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genügendes zeichnerisches Können öer älteren Schüler
gestoszen sein. Er degann jeine Arbeit mit Lber-
>ekunöanern, die das Zeichnen nicht mehr übten und
>jch nur schwer wieder öazu bewegen ließen, und
sand, datz ihre Bildsprache nicht m dem Maße
weiterentwlctrelt worden ist wie die Wortsprache. Das
ist freilich eine mißliche Sache, wenn man beides
nebeneinanderstellen will. So war es wohl ein
Ausweg aus diejer schlimmen Lage, wenn er meint,
bet jo gutem Beginn (in den Oberklassen) dürfe man
nicht bei jedem Schüler unter allen Umständen auf
dem Zeichnen bestehen: „Es ist ja nicht Selbstzweck"
(S. 17). „Erst in öer jprachlichen Darstellung sieht
nran, was erreicht werden kann. Hier heitzt es, das
Objekt geistig durchdringen, aber auch mit jeinen
(Leöanken streng bei ihm bleiben, vermeiden, was
kein Licht auf den Gegenstand selber wirft, sein
Wesen nicht erklärt." Aus diesen Worten ist klar
ersichtlich, datz der Berfasjer das Wesen der sachucy
eingestellten Zeichnung nicht kennt, wohl selbst nie
durch eigene Arbeit erfahren hat. Was zwänge so
wie eine ftrenge zetchnerische Darstellung, den Gegen-
stand geistig zu durchdringen, ihn in seiner Eigenart
und seiner Gesetzmätzigkeit von innen heraus zu er-
fassen?! Wenn der Verfasser nrcht so ganz aus die
Wortleiftung eingestellt wäre, mützte er auch er-
kennen, datz die zeichnerijche Darstellung, sofern sie
gut und sachgemätz ist, sehr oft an sich genügt und datz
kein noch so schöner Aufjatz mehr geben kann. Iede
sprachliche Darstellung ist ihrer Älatur nach gegen-
uber der Welt des Sichtbaren, für das sie Keinen un-
mittelbaren und entsprechenden Ausdruck hat, zur
Abstraktion gezwungen, während die Zeichnung als
Formulierung öer anschaulichen Begriffe die Ge-
sichtsvorstellung klar und eindeutig wiedergeben
kann. Das beachtet der Berfasser nicht genügend,
obwohl er einmal selbst sagt: „3ede sprachiiche Dar-
stellung, auch die sich mit Angeschautem befatzt, ist
schon eine Entfernung von der lebendigen Wirklich-
keit des Dinges". Sonst würde er die Zeichnung höher
einschähen, auch für das Nachschaffen von Werken
der btldenden Kunst, deren Geheimnisien man mit
dem Zeichenstist stets näher kommt als mit begriff-
licher Wortdeutung. Der Verfasser sagt einmal
(S. 23): „3ch führte meine Schar vor einzelne Werke
der Altkölner Meister und lietz sie dann eins der
besprochenen Bilder behandeln, natürlich ohne Zeich-
nungen." Warum denn? Gerade die Zeichnungen
hätten hier von der inneren Anschauung der Schüler
zuverlässigere Kunde gegeben, und um diese handelt
es sich doch. Nur ein Workmensch kann sich auch auf
Litt berufen: „Man geht oft auf recht schwankendem
Boden, wenn aus den Werken der bildenden Kunst
Wesen und Geist des Künstlers und seiner Epoche
gedeutet werden sollen. Die Sprachdenkmäler hin-
egen, in denen der Schöpfer selbst bereits sein
nneres auf die begriffliche Form des Gedankens
gebracht und als Worte aus sich herausgestellt hak,
«rheben damlt das Objekt in diejenige Sphäre des
Geistes, in der auch die von dem Erkennenden anzu-
wendenden Mittel, die ja eben nichks anderes sind
als Begriffe, Gedanken, Worte, heimisch sind."
Welcher 3rrtum! 3a, wenn Begriffe und Worte der
bildenden Kunst gegenüber nur nicht versagten! Das
wutzte Curtius besser.
