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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 1 (Januar 1926)
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Völker, August: Die Entwicklung von zeichnerischen Ausdrucksmöglichkeiten und Bildideen aus Material und Technik
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Zu unserer einfarbigen Kunstbeilage
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Schäffer, Paul: Der künstlerische Tanz und seine Beziehungen zu den Grenzkünsten
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0014

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verfahren, der Kaltnadel- und der Grabsticheltechnik
zu machen sind, wozu noch die Erfahrungen im
Aetzen und Drucken kommen, weit vielseitiger als
die bei dem verhältnismähig einfachen Holzschnitt-
verfahren. Aus dem Verständnis des Material-
technischen wird für neue Arbeiten manche Anregung
und Zdee sich entwickeln.

Auch für die verschiedenen Techniken der Malerei
dürfte sich aus solchen Versuchen Werkvolles zrrgeben.

Für das Aquarell ein paar nichk zu kleine Bogen
zu opfern, nur Pinselstrich, Farbflächen, Abtönungen,
Verwaschen von Farbrändern mik naflem und halb-
krockenem Pinsel usf. durchzuprobieren, also ein kind-

lich naives Spiel nur mit dem Material zu treiben,
ohne an Bildhaftes zu denken, kann Wirkungen
zeitigen, Bläkter zustandebringen, die doch etwas vom
Bilde haben, und zu Ergebniflen führen die bei späke-
ren Arbeiten sich wieder verwenden oder erreichen
laflen.

Weiteres braucht wohl nicht ausgeführt zu werden.

3ch möchte zum Schluß nur noch darauf hinwetsen,
dah auch bei der zeichnerischen Arbeit vor der Natur
der Meg von diesem rhythmisch probierenden Ge-
strichel zur eigentlichen Darfiellung ein paar ver-
strichelte Blätter lohnen wird. Es ist ein Weg zu
individueller Technik und Darskellitng.

Zu unserer einfarbigen Kunstbeilage

(Schülerarbeiten der Oberrealschule zum Dom, Lübeck.)


I. Arbeit eines bes. nach der dekorativen Seite
begabten Terttaners. Material nicht das Beste.

II. Sekundanerarbeik. Alle Flächenteilungen in
der Erfindung fast gleich gut; die linearen
etwas zu derb, die Tonwertfüllungen dafür
von außerordentlich feinem Gefühl für die
Ausdruckswerte der lichten, zarten Töne bet
sparsam, als Gegensatz verwendetem Schwarz.

III. Arbeiten verschiedener Schüler verschiedener
Klassen von v l bis O III.
a) Ausgezeichnek in der andeutenden Linien-
rhythmik — vielleicht Erinnerung an einen
Waldhang mit gefällten Skämmen. (Ter-
ttaner.)

I») Die reichen Abstufungen des Hellen, Lich-
ten, durch den Gegensatz des verhältnis-
mäßig wentgen Schwarz erst gehoben, ge-
mahnen an Eis, Schnee, Morgenhimmel
und Aehnliches. (Sekundaner.)
e) Ilnwillkürlich denkk man beim Erblicken

dieses fchmalen Querformats an etwas
Landschastliches, ekwa an einen Blick auf
Giebel, DScher, Gaflen elnes von oben ge-
sehenen Dorfes zwischen Abhängen, Acker-
flächen und dunklen Maldungen. (Ilnker-
tertianer.)

6) Die sammekschwarzen Tiefen, unterbrochen
von lichtweißen Durchdlicken, haben etwas
Mystisches: das Schaurig-Grhabene, Tlef-
ernste von Geblrgsschluchten, Höhleneingän-
gen. (Unterprima.)

o) Thema „Streit", — Rein dekorativ. „Zacken
und Zähne" ekwa: vdn reicher Erfiniwng der
Linie und feiner Tonabstufung. (Ober-
sekünda.)

IV. Bildhafkes, aus freier Flächenaufteilung ent-
standen. Alle drei Versuche aber vom Gegen-
ständlichen, bem Hang zür Form, beeinflußt,
der lehte wieder Thema: Skreik. Matertal
leider nichk besonders gut. Sehr begabker
Obersekundaner.

Von Paul S ch'ä f f e r - Ilelzen.

Die Ilmwälzungen auf dem Gebiete der Kunst in
den lehten Dezennien, eine Folge des Kampfes gegen
Akademismus und makerialistische Einstellunq, haben
auch den künstlerischen Tanz aus der Sphäre des
Artistischen in die der schöpferischen Kunst
erhoben. Ilnd bei keiner Kunstart lag eine derartig
dringende Notwendigkeit einer Erlösung aus unwür-
digen Verhälkniflen vor, wie gerade bei der Tanz-
kunst, die in den Formen des Balletts sich erschöpfte.
Wenn man bedenkt, dah diesem Ballekt schon seit
der italienischen Oper nur opttsch-sinnliche Reize
zugestanden wurden, wird man es ermeflen können,
was während der makerialistischen Kunstauffaflung
des 19. Zahrhunderks aus diesem Kinde Terpsichores
geworden ist. Das Ballett, das in der technischen
Durchführung des Spitzentanzes sein höchstes
Ideal sah, gelangte im günskigsten Falle zu bloher
Eurhythmie, ohne auf irgendwelchen inneren Wert
Anspruch erheben zu wollen. Damit war der Tanz
allmählich aus der Reihe der ernsthaften Künste aus-

geschieden; ihm fiel die Roüe der Ilnterhaltüng zu.
seine Formen erstarrten mehr und niehr, bis er in
der Pankomime übelster Art sein Lnde fand. Und
wenn Spengler sagt, die gew o r d ene Form — im
Gegensahe zur werdenden — sei tot, so wird es hier
mil gröhter Deutlichkeit bewiesen.

Seit rund 20 3ahren, eingeleilet dürch die Duncan,
macht sich eine Wandlung bemerkbar. Der Tanz
wird stch seiner schöpferischen Mögltchkeiken
bewußt; er sprengk die koten Formen. Mährend
früher die bereits geschaffene Form mit einer 3dee
angefüllt, oder vielmehr lhr ein Gedanke unker-
gelegk wicd (Pankomime!), wlrd jetzt die tänze-
rische 3dee das Primäre» die sogleich mit der
Form als Einheit geboren wird. Ls handelt flch
also hierbei um den gleichen Schöpfungsakt wie
bei den andern Künsten auch. Dle Mirkung ifb dem-
entsprechend dieselbe: Die moderne Tanzkunst hak
gezeigk, daß auch fle an die irrationaken Gründ-
beziehungen des Menschen zu rühren vermag. Ilnd
 
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