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Mißkredit brachte, sonderir ihnen die gleichen Rechte
einräumte zur freudigen Mitarbeit an der neuen
Itmgestaltung. rlnd man tat gut daran. Alte wert-
volle Erfahrungen wurden dadurch nicht grundlos
umgestoßen. Aber auch dem Neuen gegenüber ver-
hielt man sich mehr zurückhaltend und krikisch.
Gingen ja doch viele Neuerungen von den Bildungs-
zentralen der Zsichenlehrer aus, wo zum grotzen Teil
noch dieselben Professoren und Lehrer wirkten. Menn
die nun ihre Unterrichtsweise und kunstpädagogischen
Anschauungen ummodelten, so war es noch immer
nicht gesagt, daß dtese jetzt unankastbar und richtig
sein konnten. Freilich fehlte es nicht an solchen
Tüchtigen, die das in der Kunstschule Erfahrene und
Geübte in Gestalt eines Lehrbuches recht schnell und
vorteilhaft in den Handel brachten. Aber gottlob
haben diese pädagogischen Eselsbrücken wegen ihres
allzu geistvollen Gehaltes sehr bald versagt und
töteten nicht das kräftig pulsierende Leben, das aus
der Arbeik Eigenwilliger und dem tieferen Znhalt
des Unterrichtes Nachgehender entsprang, llhre Ar-
beit in Wort und Schrift bildete den reichen Quell,
an dem man sich immer wieder erfrischte und neue
Arbeitsfreude gewann zum Wohle unferer Zugend.
Es erübrigt sich hier, all die Namen wie Kuhlmann,
Stiehler, Dr. Albin usw. anzuführen. Sie brachten
Geist und Iichält stakt methodischer Kniffe und geist-
loser Aeutzerlichkeiten und bildeten den wohlweiien
Regulator für alle schädigenden Auswüchse, die jeder
fortschreitenden Entwicklung anhaften. Man fragt
sich: Wird es in Zukunft auch so sein? 2ch glaube
beinahe — nein. Die alte Zeichenlehrerschaft.schweigt
und steht abseits, zermürbt und vergrämt vor einer
aussichkslosen Zukunft und läßt das Neue fast kritik-
los über sich ergehen. Es sei nochmals hetont: Nicht
die Berärgerung über ungerechte gehalkliche Diffe-
renzen bildet den Hauptgrund einer solchen ArbeitS-
stockung, sondern die seelische Depresiion, die durch
den sinnlosen, von der Behörde sanktionierten Kon-
kurrenzkampf hervorgerusen wurde und manchen
Tüchtigen zur Strecke brachte. Man stelle stch nur
einen ähnlichen Fall vor, indem man die Germa-
nisten der höheren Schulen aufforderte, wissenschaft-
liche und literarische Arbeiken von stch und Schülern
behufs Beförderung zum Oberstudienrak einer Kom-
mission von Schriftstellern, Fachkollegen usw. zur
Prüfung etnzureichen! Wäre dieser Weg gangbar
zur Auslese der Tüchtigen? Die Zeichenlehrer sind
ihn gegängen unü haben dle Wirkung an sich ge-
spürt. Dahinker aber steht noch für die Zukunft die
Zusämmenarbeit mit „vvllwertigen" Fachgenosien„die
schon aus Standesbewutztsein jede Zusammengehörig-
keit vermeiden werden. Für diese ist däs „Pferd
gesakielk", urch sie werden es „reiten". Doch unser
durch fleißige Arbeit und dauerndes Kämpfen er-
reichter Erfolg der Wertung unseres Ilnkerrlchts-
faches ist durch unsere Entwertung gelohnt
worden. ,
Das kraurigste Kapitel in dem Kampfe um die
Gleichberechtigung unseres Ilnterrichtsfaches bildete
die Begründung zu der Förderung einer vollakade-
mischen Ausbildung, die die Zeichenlehrerschafl schon
vor mehr als 15 Iahren stellte. Ich weiß es nicht,
welcher gute Geist aus dem Ministerium es den
führenden Leuten unseres Standes einzuflüstern
wußke: „Soraen Sie für eine, den Philologen gleich-
werkige Borbildung, dann haben Sie alles!" Das
zog! Was lag nun näher, als auch nur indirekt da-
mit zu beteuern: „Wir können nichks und sind den
Aufgaben nicht mehr gewachsen!" So ungefähr
mutzte man diese merkwürdige Selbstenläußerung
verstehen. Wollte man dadurch die Mahnahmen der
Behörden zur Abstellung dieses Uebels beschleunigen?