Solche Mitzverständnisie lasien uns lckmerzlich er-
kennen, wie ferne die Philologen, und selbst die für
unser Ärbeiksgebiet aufgefchlosiensten, zu denen der
Berfasser sicherlich gehört, häufig einem wirklichen
Verjtändnis der Bedeutung des Zeichnens für die
Geistes- und Seelenbildung heute noch sind. Es kann
auch mangelnöes Berständnis gegenüder den Dingen
des bildhaften Gestaltens sein, wenn der Berfasser
sagt: „Man mutz sich hüten, die Eitelkeit der Vcyüler
zu stärken, die Linbildung von einem besonderen
Können wachzurufen, blotz weil sie mit Farben und
Tusche umzugehen, ihre schlechten deutschen Aufsätze
in Druckschrist darzustellen und das Ganze zu einem
Künstlerhefte zu binden gelernt haben." Bom Stand-
punkt des Deutschlehrers mag das sehr verwerflich
jein; aber die gute Formgestaltung einer solchen Auf-
gabe mit ornamentaler Schrift, Buchschmuck, Ein-
dand usw. kann eine künstlerische Leistung sein, die
neben einer guten Aufsatzleistung Eigenwertung ver-
dient. Ein Bolk, das sich nur durch Qualitätsarbeit
wieder emporjchaffen kann, sollte solche Dinge der
Augenkultur ernst nehmen.
Welcher Art die Früchte eines Kunstunkerrichts im
Sinne des Berfassers sind, ersehen wir aus dem
Hausaufsatz -eines Unterprimaners Lber Dürers
Kupferstich: „Malencolia", der als Gipfelleistung an
den Schlutz des Buches gestellt ist. Wenn Dürer
diesen Geistreichkum, der mit dem Hinweis beginnt,
dieses Dürer'sche Werk habe bisher einer befriedi-
genden Deutung widerstanden, erlebt hätte, er wäre
jich wohl recht armselig daneben vorgekommen. —
Geraüe so darf eine fchlichte, sachgemätze „Kunsi-
deutung" nicht sein. So befriedigt uns -as Büch
nicht restlos. Es enthält noch zu viele Schlacken des
„Philologismus" und kann stch nicht durchringen zu
einem vollen Berständnis des Zeichnens. Bielleicht
könnte dem Berfasser da ein noch engeres Zusam-
menarbeiten mit dem Zeichenlehrer nützen. stmmer-
hin enthält es viele wertvolle Anregungen ünd zeugt
von einem warmen Lehrerherzen. Auch fleht der
Berfasser „als Humanist einen Fortschritt darin, datz
wir nun im Gymnasium Zeichnen bis Oberprima
haben". So steht er uns jedenfalls näher als die
meisten seiner Kollegen. i "
Gebrauchsgraphik. Monaksschrift zur Förderung
küastlerischer Reklame (Phönix 3Uustraktonsdrück u.
Berlag, Berlin SW. 68, Lindenstratze 2).
Bon dieser oon uns schon wiederholt warm em-
pfohlenen, vorzüglich geleiteten und äpsgeltätteken
Zeitschrift, die jeöer Lehrer des Zeichen- uno Kunst-
unterrichts halten sollte, liegen uns dte Heste 1 u. 2
des Zahrgangeä III vor. Heft 1 soll als Münchner
Heft Kunde davon geben, datz Phankaste und Lebens-
bejahung, die beiden Hauptkräfte der Münchner
Künstformung, auch heute noch ertragsfähig flnd.
Wie viel sprudelnder Witz, wie viel Erfindungskraft,
heitere Laune, Sinnensrohheit, aber auch wieviel
gründliche Arbeit und gediegenes handwerkliches
Können ist in diesem Heft aufgespeichert! Den mit
vielen künstlerischen Arbetken ausgestaüeten Einzel-
gebieten: Plakat, Inserak, Signete und Schutzmarken,
Packungen und Etiketten, Werbedekoration flnd
kurze textliche Einführungen vorangestellt, die klar
und bündig das Notwendige sagen.
Hefk 2 berichtek zunächst eingehend über Ameri-
kanische Universitätsausbildung in
ReklameundMarktkunde. Der Hauptteil
ist dann dem Akelier Bernhard Rosen ge-
widmet (gestalte aus den Bedingungen der Äuf-
gabe") mit vielen zum Teil mehrfarbigen Abbildungen.
