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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 6 (Juni 1926)
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Daiber, Theodor: Über die Entwicklung des Kunstunterrichts an den höheren Schulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0121

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Deutsche Blätter für Zeichen-Kunst- und Werkunterncht

Zeitschrift des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen

Verantwortltch für die Schriftleitung: Profefsor Gustav Kolb, Göppingen
Druck und Verlag: Gugen Hardt G. m. b. tz. Stuttgart, Lmlgestraße 18

6. Iahrgang Iuni 1926 tzest 6

Lber die Entwicklung des Kunstunterrichts an den höheren Schulen. Von Theodor Daiber, Oberstudien-
direktor in Göppingen. — Kunsterziehung und exakte Kunstwiffenschaft. Von Egon Kornmann, Starnberg
bei München. — Ein Iahr gestaltender Arbeit an der Wilhelms-Realschule zu Stuttgart. Von K. HilS.
— Expresstonismus. Von Rudolph Gahlbeck, Schwerin. — Bildhaftes Gestalten als Aufgabe der Volks»
erziehung. Naturgemäßer Weg im Unterricht von Prof. G. Kolb. — Buchbesprechungen. — Alt oder Reu?

Von der Firma Günther Wagner, Hannover. — Inferate.

Äber die Entwicklung des Kunstunterrichts an den höheren Schulen

Von Tbeodor Dalber. Oberstudiendirekkor in Göppingen.

Der Aeichenunterrichk hat zu Beginn dieses öahr- und ob nichk.manche Neuerer ln ihren Bestrebungen

hunderks eine bedeukungsvolle Mandluna durchge- zu roeik gehen. Es hak ja gewiß jeder Mensch das

macht. Er fchob entschloffen Borlage und Gipsmodell Recht auf Einfeikiokeik, am meisten der KLnstler. Es

auf die Seite unü stellte den Schüler unMttelbar vor handelk flch aber hier zunächst nichk ttm eine Frage
die Natur. Zugleich ersetzte er die peinliche Pfiege der Kunst, sondern um eine Frage der Erziehung.,
einer „sauberen" Technik durch das Streben nach stch habe den festen Glanben, daß die richtige Cin-i
innerer Wahrhaftigkeit. Däs Phantasiezeichnen stsllung schließljch gefunden werden wird, und daß

wurde damals keineswegs ausgeschloffen: aber im etwaige Auswüchse von selber verschwtnden werden.

Mittelpunkk stand doch das Studium der Natur. Diese Man muß aber auch üarauf bedacht, sein, Ilnnoege

Wandlung bedeukete einen entschieüenen Fortschritk. zu vermeiden. Es möge mir als einem Mann, der

Sie wurde glücklicherweise mit voller Gründlichkeik sticht zum Fach gehörk, erlaubk seln, einige Gedanken

durchgeführt. Einen gewiffen Abschluß erreichte zu der Frage zy Sußern.

diese Entwicklung in den ffahren vor dem Krieg. M muß einiges GrundsShliche vorausschicken.

Dann kamen die großen geschichtltchen Ereigniffe, V^Eine Kunst gibk es nur, weil es ein KSnstlerisches Er-
die nicht nur die Suheren Berhältniffe umformten, leben glbk. Das künstlertsche Erleben ist aber nur

sondern auch die Seelen aufs ttefste erschütterten und ein Sonderfall von dem, was man etn Sstechisches

neue Formen des Denkens und Empfindens herauf- Erleben nennen kann. sLeider fehü dtttür «1n guter

führken. Auf dem Gebiek der Kunst offenbarte sich deutscher Ausdruck.) Es ist dies em schwer zu be-

das Neue in der Richtung, die man als Expreffionis- schretbendes Ergriffensein der Seele, das an flch

mus zu bezeichnen pflegt. Diese Kunstrichtung ist zwecklos ist, und oas wir doch als eines der wert-

also aufs engste mit anderen seelischen Strömungen vollsten und tiefsten Erlebniffe empfinden, die wir

unserer Zeit verknüpft. Ste stellt zugleich einen überhaupk haben «nd haben können. Es hebt uns

Gegenstoß gegen den ömpreflionismus der Borkriegs- über allen engen Zwang ynd über alle klelnlichen

zeit dar, der damals zum Teil in einfeittger Ueber- Begierden, die uns sonst binden, hinüus und verleihk

kreibung zum Dogma erstarrt war und sein inneres uns eine unmittelbare Empfindung von dem Werk

Leben verloren hatte. und der Würde des Mensichen. Dadurch fft es auch

Bon der neuen Welle wurden sofort auch die Zei- mik dem flttlichen Erlebnis verwandt. Es hak, wie

chenlehrer ergriffen: die neue Richtung erkämpfte alles Tiefe einen mystischen Hinkergrund. ^ir glau-

flch in kurzer Zeit einen maßgebenden Einfluß auf aen, daß dieses Erleben iraendwie zusammenhLngt

den Kunstunterrichk an den Schulen. Damit begann mik dem letzten Sinn des Menschen und der Welt,

für diesen Kunstunterrichk die zweite Wandlung. Mes des M krokosmos und des Makrokosmos. Dieses

zeigt zunächst, daß bei den Aeichenlehrern wahrer wertvolle Erlebnis kann ausgelöst werden durch ein

künstlerischer Sinn zuhause ist, und daß fle an dem Werk der Kunst, es kann aber auch ausgelöst werden

Kunstleben unserer Zeit mik Leidenschast teilnehmen. durch die Nakur oder durch irgend ein bedeukendes

WSren fie nichks weiker, als Schulpedanten, so HSkken G^chchen. Ein wesenklicher llnkerschied liegk hierin

sie ja ruhig auf hen Lorbeeren der Borkriegszeik aus- u>chk- ' ^

ruhen KSnnen. Dabei bleibt aber immer noch die Es ist nun gewiß, daß für viele Menschen dle Rakur
Frage, wie weik die neue Richtung als Grundlage besonders geeignek ist, dieses Erleben auszulösen. 3ch
für die Kunsterziehung an den Schulen flch eignek nenne hier als einen der größken Goethe. Cr war
 
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