Wir konnten es wohl, Können es noch heute; und
was an Studium fehlte, das wurde in steter Weiter-
arbeit von den meisten nachgeholt. Dazu sind Be-
weise genug vorhanden. Iedes Kind begreift es, daß
diese Selbstentäußerung nicht der wahren inneren
Erkenntnis enisprungen sein konnte. Die Beweg-
gründe waren üurchsichtig genug. Aber man hatte
üamals»nicht den Mut zu bekennen: „Wir wollen
die Gleichstellung in dem Lehrkörper, ohne die es
kein fruchtbringendes Arbeiten mehr gibk." Aus
diesem Grunde darf die Ausbildungsfrage in Zu-
kunft keine Handhabe bieten, um uns den Stempel
der Minderwertigkeit von vornherein aufzudrücken."
Man hat uns ja nicht in den Lehrkörper der höheren
Schule hineinverpflanzt, datz wir minderwertige Ar-
beit verrichten. Ebenso könnte'man so manchen
Bürgermeistern, Landräten und Ministern heute ihre
Skellung schmälern mit derselben Begründung. Bei
uns fordert man nach jahrzehnrelanger einwandfreier
Dienstleistung einen neuenBefähigungsnachwers. Das
ist aber die Auswirkung unseres eigenen Bekennt-
nisses. Die Hoffnung aus die Uebergangsbestimmungen
war einstmals stärker ass das eigene Selbstbewuht-
sein. Auf einer Bersammlung, die vor stahren in
Hannover stattfand, forderten öie Zeichenlehrer als
Borbildung nur das Abiturientenexamen. Man be-
denke, datz von chnen die bei weitem grötzere Zahl
ihrer Borbildung nach bewährte Bolks- sogar Mittel-
schullehrer waren! Diese Borbildung wurde von
vornherein ausgeschaltel und käm nicht in Frage.
Umsonst verhallten meine energtschen Prokestäutze-
rungen. Aber man konnte damals nicht offen und
ehrlich bekennen, datz es sich vor allem um das un-
antastbare Abstempelungsverfahren handelte, damlt
der unerkrägltche Zustand unwürdiger Klaflenunker-
schiede in ein und demselben Lehrkörper aufhört.
Aber gleichzeitig ein eigeyes, gar ntcht vorhandenes
Manko einzugestehen, ist einem halbwegs vernünsti-
gen Menschen unverständlich. Gehen wir der Sache
noch auf üen Grund, so ist es immer sehr fraglich,
ob die neue Prüfungsordnung uns einen so viel
besseren Nachwuchs im Zeichenlehrerstande dringt.
Bon Selbstüberhebung söll Hier nicht die Rede sein.
Aber Tatsache ^ bleibi es döch, datz nur besonders
Befähigte sich dtesem Berufe widmeten, Lehrer mit
ausgesprochenem Willen, etwas zu leisten und zu
gelten, Künstler, die bereits im öffentlichen Leben
Anerkennung ernteten. Marum mutzten fle alle stch
ausschalten und einem Phantom nacyjagen, das sich
lchten Endes doch nur als ein Akt der Gnade aus-
wirken konnte! Die Heranbildung eines tüchtigen
vollakademischen Zoichenlehrerstandes können wir
im Znteresse der Elnheitlichkeit des ganjen Anter-
richtsbetriebes nur freudig begrützen. Aber einer
Herabsetzung unserer eigenen Unterrichksarbelt kön-
nen wir unter kelnen Umständen zusttmmen. Ber-
lieren wir doch den Kopf nlchk vollständig. Den
wenlgen mit dem verliehenen Skudienratstitel ist nur
finanziell etwas gedient worden, dem Unterrichkshe-
kriebe garnichks. Die bisherigen Zeichenlehrer müssen
auch weiterhin das Martyrium auf sich nehmen, als
Mißkredit brachte, sonderir ihnen die gleichen Rechte
einräumte zur freudigen Mitarbeit an der neuen
Itmgestaltung. rlnd man tat gut daran. Alte wert-
volle Erfahrungen wurden dadurch nicht grundlos
umgestoßen. Aber auch dem Neuen gegenüber ver-
hielt man sich mehr zurückhaltend und krikisch.