Der 3. Teil berichtek in Mort und Btld über den
genügendes zeichnerisches Können öer älteren Schüler
gestoszen sein. Er degann jeine Arbeit mit Lber-
>ekunöanern, die das Zeichnen nicht mehr übten und
>jch nur schwer wieder öazu bewegen ließen, und
sand, datz ihre Bildsprache nicht m dem Maße
weiterentwlctrelt worden ist wie die Wortsprache. Das
ist freilich eine mißliche Sache, wenn man beides
nebeneinanderstellen will. So war es wohl ein
Ausweg aus diejer schlimmen Lage, wenn er meint,
bet jo gutem Beginn (in den Oberklassen) dürfe man
nicht bei jedem Schüler unter allen Umständen auf
dem Zeichnen bestehen: „Es ist ja nicht Selbstzweck"
(S. 17). „Erst in öer jprachlichen Darstellung sieht
nran, was erreicht werden kann. Hier heitzt es, das
Objekt geistig durchdringen, aber auch mit jeinen
(Leöanken streng bei ihm bleiben, vermeiden, was
kein Licht auf den Gegenstand selber wirft, sein
Wesen nicht erklärt." Aus diesen Worten ist klar
ersichtlich, datz der Berfasjer das Wesen der sachucy
eingestellten Zeichnung nicht kennt, wohl selbst nie
durch eigene Arbeit erfahren hat. Was zwänge so
wie eine ftrenge zetchnerische Darstellung, den Gegen-
stand geistig zu durchdringen, ihn in seiner Eigenart
und seiner Gesetzmätzigkeit von innen heraus zu er-
fassen?! Wenn der Verfasser nrcht so ganz aus die
Wortleiftung eingestellt wäre, mützte er auch er-
kennen, datz die zeichnerijche Darstellung, sofern sie
gut und sachgemätz ist, sehr oft an sich genügt und datz
kein noch so schöner Aufjatz mehr geben kann. Iede
sprachliche Darstellung ist ihrer Älatur nach gegen-
uber der Welt des Sichtbaren, für das sie Keinen un-
mittelbaren und entsprechenden Ausdruck hat, zur
Abstraktion gezwungen, während die Zeichnung als
Formulierung öer anschaulichen Begriffe die Ge-
sichtsvorstellung klar und eindeutig wiedergeben
kann. Das beachtet der Berfasser nicht genügend,
obwohl er einmal selbst sagt: „3ede sprachiiche Dar-
stellung, auch die sich mit Angeschautem befatzt, ist
schon eine Entfernung von der lebendigen Wirklich-
keit des Dinges". Sonst würde er die Zeichnung höher
einschähen, auch für das Nachschaffen von Werken
der btldenden Kunst, deren Geheimnisien man mit
dem Zeichenstist stets näher kommt als mit begriff-
licher Wortdeutung. Der Verfasser sagt einmal
(S. 23): „3ch führte meine Schar vor einzelne Werke
der Altkölner Meister und lietz sie dann eins der
besprochenen Bilder behandeln, natürlich ohne Zeich-
nungen." Warum denn? Gerade die Zeichnungen
hätten hier von der inneren Anschauung der Schüler
zuverlässigere Kunde gegeben, und um diese handelt
es sich doch. Nur ein Workmensch kann sich auch auf
Litt berufen: „Man geht oft auf recht schwankendem
Boden, wenn aus den Werken der bildenden Kunst
Wesen und Geist des Künstlers und seiner Epoche
gedeutet werden sollen. Die Sprachdenkmäler hin-
egen, in denen der Schöpfer selbst bereits sein
nneres auf die begriffliche Form des Gedankens
gebracht und als Worte aus sich herausgestellt hak,
«rheben damlt das Objekt in diejenige Sphäre des
Geistes, in der auch die von dem Erkennenden anzu-
wendenden Mittel, die ja eben nichks anderes sind
als Begriffe, Gedanken, Worte, heimisch sind."
Welcher 3rrtum! 3a, wenn Begriffe und Worte der
bildenden Kunst gegenüber nur nicht versagten! Das
wutzte Curtius besser.
