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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 5 (Mai 1926)
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Professor Sch.
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Zwei wertvolle Bücher für praktischen Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0114

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104

Zunächst mußk Du die Augen schliehen
Und mii der Hand führst Du Dein Blei
Und zeichnest irgendwelche Kurven
Im Takt nach einer Melodei.

Und öffnest nachher Du die Augen
Dann e r aus Deinen Kurven liest,

Ob überhaupt du heut zum Zeichnen
lln Stimmung und imstande bist.

Sind Deine Linien hart und eckig,

So bist Du sicher aufgeregt

Und ob Du alsdann könntest malen,

Gehört noch einmal überlegk.

Doch hast harmonisch Du gezeichnek,
Sind Deine Linien zark und weich,

So säum' nicht länger, nimm die Farben
Beginn' zu malen allsogleich.

Du brauchst etwas nicht so malen,

Wie es taksächlich vor Dir steht.

O nein, Du muht es kief erfassen
Bom Kunstgefühle zart umweht.

Siehst Du vielleicht den blauen Himmel,
Worin die weihen Wolken ziehn,

So tunk den Pinsel voll mik Farbe
Und male beide rot und grün.

Für BSume ist die gelbe Farbe
Bielleicht am besten angebracht,

Und blaue Ochsen, roke Kühe
Die haben steks sich guk gemacht.

Weißt Du jedoch nicht, was zii malen
O darin hak es kelne Not:

Du malst den Bahnhof voll Enkzücken
Als Symphonie in Gelb und Not.

Und hast Du alsdann so gemalek
Und siehst die bunten Flecken an,

So merkst Du, welche Farbenfülle
Man durch Gefühl erzielen kann.

Das also wäre die Mekhode
Nach der bei ihm die Kunst geübt,

Und sicher hat sie einen Borzug
Die Phantasie wird nie gekrübk.

Ein zweiter Punkk wär noch zu nennen
Worin dem Sch. Lob gebührt,

Er hak in seinem Unterrichte
Die Nedisfeder eingeführk.

Mit dieser lehrke er uns schreiben
Kunstschriften ganz besondrer Ark,

Zunächst die dicke, harke Blockschrift
Dann Biedermaier dünn und zart.

Sind diese beiden durchgenommen,

Dann kommen wieder andre dran,

Bis schließlich dann am End ein jeder
Selbst eine Schrifk erfinöeN kann.

Das also sind die zwei Gebiete
Worin er 'wirklich glänzend ist.

Zedoch man würd ihn sehr verkennen
Wenn man sonst nichks mehr von ihm wüht.

O neln, man muh vielmehr erwähnen
Bon ihm zum Schluß noch ein Talent:

Er ist ein Bedner ohnegleichen, ^
Der in den Reichstag gehen könnt.

Sein Nedorgan ist wirklich lrefflich,

Iedoch uns wird gar manchmal bang:

Denn seine Reden flnd üns meistens
Zü hoch und auch vielleichk zu lang.

Dies eine ist vielleichk Zü rügen
Doch alles andre ist famos:

Besonders, daß er von dem alten
Schulmeisterkum fast gänzlich los.

Damik nun wäre er befchrieben
Und jeder sagt von ihm am End:

Er ist ein Zeichenlehrer, wie man
Ihn kaum sich besser wünschen könnk.



Zwei wertvolle Bücher für praktischen Knnstunterricht

. -

Wenn wir unsere Schüler in den verschieden-
sten künstlerischen Werktechniken unkerrichken, so
geben wir uns nichk dem Mahn hin, sie zu Künstlern
erziehen zu wollen. Man muh das immer wieder
sagen, um Irrkümern, die nicht aussterben wollen, zu
begegnen. Doch gibt es heute schon genug einflchtige
Künstler, die uns verstehen. Die wiflen: Menn auch
das kleine Werk des Schülers nicht den Anspruch
erheben kann und will, ein Kunstwerk zu seln, jo hat
doch der junge Mensch durch das eigene Schaffen ein
lebendiges Berhältnis zu den Werken seines Schaf-
fensgebietes erlangt. Und wer einmal dle Schwie-
rigkeit des Gestaltungsvorgangs durch eigenes ernst-
haftes Tun erlebt hak, wird bescheiden: er weih das
wirkliche Können zu schätzen.

Das möge als Einieitung zur Empfehlung der nach-
folgenden Werke dienen. Beide bekreffen das Gebiet
des Holzschnittes, flnd schon vor Iahren er-
schienen, von Künstlern für Künstler aus ihren prak-

tischen Erfahrungen heraus geschrieben, aber gerade
deshalb, weil aus dem künstlerischen Schaffen un-
mittelbar heraus geboren, für uns von desonderem
Werk.

Das erste Merk: Zeichnung, Holzfchnilk
undIllustrationvonE r n s t Mür kenbe r-
g e r , mit zahlretchen Abblldungen (Benno Schwabe
u. Co. Bertag, Basel) fiellt das Wyrt Goethes als
Motto an die Spitze: „Es ist weik mehr Posttives,
d. h. Lehrbäres und Aeberlieferbares in der Künst.
als man gewöhnlich glaubt; und der mechantschen
Borteile, wodurch man die geistigen Effekke sversteht
flch immer mit Geist) hervordringen kann, flnd sehr
viele", will die Dreiheit von Zelchnung, Holzschnitt
und Illustrakion in einen lnneren Zusammenhang
bringen. Der Berfasser weist zunächst nach, daß der
Zmpresflonismus der Mustrakion, deren Wesen lM
Abstrakten wurzele, nicht günstig war. Nun sei die
Bahn frei, nachdem das DogM des alleinsellg-
 
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