Gingen ja doch viele Neuerungen von den Bildungs-
zentralen der Zsichenlehrer aus, wo zum grotzen Teil
noch dieselben Professoren und Lehrer wirkten. Menn
die nun ihre Unterrichtsweise und kunstpädagogischen
Anschauungen ummodelten, so war es noch immer
nicht gesagt, daß dtese jetzt unankastbar und richtig
sein konnten. Freilich fehlte es nicht an solchen
Tüchtigen, die das in der Kunstschule Erfahrene und
Geübte in Gestalt eines Lehrbuches recht schnell und
vorteilhaft in den Handel brachten. Aber gottlob
haben diese pädagogischen Eselsbrücken wegen ihres
allzu geistvollen Gehaltes sehr bald versagt und
töteten nicht das kräftig pulsierende Leben, das aus
der Arbeik Eigenwilliger und dem tieferen Znhalt
des Unterrichtes Nachgehender entsprang, llhre Ar-
beit in Wort und Schrift bildete den reichen Quell,
an dem man sich immer wieder erfrischte und neue
Arbeitsfreude gewann zum Wohle unferer Zugend.
Es erübrigt sich hier, all die Namen wie Kuhlmann,
Stiehler, Dr. Albin usw. anzuführen. Sie brachten
Geist und Iichält stakt methodischer Kniffe und geist-
loser Aeutzerlichkeiten und bildeten den wohlweiien
Regulator für alle schädigenden Auswüchse, die jeder
fortschreitenden Entwicklung anhaften. Man fragt
sich: Wird es in Zukunft auch so sein? 2ch glaube
beinahe — nein. Die alte Zeichenlehrerschaft.schweigt
und steht abseits, zermürbt und vergrämt vor einer
aussichkslosen Zukunft und läßt das Neue fast kritik-
los über sich ergehen. Es sei nochmals hetont: Nicht
die Berärgerung über ungerechte gehalkliche Diffe-
renzen bildet den Hauptgrund einer solchen ArbeitS-
stockung, sondern die seelische Depresiion, die durch
den sinnlosen, von der Behörde sanktionierten Kon-
kurrenzkampf hervorgerusen wurde und manchen
Tüchtigen zur Strecke brachte. Man stelle stch nur
einen ähnlichen Fall vor, indem man die Germa-
nisten der höheren Schulen aufforderte, wissenschaft-
liche und literarische Arbeiken von stch und Schülern
behufs Beförderung zum Oberstudienrak einer Kom-
mission von Schriftstellern, Fachkollegen usw. zur
Prüfung etnzureichen! Wäre dieser Weg gangbar
zur Auslese der Tüchtigen? Die Zeichenlehrer sind
ihn gegängen unü haben dle Wirkung an sich ge-
spürt. Dahinker aber steht noch für die Zukunft die
Zusämmenarbeit mit „vvllwertigen" Fachgenosien„die
schon aus Standesbewutztsein jede Zusammengehörig-
keit vermeiden werden. Für diese ist däs „Pferd
gesakielk", urch sie werden es „reiten". Doch unser
durch fleißige Arbeit und dauerndes Kämpfen er-
reichter Erfolg der Wertung unseres Ilnkerrlchts-
faches ist durch unsere Entwertung gelohnt
worden. ,
Das kraurigste Kapitel in dem Kampfe um die
Gleichberechtigung unseres Ilnterrichtsfaches bildete
die Begründung zu der Förderung einer vollakade-
mischen Ausbildung, die die Zeichenlehrerschafl schon
vor mehr als 15 Iahren stellte. Ich weiß es nicht,
welcher gute Geist aus dem Ministerium es den
führenden Leuten unseres Standes einzuflüstern
wußke: „Soraen Sie für eine, den Philologen gleich-
werkige Borbildung, dann haben Sie alles!" Das
zog! Was lag nun näher, als auch nur indirekt da-
mit zu beteuern: „Wir können nichks und sind den
Aufgaben nicht mehr gewachsen!" So ungefähr
mutzte man diese merkwürdige Selbstenläußerung
verstehen. Wollte man dadurch die Mahnahmen der
Behörden zur Abstellung dieses Uebels beschleunigen?