Solche Mitzverständnisie lasien uns lckmerzlich er-
kennen, wie ferne die Philologen, und selbst die für
unser Ärbeiksgebiet aufgefchlosiensten, zu denen der
Berfasser sicherlich gehört, häufig einem wirklichen
Verjtändnis der Bedeutung des Zeichnens für die
Geistes- und Seelenbildung heute noch sind. Es kann
auch mangelnöes Berständnis gegenüder den Dingen
des bildhaften Gestaltens sein, wenn der Berfasser
sagt: „Man mutz sich hüten, die Eitelkeit der Vcyüler
zu stärken, die Linbildung von einem besonderen
Können wachzurufen, blotz weil sie mit Farben und
Tusche umzugehen, ihre schlechten deutschen Aufsätze
in Druckschrist darzustellen und das Ganze zu einem
Künstlerhefte zu binden gelernt haben." Bom Stand-
punkt des Deutschlehrers mag das sehr verwerflich
jein; aber die gute Formgestaltung einer solchen Auf-
gabe mit ornamentaler Schrift, Buchschmuck, Ein-
dand usw. kann eine künstlerische Leistung sein, die
neben einer guten Aufsatzleistung Eigenwertung ver-
dient. Ein Bolk, das sich nur durch Qualitätsarbeit
wieder emporjchaffen kann, sollte solche Dinge der
Augenkultur ernst nehmen.
Welcher Art die Früchte eines Kunstunkerrichts im
Sinne des Berfassers sind, ersehen wir aus dem
Hausaufsatz -eines Unterprimaners Lber Dürers
Kupferstich: „Malencolia", der als Gipfelleistung an
den Schlutz des Buches gestellt ist. Wenn Dürer
diesen Geistreichkum, der mit dem Hinweis beginnt,
dieses Dürer'sche Werk habe bisher einer befriedi-
genden Deutung widerstanden, erlebt hätte, er wäre
jich wohl recht armselig daneben vorgekommen. —
Geraüe so darf eine fchlichte, sachgemätze „Kunsi-
deutung" nicht sein. So befriedigt uns -as Büch
nicht restlos. Es enthält noch zu viele Schlacken des
„Philologismus" und kann stch nicht durchringen zu
einem vollen Berständnis des Zeichnens. Bielleicht
könnte dem Berfasser da ein noch engeres Zusam-
menarbeiten mit dem Zeichenlehrer nützen. stmmer-
hin enthält es viele wertvolle Anregungen ünd zeugt
von einem warmen Lehrerherzen. Auch fleht der
Berfasser „als Humanist einen Fortschritt darin, datz
wir nun im Gymnasium Zeichnen bis Oberprima
haben". So steht er uns jedenfalls näher als die
meisten seiner Kollegen. i "
Gebrauchsgraphik. Monaksschrift zur Förderung
küastlerischer Reklame (Phönix 3Uustraktonsdrück u.
Berlag, Berlin SW. 68, Lindenstratze 2).
Bon dieser oon uns schon wiederholt warm em-
pfohlenen, vorzüglich geleiteten und äpsgeltätteken
Zeitschrift, die jeöer Lehrer des Zeichen- uno Kunst-
unterrichts halten sollte, liegen uns dte Heste 1 u. 2
des Zahrgangeä III vor. Heft 1 soll als Münchner
Heft Kunde davon geben, datz Phankaste und Lebens-
bejahung, die beiden Hauptkräfte der Münchner
Künstformung, auch heute noch ertragsfähig flnd.
Wie viel sprudelnder Witz, wie viel Erfindungskraft,
heitere Laune, Sinnensrohheit, aber auch wieviel
gründliche Arbeit und gediegenes handwerkliches
Können ist in diesem Heft aufgespeichert! Den mit
vielen künstlerischen Arbetken ausgestaüeten Einzel-
gebieten: Plakat, Inserak, Signete und Schutzmarken,
Packungen und Etiketten, Werbedekoration flnd
kurze textliche Einführungen vorangestellt, die klar
und bündig das Notwendige sagen.
Hefk 2 berichtek zunächst eingehend über Ameri-
kanische Universitätsausbildung in
ReklameundMarktkunde. Der Hauptteil
ist dann dem Akelier Bernhard Rosen ge-
widmet (gestalte aus den Bedingungen der Äuf-
gabe") mit vielen zum Teil mehrfarbigen Abbildungen.
Der 3. Teil berichtek in Mort und Btld über den