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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 3 (März 1926)
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An schöpferischen Menschen leiden wir Mangel
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Schubert, P.: Noch einmal "Kunstunterricht im bildhaften Gestalten und Kunstbetrachtung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0056

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Aunst un

Deutsche Blätter für Zeichen-Kunst- und Werkunterrtcht

Zeitschrift des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen

Verantwortlich für die Schriftleitung: Profesior Gustav Kolb, Göppingen
Druck und Verlag: Eugen Hardt G. m. b. tz. Stuttgart, Langestraße 18

6. Iahrgang

März 1926

tzest 3

An schöpferischen Menschen leiden wir Mangel. Von Max Kruse. — Noch einmal „Kunstunterricht im
bildhaften Gestalten und Kunstbetrachtung". Von P. Schubert, Frankfurt a. M. — Unterricht ist Entbindung
gestaltender Kräfte". Von Stärk, Ladenburg. — Skizze zur organischen Gestaltung des Zeichen-, Kunst-
und Werkunterrichts im Rahmen unseres Faches und des gesamten Lehrplanes. Vön W. Frantzen, Grö-
nau i. W. — Zeitgemäße Betrachtungen über Schulreform und Zeichenunterricht. Von tzetnrich Boffe,
Magdeburg. — Nochmals: Der Expressionismus. Von Rudolph Gahlbeck, Schwerin. — Zu den ^Anfichten
eines Ünmodernen- Von P. K. Sommer, Gandersheim a. H. — Denkmalpflege, tzeimatschutz und kunstlerische
Lrziehung. Von Fritz Merwart. — Fastnachtspuppen. Von W. Frantzen, Gronau i.W.— Ilmschau.— Inserate.

An schöpferischen Menschen leiden wir Mangel

Die Phantasie wird durch unser heukiges Erziehungssystem genau so unterbunden wie dte Gefühlsenlwick-
lung. ön der Kindheit haben die meisken Menschen Phantasie, aber kein Erzieher denkk daran, sie zu
entwickeln, sie wird vielmehr nur zu oft als Ilnkrauk ausgejätet. Allerdings würde es elne voükommene
Veränderung unserer Kulturbegriffe bedeuten, wenn wir Gefühls- und Phantasieentwicklung zur Basis der
Erziehung machen würden, aber es wäre der einzigs Boden, auf dem schöpferffche Menschen,
an denen wir offenbar Mangel leiden, und nach denen das Verlangen schreit, wachsen könnken.

Max Kruse in „Ein Weg zu neuer Form" <bei Georg W. Dietrich, München).

Noch einmal

„Kunstunterricht irn bildhasten Gestalten und Kunftbetrachtung"

(Rezeptiv oder produkklv.)

Bon P. Schubert. Frankfurt a. M.

„Nach einem Ausspruche Goethes deutet alles
Theoretisieren auf ein Skocken oder Nachlaffen der
schöpferischen Kräfle. Dieses Work hat die Krafk
eines Lehrsahes und gilt ebensowohl für die Bölker
wie für die ondividuen." So beginnt Scheffler seln
Buch „Der Geist der Gotik" und weist dann nach,
daß in den 150 öahren der Aufwärtsentwicklung und
der Herrschaft der Kunsttheorie die schöpferischen
Kräfte bevormundet und ihrer Eigenart beraubk wur-
den oder ganz brach lagen. Heute regen fich diese Kräfke
wieder und die oberste preußische Schulbehörde hat
den vor dem Krieg kaum für möglich gehaltenen
Schritt gekan und bei einer großzügigen Schulreform
der Kunst, besonders der Kunstübung, einen bedeu-
tenden Plah in der höheren Schule mitten unter
den kulturkundlichen Fächern gegeben. Die satksam be-
kannken, ausgezeichneken Morte in der ministeriellen
Denkschrift und in den Richklinien haben schon eine
fühlbare Umstellung, auch der Philologen, zugunsten
des Kunstunkerrichks Herbeigeführt, allerdings häufig
in einer ganz eigenartigen Richtung, die von den
Schöpfern der Echulreform sicherlich nicht beabsichtigt
war.

„Kunst" ist beinahe etwas wie grotze Mode in
vielen höheren Schulen geworden. ön den Zeib-
schrifken sür die kulturkundlichen Fächer, besonders
für den Deutschunterricht, mehren stch dle Äüfsätze
über „Kunstbetrachtung", und oft find ste so abgefaßk,
als wenn dieses Unkerrichtsfach vou dem Philologen
ganz neu enkdeckt worden sei. Deshalb wird auch
fast immer Lle Forderung erhoben, daß die Kunst-
belrachtung (lies Kunftgeschlchte) den Philologen er-
halten bleiben muß. Daß die Zeichenlehrer schon
lange vor der Reform im Rahmen ihres Unterrichks
und durch Museumsbesuche Kunstbetrachkung gepflegk
haben, wird nicht oder nur beiläufig erwähnt. Wohl
aber findet män solche Meinungen: „Wenn der
Zeichenlehrer Derständnis zeigt, kann er mit heran-
gezogen werdem" Mit vielen grotzen Worten wird
von der Bedeukung der bildenden Kunst für die
Volkskultür gesprochen, aber von der Kllnstübung,
dem Unkerrlcht im bildhaften Gestalken, der produk-
tiven Kunsterziehung, wird kaum ein Wort gesagt.
Keinem der Aufsatzverfasser fällk der Widerfinn auf,
der darin besteht, daß man die cheoretische Behand-
lung der Werke bildender Kunst pflegen will vnd
 
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