der Richtlinien bei den
methodischen Ausführungen für unser Lehrfach er-
wähnt werden, soll in diesen Zeilen zur Besprechung
kommen. Es soll unter Anwendung der grotzen
ZeichenflSche von einer Anzahl von Schülern an
einer gemeinsamen Aufgabe gearbeitet werden. 2m
Lehrplan heißk es darüber: „Die im Zeichenunter-
richt erworbenen Fähigkelten sollen bei gemeinsamer
Arbeit bei der künstlerischen Gestaltung von Schul-

Die Frage, ob es richtig ist, daß unsere Schüler
neben dem Zeichnen und Malen auf chrem Zeichen-
block auch an das Arbeiten auf einer gröheren
Zeichenfläche gewöhnk werden sollen, kann bejaht
werden. Schon in her bisherigen Mechode war es
unsere Aufgabe. den Schülern beim Wandkafelzeich-
nen eine grötzere Fläche zu geben. Die Gedächknls-
zeichnungen bekommen hierbei eine drei- bis fünffach«
Bergrötzerung. 2eder Schüler haüe wohl zunächst an
der Wandtafel seine eigene Aufgabe zu lösen. Doch
bald kamen wir auf den Gedanken, der 2dee der Ar-
beitsgemeinschaft der Schüler, also des gemeinsamen
Arbeikens zu einem Gesamkbild folgend, allen an der
etwa acht Meker langen Mandkafel arbeikenden
Schülern eine gemeinsame Aufgabe zustellen und ein
Bild zu schaffen, welches die ganze Schulkafel aus-
füllke. Mokive ergaben sich in grotzer Zahl aus dem
Unterrichksstoff. Das Zeichnen nach dem Borbilde der
rund geformken Früchte: Apfel, Birne, Pflaume und
Kirsche gab Beranlassung zur Betrachkung der Obst-
bäume, des Obstgartens und der Obsternte. An der
Wandkafel enkstand nun als gemeinsame Zeichnung.
von sechs bis achk Schülern gezeichnek, die eines
Obstgarkens mit Gartenzaun, verschiedenen Obstbäu-
men je nach Art und Grötze, zur Ernkezeit mik Obst-
leitern, Obstkörben und Leuken, welche die Ernke be-
sorgen, sogar ein Bienenhaus mit Bienenkörben,
welche an die Blükezeit erinnert, fehlke nichk. 2m
Berlauf der Arbeik wurden die Schüler aufmerksam
gemacht a«f die richtige Verteilung der zu zeichnen-
den Gegenstände auf der Fläche und auf die Zu-
sammenwirkung des Ganzen, von bestimmker Enk-
sernung aus gesehen. Mit Eifer und großer Arbeits-
sreude krug jeder Schüler seinen Teil zum Ganzen
bei und so entstand elne Arbeit von gutem bildenden
und erziehlichen Wert. Eine kleine Anzahl anderer
gemeinsamer Arbeiten seien erwähnk. Bei der Be-
trachtung der Acker- und Feldgeräke enkstand das
Bild des Ackerfeldes mit der Bearbeikung desselben,
das Pflügen, Säen und Eggen mit Vorzeigen und
Besprechen von Kunstbildern, Federzeichnungen oder
Radierungen, welche diese Motive enkhalten; ferner
däs Getreidefeld und seine Ernte, das Mähen, Auf-
bauen der Garben usw. Bei der Betrachkung des
Bauernhauses, auch nach Steinzeichnungen, wurde
das Bild der Dorfstraße mit dem Berkehr auf der-
selben und beim Stadkhaus ein Straßenbild mit

Cöpenick-Wendenschlotz.

Straßenbahn, Stadtverkehr und Leben in der Ber-
kehrsstratze gezeichnet. 2m Winterhalbjahr wurde
in einer Zeichenstunde die Mandtafelfläche zum Bild
einer Eisbahn, auf welcher sich die Schlittschuhläufer
oder Kinder mit Schlitten tummelten oder es ent-
stand eine Schneefläche mit Schneemännern und mtt
schneeballenwerfenden Klndern, ferner der 2ahrmarkt
und zur Weihnachtszeit der Weihnachtsmarkt und
die Weihnachksbescherung. 2n den mittleren Klassen
wurde neben der weihen Kreide noch die farbige
oerwendet, um damit näher an das Nakurbild heran-
zukommen. Oft war es sehr schade, datz dle enk-.
ftandenen Arbeiten bald wieder mit dem Schwamm
verlöscht werden mutzten und nur den Schülern der
einzelnen Klasien eine kurze Zeik zum Beschauen
vergönnk war. —

tlm nun die Uebungen des Zeichnens auf grotzcr
Fläche besonders in den oberen Klaffen rtchtig fort-
zusehen und Arbeiten von dauerndem Wert zu
schasfen, mützke mik dem Makerial gewechselt werden: l
z. B. Äusschneiden von farbigen Stoffstücken und
Aufnähen derselben auf größeren Skofflächen. Ar-
beiten dieser Ark sind für die Schüler noch interes-
sanker, scheitern aber häufig an der Kostenfrage
beim Material und wurden disher wohl nur wenig
hergestellt. Zur Mitarbelt kommk hier in MSdchen-
schulen noch ein anderes Lehrfach, die Nadelarbeit
in BekrachL Eine gemeinsame Arbeik solcher
Ark, sah man schon vor einer Neihe von 2ahren in
Berlin in einer Ausstellung von Schülerarbeiken des x
Arbeitsunkerrichkes in dem kurz vorher errichteten
Neubau des Lehrervereinshauses am Alexandetplah
in Berlin. Die Schüterlnnen einer Dolksschulklasie
hatten dort eine gröhere geinelnsame Klaffenarbeik
ausgestellt. Auf einem eln Meker breiten und ekwa
zehn Meker langen Gewebefioff war eine rote Ziegel-
dachreche mik Schornsteinen oargefiellt. Auf dem
Dache tummelken flch schwarzweiß geflechte Katzen
in verschiedenen Stellungen. Die Kahenbilder wur-
den im Zeichenunkerricht nach nakürtichen Vorbichern
gezeichnek, aus Stoffen ausgeschnitten und auf die
grotze Skoffläche ausgenähk. So war durch gemein-
same Klasienarbeit ein Klasienschmuck entstanden, der
die Schülerinnen zur Arbeitsfreude erzog und auch
in anderen Anterrichtsaufgaben seinen Zweck ec-
füllte. - s ^ ^ .

2n den grotzen Warenhäusern der Grotzstädte
werden in den kunstgewerblichen Abteilungen ähn-
liche Arbeiken als Wändschmuck zum Berkäuf ge-
stellt, wenn schon ln nicht so grotzer Ausdchnung
wie oben beschriebenes Beispiel. Es stnd aber Ar-
beiken, die sür unsere Schularbeit vorbildlich sein
können. Motive, schwarz oder farbig, Scherenschnltke
mit Darstellungen aus Märchen, aus der Natur und
aus dem Leben können guk zu größeren Arbeiken
mit Leimfarben auf kräftigem Packpapier oder zu
Scherenschnitten mit Papler oder Stoffen verwendet
werden, so ekwa: „Hänsel und Gretel bei der Hexe",
„Fliegende Möven, stch aus dem Waffer erhebend",
„ein Hühnerhof", „Rch im Walde" «sw. —

2n den oberen Klaflen unserer Echulen kvnnen noch
grötzere gemeinsame Arbeiken bei der Deranstaltung
 
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