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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 11 (November 1926)
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Sains, Wilhelm: Versuch eines Konzentrationsplans im Zeichnen
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Oppermann, Alfred: Kunstbetrachtung und Richtlinien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0257

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werden bei gelegentlichen Ausflügen die Gesehe und
die opkischen Erscheinungen der Linien- und Luft-
perspektive klargemacht, um so das bewußte Sehen
und Beobachten zu stärken. Aus der Kunst dienen
gute landschaftliche Darstellungen, um die perspekti-
vischen Gesehe in der Darstelluna angewandt kennen
zu lernen und um ferner in den Geist der Landschaft,
den die Erdkunde mehr durch Schilderung offenhart,
im Bilde zu sptiren.

Alte Sprachen: Kunstwerke der Antike dienen
zur Würdigung und Erklärung künstlerischen Schaf-
fens, wobei vom Geiste der Antike ausgehend in den
der modernen Zeik hinübergeführt wird. Primitive und
Höchstleistungen der alken Bölker sollen dazu dienen,
in die Gesehe bildhaften Gestaltens einzudringen.
Durch Bergleich von alten und neuen Kunstwerken
soll versucht werden, die alte Zeit in ihren Auf-
fassungen im Gegensah oder Einklang zur neuen Zeit
oerstehen zu lernen.

Neue Sprachen: Bci Kunstwerken anderer
Bölker wird auf das ihnen Eigentümliche hinge-
wiesen, um so das Bolk tiefer verstehen zu lernen.

Mathematik: Es wird auf den makhema-
tischen Geist aller grohen Kunstwerke hingewiesen,
in denen kosmische Zusammenhänge nach exakten
Gesehen in Materie umgewandelt sind. Das Raum-
gefühl, Perspektive und Prosekkionslehre finden in
Kunstbetrachtung und Darstellung Erklärung und An-
wendung. Die Beziehungen der bildenden Kunst zur
Geometrie und die Perspektive als Grundlage der
Malerei sind an geeigneten Beispielen aus beiden
Gebieten zu erläutern.

Naturwissenschaft: Die Schüler werden
zur Darstellung von Pflanzen, Tieren nach dem

Leben und dem Modell angelernk. Das Zeichnen des
fich bewegenden Tieres vertieft das Wiflen und stärkk
die Borstellung. An Skeletten von Mensch und Tier
werden die Vorbed-.ngungen und Boraussehungen
von Form und Bewegung erklärk. Es wird steks auf
das Organische in der Nakurform hingewiesen als
Boraussehung für die Darstellung. Im Bergleich von
Nakur und Kunstwerk werden die beiden gemeinsam
innewohnenden Gesehmäßigkeiten erkannt und so
die Achtung vor Natur und Kunst verstärkt und ver-
kieft. Gelegentliches Modellieren von Früchten,
Blumen, Blättern, Tieren usw. wird gepflegt.

Chemie: Die Schüler werden Lber Farb-
pigmente und ihre Herstellung gelegentlich unter-
wiesen. Die chemischen Bestandteile der Farben
sollen bekannt werden.

Physik: Der Borgang des Sehens wird physi-
kalisch und weiter auch psychologisch erklärt, sowie
die optischen Zusammenhänge des Sehens in bezug auf
Licht- und Farberscheinungen. Die Schüler sind mit
dem künsklerischen und dem physikalischen Farbsystem
bekanntzumachen. Apparake sowie önstrumente uön-
nen als Zeichenobjekte Berwendung finden. Techno-
logisch wird über Herskellung und Art der Papiere,
Zeichen- und Malmiktel, sowie über dle Druckver-
fahren der Graphik uno der Bervielfälkigungs-
industrie gelegentlich gesprochen.

Musik: Es wird auf die Verwandtschaft zwtschen
Farben und Tönen, sowie musikalischen und bild-
haften Gestalkens hingewiesen.

Leibesübungen: Auf die Schönheit «nd
Rhykhmik der Bewegungen des menschlichen KörperS
wird aufmerksam gemacht und Bewegungen deS
Modells tSchüler) werden skizziert.

Kunstbetrachtung und Richtlinien

don Alfred Oppermann.

Schluß^

Schwierigkeiten für die harmonische Eingliedernng
des Zeichen- «nd Kunstunkerrichts in den
Organismus der höheren Schule.

2n diesem für uns Norddeutsche noch so unerquick-
lichen Kapitel sei alles ausgeschieden, was als Folge
eines materiellen Konkurrenzkampfes auftrikt, also
auch die offizielle Abwehrstellung des Philologenver-
eins und die Begründungen dazu. Gewöhnlich klettern
die Argumente dann in die höchsten Horizonte der
Weltanschauung, wenn der Boden nicht mehr ganz
tragfähig erscheint. Bermuklich wlrd man sich in
Preußen auch gegen den Zeichenlehrer-Studienrat z«
schühen wiflen, weil das Kastenwesen doch so gotk-
wohlgefällig ist. Wir werden in unserer Fachzeit-
schrift besser danach fragen, was wir selbst zur Ge-
sundung der Verhältnisse, kun können, wie wir dem
Geiste der Schule dlenen wollen.

Der Gegensatz zwifchen Kunst und Wissenschafi.

Wir hören in unserer Zeikschrift fast zuviel
von dieser Konstruktion. Man kann wohl eine
wiflenschaftlich-theorekische Bekrachtungsweise des
Philologen in Gegensatz stellen zu der künstle-
rlschen Stellungnahme des Zeichenlehrers, aber
diese Dinge bringen in den Unkerricht nur eine
Nüance, indem flch hier die' Perfönlichekit des

Lehrers enthüllt. Wle reich lebt es flch hier in den
Grenzgebieten, wo die Geistesströme in furchtbarem
Austausch hin und hergehen, wieviel Möglichkeiten
der vielfältigen Betrachkung der Dinge. Hler ist das
Gebiet der vielseitigen Veranlagungen, die mit glel-
cher Triebhafkigkeit (etwa wie Goethe) geologische
Profile zeichnen und Verse machen. fle weiter auf die
Seiten, wo stch die Beranlagungen scheiden lassen,
desto weniger geeignekes Makerial flieht.dem Leh-
rerstande zu. Die reine wissenschaftliche und reine
künstlerische Lelstung einer Lehrerpersönllchkeit wird
immer außerhalb des Unkerrichks stehen. Wohl heißk
die höhere Schule eine wissenschaftliche Anstalt, aber
der reine Misfenschafkler im Slnne des 19. Iarhun-
derks ist an ihr sehr selten gewesen. Fangen wir aber
an beide Richkungen zu Weltanschauungen aufzu-
blähen, die die Schule bestimmen sollken, dann er-
geben flch unheilvolle Konstrukklonen. Dann werden
stch Künstler und Missenschafiler vorwerfen am
Aeußeren zu kleben, während man selbst das Innere
besttzt. Dann erscheint die Wissenschafk dem Künstler
als konstruierend enkseelt, der Künstler dem Wissen-
schafkler als chaokisch-ungeordnet, dem Schein der
Dinge nachjagend. So sehr uns „Kunstanwälken" das
Goekhework von der grauen The.orle und dem grünen
Baume des LebenS nahe liegk,'-so sehr wkr ganz tm
 
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