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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 5 (Mai 1926)
DOI Artikel:
Herrmann, Carl: Zu den künstlerischen Erziehungsfragen der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0105

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T5

Papierschnitt. v II der Oberrealschule SldeSIoe (Studienrat Greve).
Aufgabe: Iesus stillt den Sturm auf dem Meer.

Bedeutuna des künstlerischen Lehrfaches das wesenk-
lichste Hindernis btldete.

2m Gegensatz dazu hat das musikalische Empfinden
des Bolkes in der Pflege des Gesanges eine tak--
kräftige Förderung erhalten, weil gerade der Musik-
unterricht einen wesenklichen Teil oer Lehrerbildung
ausmachte. Heute bildet es für unser Bolk ein un-
schähbares Kulturgut. Wenn es nur in der gleichen
Wetse wie hisher gepflegt wirb, dann kann dleser
Kunstzweig nicht derarngen strrungen und Erschütke-
rungen ausgesetzt werden, wie es bei der bildenden
Kunst -er Fall war und noch ist. 2azzband und ähn-
liche Kunstleistungen werden die große Mafle des
Bolkes nicht allzu sehr in Mitleidenschaft ziehen, so
sehr auch Nachahmungstrieb und Modesucht ihnen
Borschub leisten. Zu tief wurzeln noch in unserm
Bolksleben oie alken kraüten Weisen und die er-
habenen Werke unserer großen Meister der Tonkunst.

Dasselke kann man von ihrer grotzen Schwester,
der Äichtkunst, sagen, so schwer auch im Unterrichk
hter gegen das Kunstempfinden ost gelündigk wurde.
Die SchöpfuNgen deukscher Dichtkunst haben ihre er-
zieherische Kraft kroh mangelnder Unterrichksmethode
bewtesen.

Aber man will ja heute nicht erzieherisch durch das
Kunpwerk wirken, sondern die Ausübung der Kunst,
wie sie sich auch im Schöpferischen äußern möge, soll
dem Einzelnen Beftiedigung bringen und das wahre
Ziel der Befriedigung sein. Der Künstler arbeiket aus
fich und für sich» aber nicht für andere. So klingk es
allenthalben uns enkgegen.

. Es wSre daher hier die Frage wohl am Platze: 2st
hie schöpferische Gestaltungskrafk die Boraussetzung

für ein gesundes künstlerksches Empfinden «nd kann
ste deshalb Allgemelngut werden, oder ist das künst-
lerische Empfinden erst die Triebfeder zur wahren
künstierischen Schaffenskraft? Soll man von dem
jugendlichen Einbildungs- und Gestaltungsvermögen
schon behaupken, es wäre Kunstschöpfung? Gewiß, es
soll nicht vernychläsflgt werden» aber wir -ürfen auch
nicht allzu große Berbeugungen machen vor dem, was
da zunächst herauskommt. Man müßke nichk die Ktn-
desnatur kennen, die von den ersten Lebensregungen
an stch auf den Erhaltungs-- und. Rachahmungskrieb
einstellt — meist unbewußt —, für Lie die Dinge der
Amwelt zunächst nur an flch ünd dann in Beziehung
zu dem Kinde selbst Bedeutung haben. Wir vergeffen,
daß Erziehungsfaktoren bereits vor, auch außeryaw
der Schulzeit, auf die Kinder «inwirken, deren Er-
gebnifle den Lehrer leichk verleiten, fle als ursprüng-
liche Regungen zu bezeichnen. Dafür ein Beispielr
Ein Quartaner einer höheren Lehranfialt Ueferte z«
Wechnachten für seine Elkern eiy selbstgeschaffenes
Bühnenstück mit farbigen Zeichnungen der Bühne, der
handelnden Personen usw. 2ch habe mir nur die Bil-
der angeschen und war in Ler Tak überrafcht von den
Leistungen des Zungen. (Faüs ste ursprüngllcher Art
sein sollken.) Aber nachher tauchken Ertnnerungen
von Äbbildungen einer Monaksschrift in mlr auf »nd
raubken einen Teil der Illuflon. Wer selbst Kinder
hak, weiß, wie erstaunltch der Nachchmungstrieb schon
bei einmal geschenen Borbildern nachwlrkt. 2ch sehe
darin durchaus keinen Nachkeik, möchte cher dieses
Gestaltungsvermögen zum größten Teil auf feln rich-
tiges Maß zurückführen, aüch dann, wenn der Lchrex
elwas Arwüchfiges und Neues zu schen glaubt. ?Nan
 
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