Wir konnten es wohl, Können es noch heute; und
was an Studium fehlte, das wurde in steter Weiter-
arbeit von den meisten nachgeholt. Dazu sind Be-
weise genug vorhanden. Iedes Kind begreift es, daß
diese Selbstentäußerung nicht der wahren inneren
Erkenntnis enisprungen sein konnte. Die Beweg-
gründe waren üurchsichtig genug. Aber man hatte
üamals»nicht den Mut zu bekennen: „Wir wollen
die Gleichstellung in dem Lehrkörper, ohne die es
kein fruchtbringendes Arbeiten mehr gibk." Aus
diesem Grunde darf die Ausbildungsfrage in Zu-
kunft keine Handhabe bieten, um uns den Stempel
der Minderwertigkeit von vornherein aufzudrücken."
Man hat uns ja nicht in den Lehrkörper der höheren
Schule hineinverpflanzt, datz wir minderwertige Ar-
beit verrichten. Ebenso könnte'man so manchen
Bürgermeistern, Landräten und Ministern heute ihre
Skellung schmälern mit derselben Begründung. Bei
uns fordert man nach jahrzehnrelanger einwandfreier
Dienstleistung einen neuenBefähigungsnachwers. Das
ist aber die Auswirkung unseres eigenen Bekennt-
nisses. Die Hoffnung aus die Uebergangsbestimmungen
war einstmals stärker ass das eigene Selbstbewuht-
sein. Auf einer Bersammlung, die vor stahren in
Hannover stattfand, forderten öie Zeichenlehrer als
Borbildung nur das Abiturientenexamen. Man be-
denke, datz von chnen die bei weitem grötzere Zahl
ihrer Borbildung nach bewährte Bolks- sogar Mittel-
schullehrer waren! Diese Borbildung wurde von
vornherein ausgeschaltel und käm nicht in Frage.
Umsonst verhallten meine energtschen Prokestäutze-
rungen. Aber man konnte damals nicht offen und
ehrlich bekennen, datz es sich vor allem um das un-
antastbare Abstempelungsverfahren handelte, damlt
der unerkrägltche Zustand unwürdiger Klaflenunker-
schiede in ein und demselben Lehrkörper aufhört.
Aber gleichzeitig ein eigeyes, gar ntcht vorhandenes
Manko einzugestehen, ist einem halbwegs vernünsti-
gen Menschen unverständlich. Gehen wir der Sache
noch auf üen Grund, so ist es immer sehr fraglich,
ob die neue Prüfungsordnung uns einen so viel
besseren Nachwuchs im Zeichenlehrerstande dringt.
Bon Selbstüberhebung söll Hier nicht die Rede sein.
Aber Tatsache ^ bleibi es döch, datz nur besonders
Befähigte sich dtesem Berufe widmeten, Lehrer mit
ausgesprochenem Willen, etwas zu leisten und zu
gelten, Künstler, die bereits im öffentlichen Leben
Anerkennung ernteten. Marum mutzten fle alle stch
ausschalten und einem Phantom nacyjagen, das sich
lchten Endes doch nur als ein Akt der Gnade aus-
wirken konnte! Die Heranbildung eines tüchtigen
vollakademischen Zoichenlehrerstandes können wir
im Znteresse der Elnheitlichkeit des ganjen Anter-
richtsbetriebes nur freudig begrützen. Aber einer
Herabsetzung unserer eigenen Unterrichksarbelt kön-
nen wir unter kelnen Umständen zusttmmen. Ber-
lieren wir doch den Kopf nlchk vollständig. Den
wenlgen mit dem verliehenen Skudienratstitel ist nur
finanziell etwas gedient worden, dem Unterrichkshe-
kriebe garnichks. Die bisherigen Zeichenlehrer müssen
auch weiterhin das Martyrium auf sich nehmen, als