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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 7 (Juli 1926)
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Kunze, P.: Nanuk der Eskimo im Linolschnitt oder die Schwarzweißkunst der Sextaner
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0143

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Deutsche Blätter für Zeichen-Kunst- und Werkunterncht

Zeitschrift des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen

Verantwortlich für die Schrlftleitung: Profeffor Gustav Kolb, Göppingen
Druck und Verlag: Lugen tzardt G. m. b. tz. Stuttgart, Langestraße 18

6. Iahrgang Iuli 1926

tzest 7

Nanuk der Eskimo im Linolschnitt oder die Schwarzweißkunst der Sextaner. Von P. Kunze, Stade. —
Die Dürer-Schule. Von G. K. — Aber Feste und Feiern an der Dürer-Schule. — Zu „Anslchten eines
Nnmodernen". Von P. K. Sommer, Gandersheim. — Kunstkeramik als Kirchenschmuck. Von Gustav Gericke.

— „Bildhaftes Gestalten". Von Franz Ziegelmüller. — Aber Raffael hinaus. Von tz. Port, Gevelsberg.

— Die Internationale Ausstellung moderner künstlertscher Schrift in Wien und Rudolf von Larisch. —
Grundzüge der Indischen Kunst. Von St. Kramrisch. — Zu unserer Kunstbeilage. — Buchbesprechungen.

— Amschau. Inserate.

Nanuk der Eskimo im Linolschnitt ^

oder die Schwarzweißkunst der Sextaner

Von P. Kunze-Stade.

(siehe dazu Bild 1-5 auf Seite 140-144)

j Eine Frage: Soll man denn schon in Sexta Linol-
schnitte machen lasien? (Schwierlgkeik schwarz-weißer
Bildauffasiung, Doppelverfahren des Schneidens und
Druckens, Forderung bewußker Flächeneinkeilung.)

Keine Frage! Man soll es. Grund: die Begeiste-
rung der Schüler.

Och konnte eine Woche nach der Aufführung des
Eskimofilmes festskellen: Oeder Sexkaner hatte den
Kopf voll davon, jeder machte mindestens einen
Schnitk, mancher machte drei und einzelne waren so
voller Bilder, daß sie mit dem Bleistift noch viel
mehr feskhielten, als sie schneiden konnten, einer
machte gleich 12 Zeichnungen.

Wie aelangen wir nun in der Sexta zum Linol-
schnitt?I

Das"eknfachste wäre ein Bergleich mit der Schiefer-
tafel: das tzohlmesser zeichnet weiß wie der Griffel.
Wir schneiden also Ilmrißzeichnungen in eine schwarze
Fläche, wie wir sonst mit Blei auf Papier zeichnen.

Aber dieser Weg ist verkehrt. Lr hat keinen an-
dern Sinn als den elner kechnischen Spielerei und
wird dem Makerial keineswegs gerechk.

Deshalb machen wirs anders, und zwar beginnen
wir mik „Klexographieen". Das gibk gleich typische
Schwarzweißbilder, sie sind alle herrlich, wir wissen
bloß noch nichk, was fle bedeuken, aber ihre bizarren
Formen begeistern uns. Also machen wirs wie beim
Bleigießen in der Neujahrsnacht: wir deuten unsere
Bilder aus, und dann helfen wir mit dem Pinsel
noch etwas nach und haben die herrlichsten exokischen
Falker, Fledermäuse, Teufel, Frahen usw.

Damit hat der Sexkaner spielend elne Ahnung vom
Wesen der Schwarzweißkunst bekommen. 2ehk
malen wir mit schwarzer Tusche Selbsterlebtes und
merken dabei, daß bestimmke Erlebnisse ejxien größe-
ren Schwarzweißwert haben als andere.' Das ideale

l>-

Schwarzweißerlebnis aber wurde uns der Eskimofllm.

Bon der reichen Ausbeute, die dieser Film brachte,
können hier aus reprodukkionstechittschen bzw. wirt-
schafilichen Gründen nur ein paar Stücke wiederge-
geben werden.

Am inkeressankesien sind zwelfellos jene etwas
schemattschen Bildchen, die ganz auffallend an die
Kunst der Nakurvölker erinnern, so daß solch ein
Schlikkengespann fast von Nanuk selber in selne
Klinge aus Walroßelfenbein getthk sein könnke. Diese
Zeichnungen stammen von ganz kindlichnaiven Schü-
lern, die mik ungeheurem handwerklichem Eifer ar-
beiten. Der kleine Qu. z. B. bringk durchschnltklich
jede Woche 4—6 neue Schnitte mlt Z«r Schulel

S. aber ist ein ganz anderes Lumen. Mit Mühe
schwingt er sich zu einem kechnisch etwas dürftigen
Schnikt auf, den zweiten verschneldet er schon gänz-
lich. Aber diese alke Murkserei das ist auch nichks
für ihn. Er ist ein heller Kerl. Der Kopf sprudelk
ihm Lber von Bildern. Zwölf wirst er hin in einer
Stunde. Er will sie auch schneiden, aber er ist ein
Michel Angelo: er wird nie ferkig. Seine Enkwürfe
aber stnd schon alles andere als schemakisch. Leider
lietzen fle sich hier nicht wiedergeben. Bon den
Schnikten oer Sexkaner bringe ich hier noch zwei
Stücke, die das gleiche Mottv behandeln, aber durch
die verschieden aufgefaßke Beziehung zwischen Mensch
und Raum interesiank sind. Die Perspekttve des
einen Bildes wäre nakürlich ohne vorherige ein-
gehende Behandlung des Raumproblems nichk mög-
lich gewesen, denn es handelk sich hier um Durch-
schnittsschüler. Der einzige begabkere Schüler ist der
Terttaner, der den hier wiedergegebenen Köpf ge-
schnitten hat — wenn schon diefes Blakk nicht gerade
zu seinen Glanzleistungen gehörk. M>er lehke der hler
gezeigken Schnitte, das Herauszieyen des harpunier-
 
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