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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

DOI Heft:
Heft 9 (September 1926)
DOI Artikel:
Kolb, Gustav: Bildungsfragen im Württembergischen Landtag
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0204

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181

Die Sxploston. Papterschnitt

nis wird unsere Umwelt dem Druck der Wirklich-
keik, dem Werkeltage und der Begierde enknom-
men."

Gibk es wohl größere Gegensähe als die Auf-
fassung Hiebers und Äicherts, zweier Männer, die in
unserem Erziehungs- und Bildungswesen führend
und bestimmend sind? -.

Kulturtragödie! Bildungstragödie! —

Nebenbei: Dr. v. Hieber ist von Bildung Theo-
loge. Der Inkellektualismus, d. h. die Art und
Weise, alles, Welt und Kultur, nur mik dem Mittel
des Verstandes aufzufasien und nachzuschaffen, ist,
wie mir scheint, allzusehr Merkmal der theologischen
Bildung geworden, wenigstens der evangelisch-theo-
logischen. Ilnsere Pfarrer sind deshalb mit wenigen
Ausnahmen kunstfremd. Sie haben zuviel an der
Erkenntnisquelle Kant getrunken. Hre Anschau-
ungskräfte, Phankasiekräfte und Gefühlskräfte sind
darüber vertrocknet. Könnte das nicht mik ein
Grund sein, warum unsere evangelischen Kirchen
flch mehr und mehr entvolken? Unsere Pfarrer
haben keine innere Beziehung mehr zum Mann aus
dem Volk, desien Grundeinstellung eben gar nicht
intellektualistisch, sondern ganz und gar anschauungs-
gemäß ist.

Auf den Werk der Anschauung für die
Bildung wies in längeren Ausführungen, die auf mich
erfrischend wie ein Bad wirkten, der jehige Staats-
präsident und Kultminister Bazille hin. 2n die-
sem Zuiammenhang hat er auch das „Streben der
Illgend'^ hervorgehoben, „nicht bloß aufzunehmen,
was ihr gereicht wird, sondern aus sich heraus kätig

Rsf.- Nealgymnasium Stuttgart (Afleflor FuchS)

zu werden" und erklärke, daß diesem erfreulichen
Skreben die Unkerrichtsverwaltung im gesamken Ün-
kerrichk entgegenkomme. Als Beispiel dafür er-
wähnke er „die fortschreitende Durchführung des
freiwilligen Werkunkerrichks und die Modernisie-
rung des Zeichenunkerrichts im Sinne einer grö-
ßeren Selbsttätigkeit der Schüler". Wir danken ihm
für diese Worke.

2m Gegensatz zu ihm führte ein Frakkionsgenosie
Dr. ing. Wider Nachstehendes aus: „Ich kann '
die vielfachen Lnd fehr ost dilettankischen Bersuche
des sogenannten Werkunkerrichls in den Bolks-
schulen und des fpielerischen Zeichnens dork vom
wirkschaftlichen Standpunkk aus nichk ohne weiteres
ukheißen. Gegenüber den schwäbischen ssoll wohl
eißen schwächlichen? D. Schriftl.) Auffasiungen des
sich in die Seele des.Kindes-Hineinlebens möchte.
ich den Sah vertreken, mnfere Kinder haben späker"
den Kampf mit dem Leben aufzunehmen ünd in
Deukschland gerade einen harken Kampf. Die aus-
ländischen Industrien stnd mit Zollmauern umgeben,
um die deuksche Industrie immer mehr zurückzudäm-
men. Demgegenüber brauchen wir ein wirkschastlich
abgehärkekes Geschlecht, das durch volle Ausnützung
der eigenen Persönlichkeit Leistungen hervorbrkngk,
die ihm den Plah in der Melkwirkschafk sichern.
Das erwachsene Geschlecht hak die Aufgaben zu
bestimmen, die aus der Zeik und der Lage des
Bolkes enkspringen. Ich bin deswegen ein Gegner
des vielen Experimentierens an den allgemeinbtl-
denden Schulen und wünsche, daß Geflchtspunkke
der Nützlichkeik gegenüber solchen der Erhalkung
 
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